Ausstellungsstück: Umnutzung der Brauerei in Meerbusch

Seit Mitte 2010 befindet sich in der ehemaligen Brauerei Meerbusch Deutschlands größte Büromöbelausstellung. Hierfür musste das Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Backsteingebäude saniert, erweitert und energetisch ertüchtigt werden.

Wer mit dem Auto die Krefelder Straße in Meerbusch-Osterath entlangfährt, wird das extravagante Gebäude mit der Hausnummer 78-82 kaum übersehen: Viel Mauerwerk, viel Ziegel, dazwischen ein außen liegender, moderner Treppenaufgang, offensichtlich neu angefügte Gebäudeteile. Schon auf den ersten Blick wird deutlich – hier wurden Alt und Neu geschickt miteinander verwoben.

Die „Alte Brauerei“ zählt zu den wichtigsten Adressen der Wirtschaftsgeschichte im rheinischen Meerbusch. Hier entwickelte sich ein kleingewerblicher Handwerksbetrieb zum Industrieunternehmen, das in Spitzenzeiten bis zu 12 000 Hektoliter Bier jährlich produzierte. Über die Jahre entstanden ein Sudhaus, Kellereibauten, ein Turm, ein Maschinenhaus, eine Schlosserei und das Kontorgebäude. Sie waren zwar alle miteinander verbunden, aber aufgrund ihrer unterschiedlichen Gebäudehöhen doch jeweils als eigenständige Baukörper zu identifizieren. Erst 1950 wurden Sudhaus, Kellerei und Brauereiturm zu einem einheitlichen Bauwerk vereint.

Nachdem das Gebäude mehrere Umnutzungen durchlebt hatte und in den 1970er und 1980er Jahren längere Zeit leer stand, kaufte die Projektgesellschaft „Alte Brauerei“ das Gebäude 2008 von der Stadt. Rund drei Millionen Euro kosteten die von ihr durchgeführten Aus-, An- und Umbauten, die allesamt ein Ziel verfolgten: den individuellen Charakter der über 120 Jahre alten Industriearchitektur zu erhalten und durch moderne Anbauten zu akzentuieren.

 

Die Spuren der Vergangenheit führen ins Heute

„Die Räume waren in der Tat eine Herausforderung“, erzählt Architekt Jan Sternel vom Düsseldorfer Architekturbüro rheinschiene . architekten. „Die vorherige Nutzung als Brauerei und Getränkehandel hat einfach Spuren hinterlassen. Durchgängig ebene Bodenflächen waren selten. Stattdessen fanden sich zahlreiche gemauerte Podeste und Arbeitsplattformen, mittig platzierte Stahlsäulen, eine riesige Gärwanne und niedrige Bierkeller mit extra dicken Mauern.“

Eine Raumanmutung, die Bauherr Jens Hohenbild von Anfang an in den Bann zog: „Allein die Plattformen in unterschiedlicher Höhe und Größe machen die Räume zu etwas Einzigartigem. Entsprechend kam es für uns gar nicht in Frage, diese herausreißen zu lassen. Vielmehr dienen sie uns heute als Podeste, um Möbel auf mehreren Ebenen zu präsentieren. Der Kauf von Büromöbeln wird so zum nachdrücklichen Erlebnis.“ Beeindruckend auch die Höhe der Ausstellungsräume. Da es keinen Dachboden gibt, kann der Besucher von einigen Schauräumen aus direkt in das darüberliegende Dachgebälk sehen. Dieses sorgt gemeinsam mit dem alten, kaum bearbeiteten Ziegelmauerwerk für ein eigenwilliges Raumerlebnis und rückt die noblen Büromöbel in ein besonderes Licht.

 

Sanierung und energetische Ertüchtigung der Steildächer

„Damit die Innenarchitektur in dieser Form Gestalt annehmen konnte, war es nötig, zum Beispiel die Dämmarbeiten am Gebäude wohlüberlegt durchzuführen“, so Jan Sternel. „Zum Teil sind die Mauern, die früher das Bier schön kühl halten sollten, ja ziemlich dick. Entsprechend waren die energetischen Schwachstellen der Gebäudehülle vor allem an den Dachflächen zu finden.“ Die Hauptflügel des Gebäudes sowie das ehemalige Verwaltungsgebäude des Bierherstellers, das künftig als Gästehaus genutzt wird, besitzen ein Steildach mit einer Fläche von zusammen rund 1200 m2. Dessen energetische Ertüchtigung wurde mit einer kombinierten Zwischen- und Untersparrendämmung aus nichtbrennbarer Steinwolle erreicht.

