Hütten renovieren aus Leidenschaft
Zwei junge Männer blicken zufrieden auf die letzten Sonnenstrahlen, die die Berggipfel in rotes Licht tauchen. Hinter ihnen steht die über 100 Jahre alte Kniebohshütte in Aschau im Chiemgau. Sie ist eine von vier Berghütten, die Manuel Haub und Stefan Kiesel mit harter Arbeit renoviert haben.
Höhenmeter nennen sie ihr Projekt. Manuel Haub und Stefan Kiesel kennen sich seit dem gemeinsamen Studium. Sie haben beide an der Fakultät Holztechnik und Bau der FH Rosenheim studiert. Während Manuel Holzbau und Ausbau studiert hat, geht Stefan mit seinem Studium des Innenausbaus in Richtung Schreiner. In diesem Jahr haben sie ihr Studium erfolgreich mit dem Bachelor abgeschlossen. Aber sie sind nicht nur Studenten, sondern auch engagierte Handwerker. Nach einer gemeinsamen Skitour reifte bei den Freunden der Gedanke, alte Berghütten zu sanieren und darin zu leben. Lange suchten sie nach einem geeigneten Kooperationspartner, bevor sie auf die Bayerischen Staatsforsten stießen. Denn der Bestand an renovierungsbedürftigen Hütten in Bayern ist enorm. Eine davon war die Kniebohshütte. Sie war vor der Sanierung, abgesehen von wenigen Aufenthalten, seit ungefähr 20 Jahren ungenutzt.
Erst einmal entrümpeln
So sah es dort auch aus, als die beiden im Januar 2015 ankamen: Verfaulter Fußboden, Spinnweben, Schimmel, Mäusekot, zerfressene Matratzen und ein Ofen ohne Tür. Bevor sie mit der eigentlichen Arbeit beginnen konnten, mussten sie erst einmal entrümpeln. Stefan und Manuel räumten die Kniebohshütte einmal komplett aus, verbrannten vermoderte Möbel und versuchten durch konsequentes Heizen wieder ein wenig Wärme in den Bau zu bringen. Um das alte Geschirr wiederverwenden zu können, schrubbten und spülten sie mehrere Stunden. Die alten Matratzen legten sie, nachdem sie entstaubt waren, auf den alten Holzfußboden. Ihr vorübergehender Schlafbereich. „Zum Einschlafen haben wir Geräusche von Mäusen und Wind gehört“, erzählt Stefan Kiesel rückblickend. Für den nächsten Tag nahmen sie sich vor, draußen einen Zaun zu bauen. Sie fällten Fichten, schleppten die Stämme aus dem Wald und entfernten die Rinde. Da aber der Untergrund zu steinig war und die gefallenen Außentemperaturen ein Betonieren unmöglich machten, mussten sie das Setzen der Zaunpfähle vertagen. Denn mit dem Pickel gab es kein Vorankommen im harten Erdreich. Und Strom gab es auf der Kniebohshütte nur über ein Notstromaggregat. Das reichte gerade dafür, die Akkus aufzuladen.
Die bedrückende Trennwand, die man Anfang der 80er Jahre quer durch die Hütte gezogen hatte, rissen die Studenten am nächsten Tag heraus. „Dadurch haben wir den Raum auf seine Urgestalt zurückgebracht: Die Hütte besteht jetzt lediglich aus einem großen Raum mit viel Licht“, sagt Stefan Kiesel. Nachdem die Trennwand entfernt war, ging es an den Boden. Neue Dielen waren schon bestellt, doch bis sie geliefert wurden, mussten die beiden noch auf dem alten Holzboden schlafen.
Boden heraus reißen, Bretter aussortieren
Als die Dielen endlich geliefert waren, fingen die beiden an, den alten Holzboden zu entfernen: Mit der Motorsäge schnitten sie an ausgewählten Stellen in den alten Dielenboden. Somit öffneten sie ihn und schnitten das Holz auf „mundgerechte“ Maße zurecht. Die noch nicht ganz verfaulten Bretter benutzten sie, um Möbel zu bauen. Stefan Kiesel ist gelernter Schreiner, was ihm den Bau der Möbel erleichterte. Die Balken der Unterkonstruktion schleppten Manuel und Stefan aus der Hütte. „Allzu schwer waren die nicht mehr, sie waren völlig verfault über die letzten Jahrzehnte. Oftmals bestanden sie nur noch aus dem Porengerüst“, sagt Stefan. Trotzdem waren sie ganz gutes Heizmaterial, das den beiden zwei Wochen Wärme bereitete.
Nachdem sie die Bodendielen entfernt hatten, gruben sie zwei Tage lang Erdreich heraus und fuhren es mit Schubkarren aus der Hütte. Zwischendurch schliefen sie mit Schlafsäcken auf der blanken Erde. Danach füllten sie alles wieder mit Schotter, legten eine Folie als Feuchtigkeitsbremse ein, schütteten Schotter auf und verlegen neue Konstruktionshölzer. Bei allen Arbeiten lag den beiden stets am Herzen, den typischen Charakter der Hütte nicht zu verändern. Mit viel Geschick entstand aus alten Bodendielen nicht nur ein Regal, sondern auch mehrere Betten und eine Schlafcouch. Momentan ruhen die Arbeiten an der Kniebohshütte. Die beiden Handwerker haben im letzten Jahr erst einmal ihr Studium zu Ende gebracht. Außerdem ist im Moment nicht klar, ob die Bayerischen Staatsforsten das Projekt weiter fördern. Dabei gäbe es noch genug zu tun. „Zuletzt haben wir das Dach mit Holzfaserwolle gedämmt und zwei Balken ausgetauscht, da mussten wir mit schwerem Gerät ran“, sagt Stefan Kiesel. Ihr gemeinsames Projekt, die Kniebohshütte, wollen die beiden im Frühjahr 2017 abschließen.
Um während der Monate in der Einöde, nur unterbrochen von Abstiegen zu Familie und Freunden, Kontakt zur Außenwelt zu halten, haben Stefan und Manuel ihr Projekt im Internet dokumentiert. Zu finden ist ihr Blog hier www.hoehen-meter.blogspot.de.