Alte Speicher in Münster saniert

In vielen Städten begann schon in den 1970er der Niedergang der Handelshäfen. Übrig blieben Gebäude, die jetzt im Zuge der städtebaulichen Entwicklung nach und nach saniert und neu genutzt werden so wie die Flechtheim- und Rhenusspeicher in Münster.

Der Flechtheimspeicher im Stadthafen von Münster wurde 1899 aus Backstein errichtet und diente dem jüdischen Getreidegroßhändler Emil Flechtheim einst als Getreidelager. In den Jahren 1939 und 1946 wurde der zehnstöckige Rhenusspeicher in Stahlbetonskelettbauweise mit einem Satteldach aus Stahlbeton an das Backsteingebäude angebaut. In den 1970er Jahren ging der Güterumschlag allerdings rapide zurück. Speditionen liefen der Schifffahrt den Rang ab. Das gesamte Ensemble steht zwar unter Denkmalschutz, war aber nach seinem Ende als Umschlagplatz zusehends verfallen. Das Hafengelände Süd geriet zum Leidwesen der Stadtväter und des neuen Eigentümers, die Stadtwerke Münster GmbH, zur Schmuddelecke. Deshalb erklärten beide 2012 dem Renommee der Stadt Münster entsprechend, das Hafengelände Süd zum weiteren Stadtentwicklungsgebiet.

Umnutzung und Sicherung der Bausubstanz

Selbst für die erfahrenen ortansässigen Architekten Pfeiffer, Ellermann, Preckel stellte der Umbau der Speicher eine große Herausforderung dar. „Unsere Aufgabe war es, das Speicherensemble als zentrales Bindeglied des Standortes zwischen Vergangenheit und Zukunft zu vereinen sowie den typischen Charakter des einstigen Hafens zu betonen“, sagt Architekt Dipl.-Ing. Jörg Preckel. Die Stadtwerke Münster GmbH investierten allein 10 Millionen Euro. Der Strukturwandel im Hafen konnte damit gravierend beschleunigt werden. Im Rahmen der Sanierung des Speicherkomplexes Süd, genau gegenüber des „Künstler-Kreativkais“ auf der Nordseite der Hafenanlage, mussten das denkmalgeschützte Mauerwerk ausgebessert und gesichert werden. Dabei arbeitete Uwe Herding, Außendiensttechniker des Befestigungsspezialisten Fischer, von Anfang an eng mit dem Statiker, Thomas Rensing vom Büro Otten Beratende Ingenieure GmbH aus Münster sowie den beteiligten Baufirmen zusammen.

Es ging darum, optimale Lösungen für die Sanierung des jahrhundertealten, aber in Teilen unbestimmten Mauerwerks, zu entwickeln. Zugversuche fanden statt; ebenso regelmäßig Einweisungen zur fachmännischen Handhabung der Fischer Verblendsanieranker. So war beispielweise in der ersten Ausschreibung nur der Einsatz des Verblendsanierankers VBS 8/150 vorgesehen. Während der Bauphase zeigte sich allerdings, dass der Wandaufbau im Pfeilerbereich viel dicker war als ursprünglich gedacht. Das Verblendmauerwerk aus Vollziegeln wurde daraufhin mit Verblendsanierankern VBS 8/ 150, alternativ mit Ankerstangen in Verbindung mit dem Injektionsmörtel FIS V 360 S, im Tragwerk gesichert, ohne dass diese später sichtbar sind. Aufgrund der vorherrschenden innenliegenden Luftschicht von 160 mm mussten sie um 25 mm tiefer gesetzt werden, was allerdings problemlos möglich war. Außerdem kamen in statisch stärker belasteten Bereichen, je nach Anforderung, Ankerstangen in der Größe FIS A M 6 x 2000 A4 und FIS H 12 x 1000 M auf 400 mm gekürzt zur Anwendung, um im Bereich der Pfeilerlisenen die Rückverankerung zu gewährleisten.

Nutzung als Theater, Büros und Arztpraxen

Nach insgesamt nur 18 Monaten Bauzeit, stehen die Speicher neu hergerichtet da und sind architektonischer Mittelpunkt des Areals. Derzeit zieht neues Leben in die Gebäude ein: 4300 m2 stehen unter anderem  für Büro- und Praxisflächen bereit. In Erdgeschoss und Untergeschoss der Speicher eröffnete bereits im September 2014 das Wolfgang-Borchert-Theater seine neue Spielstätte. Die denkmalgerecht sanierten Speicher avancieren schon jetzt zum neuen Anziehungspunkt des Hafens – als Arbeitsplatz und Kunstobjekt gleichermaßen.

Autor

Dr.-Ing. Klaus Fockenberg ist Architekt und PR-Referent der Fischerwerke in Waldachtal.

Es galt Lösungen für die Sanierung des in Teilen unbestimmten Mauerwerks zu entwickeln

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