Brandschutz im Denkmal der Moderne
Die Katholische Hochschule in Aachen wurde 1931 als „Soziale Frauenschule“ errichtet und ist ein denkmalgeschützter Bau der frühen Moderne. Zahlreiche Umnutzungen und Umbauten machten nun eine behutsame Sanierung erforderlich, bei der der Brandschutz besondere Berücksichtigung fand.
Die „Soziale Frauenschule“ in Aachen-Burtscheid entstand 1931 nach Plänen des Architekten Rudolf Schwarz. Schon damals betrat man den auf einer Hügelkuppe gelegenen Komplex über sein östliches Sockelgeschoss. Im Zuge zahlreicher Umbauten und der damit einhergehenden formellen Nutzungsänderungen – aus einer Schule für weniger als 100 Personen wurde eine Hochschule für knapp 1000 Nutzer – beauftragte der Eigentümer, das Bistum Aachen, das Planungsbüro von Erika Wald mit einer aktuellen Bestandsaufnahme. Dabei stand der Brandschutz im Vordergrund, allerdings war das Planungsbüro auch mit der generellen Sanierung betraut, im Zuge der zunächst auf Drängen von Maria Schwarz, der Witwe des Architekten Rudolf Schwarz, die beiden früheren, nicht denkmalgerechten Fluchtwege entfernt werden mussten. Für die als Hörsaal genutzte Aula im ersten Obergeschoss bestand zuvor ein Fluchtweg über eine stählerne Stegkonstruktion entlang der hofseitigen Fassade auf das Dach des eingeschossigen Gebäudeflügels. Dort musste die Feuerwehr die Flüchtenden mit Leitern retten. Der zweite demontierte Fluchtweg bestand in einer feuerverzinkten Spindeltreppe, vor der Nordwand des Treppenhauses. Hierbei stellt Erika Wald fest, dass es für den Baufortschritt deutlich unproblematischer ist, wenn eine kompetente Bauleitung durchgehend alles mit einem „Brandschutzauge“ sieht, als wenn ein externer Sachverständiger die Baustelle in größeren Zeitabständen begutachtet.
Das doppelte Treppenhaus
„Eine Sprinkleranlage ist immer der allerletzte Strohhalm. Diese wäre hier zum einen sehr teuer gewesen, auch hätte man mit der notwendigen Verrohrung massiv in die Baukonstruktion eingreifen müssen. Zudem müssten ein feuerbeständiger Technikraum und größere Wassertanks vorgehalten werden, weshalb wir bestrebt waren, es anders zu lösen“, erläutert Erika Wald ihr Vorgehen. Kritisch war, dass der große Hörsaal nur eine Tür besitzt, was zulässig ist, sofern diese auf einen „notwendigen Flur“, in dem sich nichts Brennbares befinden darf, mündet, von dem wiederum zwei Treppenhäuser abgehen. Die Lösung fand sich in einem brandschutztechnischen Kunstgriff: Unmittelbar neben dem Bestandstreppenhaus wurde ein stilistisch annähernd identisches Zweittreppenhaus errichtet, das ebenfalls über eine ganze Fensterachse spannt. Zusammen mit der dritten vorspringenden Achse, dem Fahrtstuhlschacht, erscheint die Vertikal-erschließung jetzt wie ein im Goldenen Schnitt vor das Gebäude gestellter Risalit. Allerdings galt es die Detaillierung des neuen Gebäudeteils möglichst dem Bestand nachzuempfinden, wozu dieser instandgesetzt werden musste. Auf der Bestandstreppe befand sich ein PVC-Belag, den die Handwerker aus Brandschutzgründen entfernten. Dabei entdeckten sie unter dem alten Belag einen gut erhaltenen Terrazzoboden – ein Glücksfall. Diesen ließen die Planer durch Natursteinsanierer freischleifen. Auch bestätigte sich die Vermutung, dass die einläufige Treppe zum Sockelgeschoss baugleich war. Die Handwerker legten auch diese frei und setzten sie instand.
Die alte Treppe verfügt noch über ihr ursprüngliches Geländer, ein bemerkenswertes Zeugnis der frühen Moderne, das zwar Bestandsschutz genießt, für Neubauten aber nicht mehr genehmigungsfähig ist – ein „Kindernormkopf“ von 12 cm Durchmesser würde knapp durchpassen, zudem besitzt das Geländer verbotene Horizontalsprossen. Die Erarbeitung eines genehmigungsfähigen Geländerdetails, das auch den denkmalpflegerischen Vorstellungen genügte, war unerwartet planungsaufwendig, konnte aber zur Zufriedenheit aller gelöst werden.
Die Zwillingstreppenhäuser trennte die Planerin mit einer F90-Brandwand von den Obergeschossfluren ab. Platziert wurde sie annähernd in Flurmitte, um so Treppenabsätze zu schaffen. Während das neue Treppenhaus in den Hof mündet, führt der Fluchtweg des ursprünglichen über das Sockelgeschoss ins Freie. Damit zählen auch die zu durchquerenden Flurflächen zum Treppenhaus, weshalb die hiervon abgehenden Türen – auch zu Seminarräumen – eine T30-RS-Anforderung besitzen.
Brandmeldeanlage und Brandschutztüren aus Glas
Die denkmalpflegerische Bedeutung der Frauenschule liegt auch in ihren minimalistischen Details, wie etwa den nur 10 cm dicken Decken, die nur eine Feuerwiderstandsklasse von F30 besitzten. Ein ausreichender Brandschutz wurde vor allem durch den Einbau einer Brandmeldeanlage und eine Aufsplittung des Gebäudeensembles in Nutzungseinheiten erreicht. Auch sollten im Rahmen der Brandschutzsanierung die Schwarz‘schen Raumfluchten erhalten beziehungsweise wiederhergestellt werden. Hierzu wurden die Nutzungseinheiten mit gläsernen T30-RS-Brandschutztüren von Novoferm getrennt. Alle Türmodelle dieses Herstellers weisen eine 4 mm dicke Wandung der Aluminiumrohrrahmen auf, was bei einflügeliger Ausführung Türbreiten bis 1,56 cm zulässt; feststehende Seitenflügel waren daher bei diesem Projekt nicht erforderlich.
Ebenfalls durch den Türproduzenten geliefert wurde eine F90-Festverglasung, die das alte und das neue Treppenhaus im Erdgeschoss voneinander trennt. Der ursprüngliche Flurcharakter, der in den Originalplänen als „Wandelgang“ ausgewiesen war, konnte erhalten bleiben. Alle Türen und Festverglasungen besitzen Querstreben in Brüstungshöhe als Hinderniswarnung. Grundsätzlich ist es zulässig, die verwendeten Contraflam-Gläser sogar vollflächig mit bis zu 240 µm dicken Folien zu bekleben, ohne die Brandschutzzulassung der Türen zu gefährden. Dafür besitzen die Gläser des Herstellers Vetrotech eine bauaufsichtliche Zulassung. Aus formalen Gründen entschieden sich die Brandschutzplanerin und die Architektin Maria Schwarz jedoch für diese Kämpfer.