Das Lebenswerk in neue Hände geben (Teil II): Vorteile und Stolpersteine einer familieninternen Übergabe
Den eigenen Betrieb innerhalb der Familie, möglichst an die eigenen Kinder weiterzugeben, ist für viele Handwerksunternehmer der Idealfall. Fachleute weisen darauf hin, dass dieses Modell aber auch am häufigsten scheitert. Im zweiten Teil unserer Serie zeigen wir, wie diese Nachfolgelösung gelingt.
Viele Unternehmen im Bauhauptgewerbe und Handwerk sind hierzulande Familienbetriebe. Da das „Lebenswerk“ natürlich auch möglichst in der Familie erhalten und weitergeführt werden soll, empfinden viele Inhaber eine Nachfolge auf die Kinder als Idealfall. Doch Vorsicht: Man sollte nicht davon ausgehen, dass die familieninterne Nachfolge automatisch gelingt. Eins vorweg: Sie ist die schwierigste bei der Umsetzung und birgt ein erhebliches Konfliktpotential. Laut aktuellen Studien scheitern bei diesem Modell rund 30 Prozent der Nachfolgeprozesse! Die Unternehmer sollten daher kritisch bleiben: Schön, wenn das eigene Kind die Geschichte fortführt, aber ist das auch zwangsläufig die beste Lösung im Sinne des Unternehmens?
Tabuthema Nachfolge
Wenn die Eltern eine Firma leiten, ist das keine Garantie dafür, dass Töchter oder Söhne diese auch fortführen. Die Jüngeren haben oftmals für ihr Leben eine andere Vorstellung. Leider getrauen sie sich nicht immer, das offen auszusprechen – geschweige denn, sind sie fachlich und persönlich in der Lage, das Projekt „Familienunternehmen“ in die Hand zu nehmen. Gehen die Senioren in der Familie aber all die Jahre fest davon aus, ist der Konflikt schon programmiert – erst recht, wenn nicht offen über das Thema gesprochen wird. Die Praxis zeigt leider immer wieder, dass die Nachfolge ein Tabuthema ist. Gibt es also einen möglichen „Anwärter“ in der Familie, sollten alle Karten auf den Tisch. Denn wenn offen über das Thema gesprochen wird, lassen sich Emotionen und Herausforderungen viel leichter zusammen bewältigen.
Es gibt nicht immer nur einen: Rivalität vermeiden
Und wenn es mehr als einen oder eine gibt? Dann sollte dem Senior viel daran gelegen sein, alle Nachkommen gleichberechtigt an dem Vermögen zu beteiligen. Das ist übrigens einer von mehreren Gründen, warum die familieninterne Nachfolge für reichlich Zündstoff sorgen kann. Denn gibt es mehrere Nachkommen, steht der Übergeber zwangsläufig vor der Entscheidung, ob nur einer oder mehrere in die Unternehmensführung gehen. Im schlimmsten Fall entsteht dann unter den Geschwistern eine Rivalität. Wird aufgrund der besseren Eignung nur eins der Geschwister neuer Inhaber, werden diejenigen, die das Nachsehen haben, eventuell Forderungen nach einem finanziellen Ausgleich stellen. Durch vertragliche Regelungen, die unter anderem auch die Erbschaftsansprüche regeln, können hieraus entstehende Konflikte weitgehend vermieden werden. Wenn hingegen mehrere Kinder geeignet sind und diese zugleich die Nachfolge antreten (wollen), besteht beispielsweise die Möglichkeit, Unternehmensbereiche zu untergliedern und je einem Geschäftsführer zu unterstellen. Hierunter gibt es allerdings viele Gestaltungsmöglichkeiten und Modelle – die am besten zwischen Senior und Junior(en) unter Hinzuziehung von entsprechenden Fachanwälten oder Unternehmensberatern besprochen werden sollten. Trotz klarer Aufteilung von Zuständigkeiten und ausgefeilten Gesellschafterverträgen, kann es später zu unterschiedlichen Auffassungen über die Entwicklung des Unternehmens kommen und aus dem Prinzip Hand in Hand entwickelt sich ein regelrechter Familienstreit. Werden solche Unstimmigkeiten nach außen getragen, schadet das dem Unternehmen über kurz oder lang.
