Fassadendämmung mit Seegras
In bauhandwerk 5.2024 haben wir die Innendämmung mit Seegras vorgestellt. Der Dämmstoff aus dem Meer, der gigantische Mengen an CO2 speichern kann, lässt sich aber genauso gut als Fassadendämmung von außen verarbeiten. Wir zeigen, wie dies geht.
Für die Fassadendämmung mit Seegras wird ein Ständerwerk an der Fassade angebracht
Foto: Seegrashandel
Seegras wird nicht hergestellt oder angebaut, sondern dem Küstentreibgut entnommen. Es bedarf keiner Zusätze und ist trotzdem unempfindlich gegen Schimmel und Schädlinge. Nach der Nutzung kann Seegras einfach wiederverwendet oder kompostiert werden. Als Dämmstoff hat es gute Dämmwerte (Lamda 0,043 bis 0,045). Seegras brennt eigentlich nicht, bei Kontakt mit einer Flamme glimmt es, ohne externe Flamme erlischt die Glut sofort. Bisher wird es als B2 „normal entflammbar“ eingestuft, die Einstufung als B1 wird angestrebt, ist allerdings teuer und aufwendig. Es wurden bereits über 500 Gebäude mit Seegras aus der Ostsee gedämmt.
Seegras als Klimaretter
Seegras ist die einzige Meerespflanze, die Sand durchwurzelt und dadurch riesige Meeresgrundflächen als Lebensraum für viele verschiedene Tiere schafft. Es speichert gigantische Mengen an CO2 (35-mal mehr als der tropische Regenwald auf derselben Fläche), versorgt das Meereswasser mit Sauerstoff und gesundhaltenden Enzymen und mindert die Kraft der Wellen. Um diese Superkraft für den Klimaschutz nutzbar zu machen, müssen Seegraswiesen geschützt und aufgeforstet werden. Verwendet man das angespülte Seegras als Dämmstoff, wird das darin enthaltene CO2 dauerhaft gespeichert.
Außendämmung der Fassade
Die wohl am häufigsten nachträglich durchgeführte Dämmmaßnahme ist die Fassadendämmung. Dabei wird auf die Außenwand eine Wärmedämmung aufgebracht. Der große Vorteil einer Fassadendämmung ist, dass keinerlei Probleme mit dem Taupunkt in der bestehenden Wand entstehen. Daher sind auch dicke Dämmschichten möglich. Wichtig ist aber, dass der vorhandene Dachüberstand über die Dämmung ragen muss, gegebenenfalls wird der Dachüberstand verlängert. Wenn das alte Mauerwerk aus zwei Schalen mit einer Hohlschicht besteht, wird empfohlen, auch die Hohlschicht zu dämmen (hierfür ist Seegras nicht geeignet), weil sonst die Fassadendämmung nur eingeschränkt wirken kann. Die Fassadendämmung kann nach außen mit Holz oder anderen Materialien verkleidet oder verputzt werden.
Fassadendämmung mit Holzvorhangfassade
Bei der Variante mit Schilfrohrmatte als Putzträger wird das Seegras von einem Netz aus Jute gehalten
Foto: Seegrashandel
Für die Fassadendämmung mit Seegras wird ein Ständerwerk an der Fassade angebracht und von außen mit einer Platte (Holzfaserplatte) oder Folie (diffusionsoffen und für Einblasdämmstoffe zugelassen) verschlossen. Der Zwischenraum wird direkt bis an das alte Mauerwerk mit Seegras ausgefüllt, am besten Meter für Meter von unten nach oben. Alle Ecken sollen gut ausgefüllt werden. Wo die Hand nicht heranreicht, ist ein Stab zum Stopfen nützlich. Ganz oben kann ein fest gedrehter Seegraszopf hineingepresst werden, so werden spätere Setzungen vermieden.
Die Fassadenverkleidung wird mit mindestens 2 bis 4 cm Abstand angebracht, diese so genannte Hinterlüftung ist wichtig, damit eventuell hinter die Fassadenverkleidung laufendes Wasser abtrocknen kann. Es ist ratsam, diesen Luftspalt von unten mit einem Gitter gegen Insekten und Nagetiere zu verschließen. Diese Dämmung sollte dabei erst etwa 30 cm über dem Erdreich beginnen, unterhalb dieses Bereiches bedarf es eines wasserresistenten Dämmstoffs, wie zum Beispiel Schaumglas.
Verputzte Fassade
Auch für eine Dämmung mit verputzter Fassade wird zunächst ein Holzständerwerk vor die alte Fassade gestellt. Hier werden dann wie bei der Vorhangfassade spezielle (verputzbare) Holzfaserplatten oder Schilfrohrmatten als Putzträgerplatten auf das Holzständerwerk geschraubt. Die Schilfmatten enthalten wie das Seegras keinerlei Zusätze. Den Abschluss bildet ein Kalkputz. Bei diesem Aufbau kann auf die Hinterlüftung verzichtet werden. So bietet eine Dämmung der Fassade vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten und kann eigentlich an jedes Bestandsgebäude angepasst werden.
AutorenSwantje Streich und Jörn Hartje lernten Seegras als Dämmstoff bei der Renovierung ihres hundertjährigen Hauses kennen. Aufgrund fehlender Anbieter haben sie sich 2012 entschlossen, ihre eigene Firma „Seegrashandel“ zu gründen. www.seegrashandel.de