In der Farbenküche
Zu Besuch bei Auro Naturfarben: Herstellung natürlicher Pflanzenfarben
Nahezu alle Pflanzen enthalten in irgendeiner Form farbige Substanzen: in Wurzel, Stengel, Blatt, Blüte oder Frucht. Meistens ist die Farbe jedoch gebunden und steht zum Malen nicht gleich zur Verfügung. Die Kunst besteht nun darin, den Farbstoff zu lösen, um ihn anschließend wieder zu binden.
Die Gewinnung des Farbstoffs geht bei allen Pflanzenfarben unterschiedlich vonstatten; vergleichsweise einfach lassen sich die notwendigen Arbeitsschritte der Farbherstellung aus einer Pflanze an der gelbfärbenden Reseda beschreiben.
Ein Kraut zum Streichen
Reseda luteola gilt als eine der ältesten Färbepflanzen.Sie wird auch Streichkraut, Färbergras oder Wau genannt und in Mittel- und Südeuropa angebaut. Man findet sie wildwachsend an Wegrändern oder im Gestrüpp. Die ganze Pflanze wird bis zu 1 m hoch und bleibt ungefähr 14 Monate in der Erde. Geerntet wird die Reseda, wenn die Stengel und Blätter ihre grüne Farbe fast verloren haben. Nach vollständiger Trocknung an der Luft, werden die Pflanzen zunächst einmal in Stücke geschnitten oder gehäckselt.
20 Minuten Garen bei 100 Grad
Beim ökologischen Hersteller Auro wird der gelbfärbende Bestandteil, das Luteolin, durch Auskochen gewonnen – im Prinzip funktioniert die Farbgewinnung also erstmal genauso wie die Zubereitung einer Tasse Tee, nur eben in einer anderen Größenordnung: Die Pflanzenteile werden dazu in einem großen Sieb in den beheizbaren Rührbehälter gesetzt und bei 100 °C mit leicht saurem Wasser etwa 20 Minuten gekocht; das Garen der Pflanzenteile riecht in etwa so, wie wenn zu Hause in der Küche Gemüse angedünstet wird. Die Pflanzenmasse wird während des Auskochens ungefähr alle fünf Minuten mit einem Holzrührstab von Hand umgerührt und später aus dem Wasser ausgesiebt. Durch das Abfiltern der Pflanzenteile bleibt der Farbstoff im Wasser gelöst zurück. Danach wird der Farbstoff neutralisiert und kann über eine Filterpresse aus dem Wasser gefiltert werden. Die so gewonnene gelartige Masse nennt man Reseda-Lack. Die Reseda liefert licht- und walkechte, gelbe bis grünlichgelbe und orangegelbe Töne. Der Reseda-Lack wird mit im nächsten Schritt mit pflanzlichen Bindemitteln, wie Harzen, Wachsen und ätherischen Ölen zur Wandlasur-Pflanzenfarbe Reseda Gelb weiterverarbeitet.
Arbeiten mit Pflanzenfarbe
Am besten geeignete Untergründe sind weiße oder helle Untergründe. Die Wandlasur-Pflanzenfarbe kann mit Wasser auf die gewünschte Farbintensität bis zu einem Verhältnis von 1:3 verdünnt werden. Bei stärkerer Verdünnung wird ein Teil Wandlasur-Bindemittel je zusätzlichem Wasseranteil zugegeben, um die einwandfreie Verarbeitung und Bindung zum Untergrund zu gewährleisten. Die Lasur kann in verschiedenen Techniken ausgeführt werden, wie zum Beispiel in der Streich-, Spritz- oder Schabloniertechnik ebenso wie in Wisch-, Tupfen- oder Wickeltechnik.
Autorin
Nadine Schrader ist verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Auro Pflanzenchemie AG in Braunschweig.