Oldenburger Kampagne „Ab(i) ins Handwerk“ kommt an
22.08.2024
Maurer Florian Wohler hat sich bewusst für eine handwerkliche Ausbildung entschieden
Kreishandwerkerschaft Oldenburg
Mit Abi ins Handwerk – noch immer unüblich
„Warum geht man denn mit Abitur ins Handwerk und nicht studieren?“ Solche oder so ähnliche Vorwürfe haben sich Anna, Bengt, Marcel, Jan, Anna, Florian und Michel schon anhören müssen. Auch wenn Sie in ganz unterschiedlichen Berufen arbeiten, haben die sieben jungen Talente etwas gemeinsam: Sie alle ich haben sich dazu entschieden, mit einem (Fach-) Abitur eine handwerkliche Ausbildung zu absolvieren und sind nun Teil der Kampagne „Ab(i) ins Handwerk“.
In kurzweiligen Hochformatvideos auf TikTok, Instagram und Co., zeigen sie ihren Arbeitsalltag und erklären authentisch, warum diese Karriereentscheidung für sie richtig war. Eines wird dabei ganz schnell deutlich: Für die eigenen Interessen einzustehen und sich dabei auch gegen gesellschaftliche oder gar elterliche Vorurteile durchzusetzen, lohnt sich letzten Endes immer.
Schulabschluss schürt gesellschaftliche Erwartungshaltung
Für die meisten Teilnehmer von „Ab(i) ins Handwerk“ war die handwerkliche Ausbildung nicht der erste eingeschlagene Weg. Hinter den sympathischen Kurzvideos steckt daher auch ein ernstes Thema: Kein anderer Schulabschluss ist so eng mit einer Erwartungshaltung verknüpft, wie das Abitur. Sich trotz gymnasialer Schullaufbahn erstmal für eine Ausbildung und gegen ein Studium zu entscheiden, ist – vor allem wenn es um Handwerk geht – oft verpönt.
„Nur weil die Quote derjenigen steigt, die das Gymnasium besuchen, heißt das nicht, dass wir auch mehr junge Menschen haben, für die ein theorielastiges Studium das Richtige ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass es eine Menge junger Menschen gibt, denen unsere praxisorientierte Arbeits- und Denkweise besser liegen würde“, erklärt der Oldenburger Kreishandwerksmeister Boris Jersch.
„Wir möchten niemanden bekehren, aber wenn wir es mit diesem Projekt schaffen ein paar jungen Menschen zu ermutigen, ihre Interessen zu verfolgen und ihnen damit Umwege erspart bleiben, haben wir viel geschafft,“ ergänzt er weiter.
Handwerk muss sich anpassen statt Vorwürfe zu machen
Tischlerin Anna Schellberg macht bei der Kampagne der Kreishandwerkerschaft Oldenburg mit
Kreishandwerkerschaft Oldenburg
Nicht Abschluss, sondern Motivation entscheidet
„Zu betonen ist, dass nach wie vor alle Schulabschlüsse willkommen sind. Wir können jeden gebrauchen, der großes Interesse und Motivation für handwerkliche Arbeit mitbringt,“ weiß Boris Jersch. Die Karrieremöglichkeiten im Handwerk sind unabhängig vom Bildungsabschluss ausgezeichnet. Eine handwerkliche Ausbildung kann ein Sprungbrett in ganz verschiedene Richtungen sein. Viele Handwerksberufe sind durch die Digitalisierung und Energiewende außerdem sehr anspruchsvoll und komplex geworden. Die Elektro- und Kfz-Berufe oder der Anlagenmechaniker SHK sind dafür gängige Beispiele.
Nicht zu vernachlässigen: Handwerksberufe machen glücklich. Laut einer Umfrage der Versicherungsgesellschaft IKK classic aus 2022 sagten fast 80 Prozent aller deutschen Handwerkerinnen und Handwerker, dass Sie glücklich mit ihrem Beruf sind. Zum Vergleich: Auf die gesamte arbeitende Bevölkerung bezogen, teilten nur 55,3 Prozent diese Ansicht.
Zweite Staffel ist in Planung
Glaubwürdige Aussagen, echte Arbeiten und authentische Persönlichkeiten stehen im Fokus von „Ab(i) ins Handwerk“ – kein Wunder, denn genau das kommt auf Social Media gut an. „Gescriptete Drehtage und vorbereitete Interviews waren für mich nie eine Option“ erklärt Ricus Dirks, der das Projekt entwickelt und umgesetzt hat. „Ich habe allen in Frage kommenden Kandidatinnen und Kandidaten das Projekt erklärt und im Anschluss jeweils einen regulären Arbeitstag als Drehtag vereinbart. Alles was in den Videos passiert und gesagt wird, ist authentisch – niemandem wurde etwas in den Mund gelegt.“
Das Konzept kommt an: Die Beiträge wurden inzwischen über 35.000 mal angeschaut. „Eine zweite Staffel wird es sicherlich geben – es fehlen ja noch einige Berufe, ergänzt der Mitarbeiter der Kreishandwerkerschaft Oldenburg.
Hier geht es zur Kampagne: