Wie KI in der Baustoffindustrie eingesetzt wird
Chatassistent für Handwerker, Video-Produktionen, Abfall-Entsorgung, Baustellen-Überwachung: Wie wird Künstliche Intelligenz in der Baubranche eingesetzt? Welche Strategien setzen Baustoffhersteller um? Wir haben nachgefragt und stellen einige Prozesse vor.
Etwa jedes achte Unternehmen in Deutschland nutzt bereits Künstliche Intelligenz, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) für das Jahr 2023 mitteilt. Überwiegend bei Buchführung, Controlling und in Produktionsprozessen kommt KI zum Einsatz.
Die Auftragsabwicklung bei der Entsorgung mineralischer Abfälle automatisiert Brüninghoff mit dem „Mineral Waste Manager“. KI hilft dabei, verlässliche Angebote in kürzerer Zeit zu erstellen
Foto: Brüninghoff
Wie sieht es in der Baustoffindustrie aus? Wir haben uns bei verschiedenen Herstellern umgehört. Unser Fazit: Während manche Firmen noch zögerlich sind, haben andere eine detaillierte KI-Strategie umgesetzt mit dem Ziel: Zeit sparen und Produktivität steigern. Exemplarisch stellen wir einige KI-unterstützte Prozesse vor.
Leipfinger-Bader: eigener KI-Assistent und Teilnahme an KI-Projekt
Der Hersteller von Ziegel-, Lüftungs-, Decken-, Boden-, Lehm- und Fassadensystemen mit Sitz in niederbayerischen Vatersdorf nutzt eine Plattform, die generative KI verwendet und verschiedene Modelle für Chatassistenten integriert und will so nach und nach KI an alle Mitarbeiter ausrollen. Die Plattform unterstützt die Integration von großen Sprachmodellen (LLMs) und bietet Funktionen wie Workflow-Automatisierung und Teamkollaboration.
Außerdem beteiligt sich Leipfinger-Bader gemeinsam mit anderen Unternehmen am Projekt KI-Transfer Plus, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Digitales. Dabei steht der Wissenstransfer zu KI-Lösungen im Mittelstand im Fokus. Im lokalen KI-Regionalzentrum in Ingolstadt nimmt Leipfinger-Bader unter anderem an Diskussionen zur KI-Strategieentwicklung sowie zur Umsetzung von KI-Projekten teil. Das Projekt erleichtert dem Unternehmen den Zugriff auf das Knowhow bayerischer Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen wie den Hochschulen vor Ort. „Wir setzen uns sehr aktiv mit aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung auseinander.
Es gilt, gemeinsam Ansätze zu finden, wie wir die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz bestmöglich zur Weiterentwicklung der Wirtschaft, aber auch zur Verbesserung des Arbeitsalltags nutzen. Sicherheitsaspekte müssen dabei jedoch ebenfalls berücksichtigt werden“, so Thomas Bader, Geschäftsführer von Leipfinger-Bader.
Triflex: Effizienter Kundenservice
Der Hersteller von Flüssigkunststoff aus Minden nutzt verschiedene Tools, wie Anne Brussig, Marketing und Communication Managerin, mitteilt.
Copilot zur Textgenerierung: Fürs Marketing oder technische Dokumentationen werden schnell qualitativ hochwertige Inhalte generiert. „Copilot ermöglicht uns, Routinearbeiten zu automatisieren und dabei dennoch die individuelle Handschrift beizubehalten“, so Anne Brussig.
Heygen zur Videogenerierung: „Es erlaubt uns, KI-basierte, dynamische Videoinhalte zu produzieren, die für unsere Social-Media-Präsenz und Werbekampagnen wichtig werden. Die Nutzung von Heygen hilft uns dabei, visuell ansprechende Inhalte mit minimalem manuellen Aufwand zu erstellen“, führt sie aus.
SEO-optimierte Inhalte durch KI: Zur Unterstützung der Suchmaschinenoptimierung (SEO) setzt Triflex KI-basierte Lösungen ein, um Inhalte gezielt zu analysieren und zu optimieren.