Rechtzeitig auf Führungsposition vorbereiten
Nur weil der Senior das Unternehmen in den vergangenen Jahren erfolgreich geleitet hat – muss das nicht zwangsläufig auf den Sohn oder die Tochter zutreffen. Stellen Sie daher keine „Freifahrtscheine“ aus, sondern formulieren Sie auch im Rahmen der familieninternen Nachfolge objektiv die Anforderungen an den Nachfolger: Welche Qualifikationen und Erfahrungswerte sollte dieser unbedingt erfüllen? Ist der potenzielle Nachfolger zum Beispiel ein guter Techniker, kann ihm der kaufmännische Part zur Seite gestellt oder durch ein Coaching das fehlende Wissen vermittelt werden. In jedem Fall müssen die Weichen für die Nachfolge frühzeitig gestellt werden, und der Nachfolger sollte ausreichend Zeit haben, sich auf die Unternehmensführung vorzubereiten – sowohl was die Kenntnisse zum Unternehmen und der Branche an sich betrifft, als auch die Qualifikationen für die Rolle als Führungsposition. Viele Betriebe handhaben es beispielsweise so, den Sohn oder die Tochter zunächst in einer untergeordneten Position im Unternehmen einzusetzen. Dann haben sie die Möglichkeit, sich nach und nach das Know-how der Baubranche anzueignen und die Abläufe innerhalb des Unternehmens kennenzulernen.
Vom „Knirps“ zum Vorgesetzten: Mitarbeiter ins Boot holen
In dieser Zeit kann sich der Nachfolger bereits mit der „Mannschaft“ vertraut machen und hat im Idealfall zum Zeitpunkt der Übernahme bereits einen „guten Draht“ zu den Angestellten.
Hierunter sind es insbesondere langjährige Mitarbeiter, die bei einer Nachfolge bedacht werden müssen. Denn diese haben den Sohn oder die Tochter meist von klein auf aufwachsen sehen – und im schlimmsten Fall ein Problem damit, ausgerechnet von dem ehemaligen „Knirps“ Anweisungen entgegenzunehmen. Umso wichtiger ist es daher, das Team rechtzeitig ins Boot zu holen und nicht von heute auf morgen mit den Tatsachen zu konfrontieren.
Komplexität des Nachfolgeprozesses nicht unterschätzen
Die familieninterne Nachfolge hat ihr Für und Wider und ist meist mit Herausforderungen verbunden. Und als ob die rechtlichen, steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Aspekte um Schenkung, Erbe, Gesellschafterverträge und Co. nicht schon anspruchsvoll genug wären, erleben wir oft, dass es vor allem die emotionalen Komponenten sind, die alle rationalen Überlegungen überlagern und das Vorhaben scheitern lassen können. Beide Generationen müssen an einem Strang ziehen: Für die Senioren heißt das: loslassen und Verantwortung abgeben, für den Übernehmer: Verantwortung annehmen. Dieser komplexe Prozess bedarf einer sorgfältigen und systematischen Vorbereitung sowie einer offenen Kommunikation. Nur so ist gewährleistet, dass die eigene Firma im Verlauf der Übergabe keinen Schaden nimmt und der Unternehmenswert nicht sinkt. Was es dafür braucht: einen objektiven Blick und die professionelle, fachliche Beratung von außen. Idealerweise ziehen die Übergeber und Übernehmer eine ganzheitliche Betreuung aus einer Hand hinzu. Der Beratungsverbund ABG-Partner beispielsweise verfügt über Fachberater, Experten und Coaches in den Bereichen Steuer, Recht, Unternehmensberatung, Wirtschaftsprüfung und Marketing.
AutorRonny Baar
Beratungsverbund ABG-Partner
Geschäftsführer ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG
Tel.: 0351/4375546