11. Seminar Bauen im Bestand in Speyer
Das 11. Seminar Bauen im Bestand „Neue Nutzung von historischem Bestand“ war mit 150 Teilnehmern schon früh ausgebucht. Für alle diejenigen, die am 24. April in Speyer nicht mit dabei sein konnten, haben wir die wichtigsten Fakten zusammengefasst.
Was soll man aus einer alten Kirche, einem Kloster oder einer Fabrik machen, wenn diese zwar unter Denkmalschutz stehen, jedoch zu zerfallen drohen? Umnutzung heißt hier das Zauberwort. Mit der Suche nach einer neuen Nutzung für historischen Bestand beschäftigte sich auch das 11. Seminar Bauen im Bestand am 24. April in Speyer. Prof. Dr.-Ing. Horst Görg von der Überwachungsgemeinschaft Bauen für den Umweltschutz e.V. (BU) aus Mainz erklärte das immense Interesse am Thema in seiner Begrüßung so: „Weil das Bauen im Bestand seit einigen Jahren einem spürbaren Trend folgt.“ Ohne diesen Trend würde die BU gemeinsam mit der Ingenieurgesellschaft Prof. Czurda und Partner (ICP) und der Firma tubag das Seminar im 11. Jahr sicher auch nicht so erfolgreich durchführen können, denn das Seminar war mit 150 Teilnehmern schon frühzeitig ausgebucht.
Der große Rahmen: Städtebau und Masterplan
Wie geht man mit historischen Gebäuden also um, wenn eine neue Nutzung Einzug halten soll? Um sich der Antwort auf diese Frage zu nähern, zog Michael Heller vom Büro AS+P Albert Speer + Partner aus Frankfurt den ganz großen Rahmen auf: „Zukunft gestalten – Masterplan für die Stadt der Zukunft“. Er tat dies am Beispiel der Stadt Köln, für die das Büro den städtebaulichen Masterplan entworfen hat. In dem geht es um Mobilität, den öffentlichen Nahverkehr, darum die inneren Reserven der Stadt zu nutzen und die Aneignung des Stadtraums durch die Bürger zu fördern.
Hotels in historischen Häusern
Rick van Erp, CEO der Odyssey Hotel Group, bringt die Stadt auf die Dimension der Gebäude zurück. „Wenn eine Stadt nicht mehr weiß, was sie aus einem historischen Gebäude machen soll, dann will sie darin ein Hotel haben, am besten ein 5-Sterne-Hotel“, meint er. Damit kommt sein Unternehmen ins Spiel, das sich mit der Umnutzung historischer Gebäude zu Hotels beschäftigt. Zwei der Beispiele, die er vorgestellte, waren besonders eindrucksvoll: das AC Hotel Mainz und das Hotel Nassau in Breda (Niederlande). Bei letzterem handelt es sich um die Umnutzung eines ganzen historischen Ensembles aus mehreren Wohnhäusern, einer Kirche und einem Kloster zu einem Hotel. Auf die Frage, wie man es in Breda mit der energetischen Ertüchtigung gehalten habe, antwortete er am Beispiel der Fenster: „Die Einscheibenverglasung mussten wir erhalten. Innen haben wir Fenster mit Isolierglas auf die Wände gesetzt, an denen sich die Hotelgäste die Nasen plattdrücken.“ Über dieses Projekt werden wir in bauhandwerk noch ausführlicher berichten.
Flächendenkmal Fachwerkstadt Quedlinburg
Mathias Paul von der Mladenov GmbH aus Wiesbaden kennt Quedlinburg ganz genau: In den 1980er Jahren hat er dort gelebt und Fotos vom Bestand der Fachwerkbauten gemacht, die eindrücklich zeigen: „Es gab Flächen mit Totalverlust.“ Dabei war Quedlinburg mit seinen 1600 Fachwerkbauten und 300 Einzeldenkmalen schon zu DDR-Zeiten ein Flächendenkmal. Die Wiedervereinigung „rettete der Stadt das Leben“. Heute sind viele der im historischen Kern bis zu 650 Jahre alten Fachwerkhäuser saniert. Im 1346/47 errichteten „Ständerbau“ befindet sich zum Beispiel heute das Fachwerkmuseum.
Änderungen im BGB seit Anfang dieses Jahres
Für Bauverträge, die ab dem 1.1.2018 geschlossen werden, gilt das neue Bauvertragsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Neu sind darin die Paragraphen 650a bis 650h. Was dies für Planer und Handwerker innerhalb der Werkverträge und ähnlicher Verträge für die Änderung ihrer Leistung und Anpassung der Vergütung bedeutet, erläuterte Rechtsanwalt Johannes Jochem von der RJ Anwälte Kanzlei & Notar aus Wiesbaden in seinem Vortrag zur „Reform des Bauvertragsrecht im BGB – Auswirkungen auf die VOB/B und Formularverträge“.