Technischer Helfer für die Beantwortung von Fragen: „Wir planen, einen externen technischen Assistenten zu integrieren, der uns bei der schnellen und präzisen Beantwortung von technischen Fragen unterstützt. Dies verbessert die Effizienz unseres Kundenservice und bietet gleichzeitig eine verlässliche Informationsquelle für unsere Kundinnen. Aktuell setzen wir diesen intern ein und lassen das System durch unsere Mitarbeiter lernen.“
„Video Guard“: Mehr Sicherheit auf Baustellen
Insbesondere nachts steigt das Diebstahlrisiko auf Baustellen. „Video Guard“ sorgt hier mit einer kamerabasierten Technik, die mit KI das Bildmaterial analysiert, für mehr Sicherheit
Foto: Video Guard
Um Diebstähle und Vandalismus zu minimieren, bietet das kamerabasierte System „Video Guard“ eine verbesserte Lösung. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz analysiert es das Bildmaterial und unterscheidet zwischen harmlosen Aktivitäten, wie einer flatternden Plane, und einer echten Gefahr. „Video Guard“ nutzt dabei selbstlernende Netzwerkalgorithmen, um Bewegungen auf Baustellen zu analysieren. Jörn Windler, Geschäftsführer der International Security GmbH und President Smart Surveillance, erklärt: „Durch ein 2. Layer von Cloud AI Videoanalytik zusätzlich zur Kameraanalytik reduzieren wir Fehlalarme soweit, dass das Arbeiten in der Leitstelle maximal komfortabel wird. Die daraus folgende schnelle Intervention durch ,Video Guard‘ erhöht die Chance, Eindringlinge noch vor Ort zu stellen signifikant.“
Brüninghoff: „Mineral Waste Manager“
Mineralische Abfälle stellen weiterhin den größten Abfallstrom in Deutschland dar. So belief sich ihr Aufkommen im Jahr 2023 auf mehr als 275 Millionen Tonnen. Mit ihrer Entsorgung sieht sich somit eine Vielzahl der Akteure der Bauwirtschaft konfrontiert: So auch Brüninghoff, Generalunternehmer für schlüsselfertige Gebäude für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft aus Heiden (NRW).
Um den bürokratischen Aufwand bei der Kalkulation zu reduzieren, setzt die Unternehmensgruppe auf Künstliche Intelligenz. Die Auftragsabwicklung bei der Entsorgung mineralischer Abfälle automatisiert Brüninghoff mit dem „Mineral Waste Manager“. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz wertet die digitale Lösung Bodengutachten aus und bestimmt präzise den Abfallschlüssel sowie die Belastungsklasse. Diese Kriterien seien entscheidend, um ein verlässliches Angebot kalkulieren zu können. „Wir reduzieren die Bearbeitungszeit in der Kalkulation damit um rund 80 Prozent“, so Brüninghoff-Geschäftsführer Frank Steffens.
Remmers: Chatbots und Videoberatung
Remmers-Vorstandssprecher und Mitinhaber Dirk Sieverding bringt es im Kunden-Magazin „Remmers Report“ auf den Punkt: „Die Möglichkeiten und Projekte innerhalb der Digitalisierung sind heute schon sehr umfangreich – zum Beispiel durch automatische Telefonnummer-Erkennung und Routing, Videoberatung, unsere Chatbots und Booking-Tools. Einige dieser Services etablieren sich zum Standard und werden vom Kunden vorausgesetzt, und es kommen stetig neue Anforderungen dazu – wie beispielsweise KI-gestützte Produkt-Konfiguratoren oder automatisierte Video-Produktionstools.“ Herausfordernd bleibe, sowohl für Remmers als auch alle anderen Marktteilnehmer, die Auswahl der passenden Tools, die Akzeptanz der Mitarbeitenden, der Nutzen für den Kunden und der Datenschutz.
AutorinMichaela Podschun ist Redakteurin der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.