Statische Ertüchtigung des Doms zu Speyer
Der Dom zu Speyer ist hierzulande die romanische Kathedrale schlechthin: 1025 begonnen brannte er infolge des Pfälzischen Erbfolgekriegs 1689 ab. Wenn schon Speyer Tagungsort ist, so lag es nahe, dass sich der Dom- und Diözesankonservator Wolfgang Franz vom Bischöflichen Denkmalamt des Bistums Speyer im Seminar mit den Folgen dieser Katastrophe beschäftigte, denn der Brand hatte erheblichen Einfluss auf die Statik des Gebäudes. Schon Mitte des 18. Jahrhunderts kartierte der Baumeister Leonhard Stahl Risse vor allem im Vierungsgewölbe. Ein Ringanker aus Flacheisen, den er um das Tambourmauerwerk der Kuppel spannte, war damals das Mittel der Wahl. Ihm folgten weitere statische Ertüchtigungen und damit auch weitere Ringanker zur Sicherung des Vierungsgewölbes – jeweils aus dem für die Zeit typischen Material. „Der Dom zeigt auch, wie filigran und mutig die Statik der Romanik war“, so Wolfgang Franz.
Umbau des Verwaltungsgebäudes des Bistums Speyer
Speyer ist eine Stadt, die nicht eben wenige denkmalgeschützte Gebäude hat. Zu diesen zählt auch das Verwaltungsgebäude des Bistums Speyer. Stephan Tschepella, Architekt und Baudirektor i.K. beim Bischöflichen Bauamt des Bistums Speyer erklärte, dass es eigentlich nicht „das“, sondern „die“ Gebäude heißen muss, denn der Ursprungsbau von 1700 wurde erst um die Wende zum 20. Jahrhundert, dann in den 1930er und noch einmal in den 1960er Jahren weitergebaut. Tschepella berichtete, dass man mit diesem Bestand künftig einiges vorhabe und mit den Umbau- und Sanierungsarbeiten bereits begonnen habe.
Brandschutz beim Bauen und Sanieren im Bestand
„Brandschutz ist Ländersache, denn in jedem Bundesland brennt es ja anders“, schmunzelte Swen Michielsen. Er ist Brandschutzsachverständiger im Ingenieur- und Planungsbüro für den baulichen Brandschutz in Neustadt an der Weinstraße und weiß natürlich, dass die Sache im Grunde genommen viel ernster ist. Tatsächlich sind die Brandabschnitte je Bundesland unterschiedlich. Vor allem ging es Michielsen jedoch darum, wann für ein Gebäude Bestandsschutz herrscht, und wann nicht. So entfällt der Bestandsschutz beim Personenschutz und bei der technischen Installation. Können Brandschutzanforderungen im Bestand nicht erfüllt werden, so muss für Kompensation gesorgt werden, zum Beispiel mit einer Brandmeldeanlage.
KfW-55-Häuser in Holzbauweise im Denkmal
Mit der Sanierung und Umnutzung der IBAG Halle in Neustadt an der Weinstraße stellte Hubertus Winter von der Regioplan GmbH aus Gießen ein echtes Highlight vor: Nicht nur, dass das 1911 als erste Eisenbetonhalle in Skelettbauweise errichtete Gebäude handwerklich akribisch saniert wurde, in der Halle befinden sich heute auch 33 in Holzbauweise errichtete Eigentumswohnungen mit einem KfW-Effizienzhaus-55-Standard. Auch darüber wird in bauhandwerk und dach+holzbau noch ausführlicher zu berichten sein, nachdem die Wohnungen Mitte dieses Jahres fertig sein werden.
Fachwerkhaus mit Putz von innen gedämmt
Im letzten Vortrag stellte Andreas Vogt von der Firma quick-mix ein Fachwerkhaus in Koblenz vor, das zu drei Studentenwohnungen umgebaut wurde. Dabei galt es, das 1703 errichtete Gebäude energetisch auf den Standard eines KfW-Denkmals zu ertüchtigen. Hierfür waren eine Gas-Brennwertheizung mit solar unterstützter Warmwasserbereitung und eine Innendämmung adäquate Mittel. Für letztere entschied man sich für den neuen Dämmputz „Trio-O-Therm M“ von quick-mix, der mit einer WLG von 55 für einen Dämmputz ausgesprochen gute Dämmeigenschaften besitzt.
Autor
Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.