Immer wieder haben die Handwerker und der Architekt Jan Sternel die Besonderheiten des Gebäudes zu spüren bekommen. „Es sind einfach die Kleinigkeiten, die viel Zeit kosten. Das alte Ziegelgemäuer ist an einigen Stellen zum Beispiel sehr uneben. Entsprechend detailliert mussten die Mauerwerksanschlüsse der Dampfbremse ausgebildet werden. Nichts für hektische Gemüter.“ Auf die 120 mm dicke Klemmrock 035 von Rockwool hatten die Handwerker zwischen den Sparren vollflächig die Dampfbremse Intello climate verlegt. Sie schützt die Dachkonstruktion, indem sie den Austausch von Luftfeuchtigkeit zwischen Innen und Außen optimal reguliert. In einem nächsten Arbeitsschritt folgte die Anbringung einer 50 mm dicken Untersparrendämmung (Cliprock 035), um die Dämmleistung nochmals zu erhöhen.

 

Langlebiger Flachdachaufbau

Unmittelbar an die Schrägdachflächen grenzen drei kleinere Flachdächer, bei denen neben der Wärmedämmung auch die Ableitung des Regenwassers mithilfe von Steinwolle-Gefälledachplatten sichergestellt werden musste. Dafür wurde auf der zunächst verlegten bituminösen Dampfbremse (Bitumenbahn mit Aluminiumeinlage) eine Grunddämmung aus druckbelastbaren, 110 mm dicken Durock Dämmplatten lose verlegt. Auf dieser Grunddämmung wurde die zweite Lage der Flachdachdämmung, ein zweiprozentiges Gefälledach (Georock) beziehungsweise die mit einer Kehlgefälleplatte (Keprock) hergestellte Punktentwässerung verlegt und für eine bessere Fixierung mit einem Dämmstoffkleber auf der Grunddämmung verklebt. Die Lagesicherung des kompletten Dachaufbaus erfolgte danach mechanisch im Klettsystem. Dabei wurden auf der druckbelastbaren Dämmung Klettbänder verlegt, mechanisch befestigt und die abschließend aufgebrachte Abdichtungsfolie (Rhepanol fk Gripfix) fixiert. Bis zu 400 mm hochwärmedämmende Steinwolle sorgen damit für den energieeffizienten Abschluss des Gebäudes im Bereich der drei Flachdächer.

 

Neue Gebäudeteile in Holzbauweise

Warm eingepackt mit Steinwolle ist auch einer der vielleicht auffälligsten neuen Gebäudeteile unter dem größten der drei Flachdächer: Rund 280 m2 zusätzliche Nutzfläche wurden hier mithilfe einer modernen Holzkonstruktion geschaffen, die von außen wie ein aufgesetzter Riegel auf die historische Fassade gesetzt wurde. Durch die von der Firma Lignatur in der Schweiz vorgefertigten Holzkastenelemente konnte die gesamte Deckenkonstruktion trotz winterlicher Temperaturen innerhalb von zwei Tagen komplett montiert werden, der gesamte zimmermannsmäßige Aufbau war nach 14 Tagen abgeschlossen. Hinter den mit 120 mm Steinwolle (Flexirock) gedämmten Gefachen der Holzständerwände befinden sich die angenehm temperierten Büroräume der Inwerk-Mitarbeiter, die regelmäßig zur „Ausstellung“ avancieren. „Eigentlich sind fast alle Räume in der Alten Brauerei direkt oder indirekt Ausstellungsfläche. Das gilt auch für die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nach Terminvereinbarung können sich Interessenten hier die Nutzung bestimmter Büromöbel im Alltag ansehen“, erzählt Jens Hohenbild.

 

Zuverlässiger Brandschutz in der Gebäudetechnik

Die Nichtbrennbarkeit von Steinwolledämmstoffen machten sich auch die für die Elektro- und Haustechnik verantwortlichen Fachfirmen zunutze. So wurden sämtliche Rohrabschottungen mit der Conlit 150 U Rohrschale von Rockwool ausgeführt. In den historischen Kappendecken der Alten Brauerei wurden dazu passgenaue Kernbohrungen zur Aufnahme der mit der Rohrleitungen erstellt. Der Vorteil dieser geprüften Brandschutzsystemlösung: Auf ein zusätzliches Einmörteln der Abschottung konnte verzichtet werden, die Decken mussten nur so viel, wie eben für die Durchführungen nötig geöffnet werden. Die Abschottung von Kabelbünden erfolgte mithilfe der Conlit Bandage. Dabei handelt es sich um ein Trägergewebe, das auf beiden Seiten mit einem weißen, unter Hitzeeinwirkung aufschäumenden Material beschichtet ist. Die Bandage wird einfach um die Kabelbünde gewickelt und durch die Bauteilöffnung geführt. Auf das sonst übliche, aufwendige Beschichten der Kabel konnte damit verzichtet werden. Risiken, die sich aus falschen oder unzureichenden Beschichtungen ergeben können, wurden zuverlässig ausgeschlossen.

 

Farblicher Akzent am Treppenhaus

Eine wesentliche optische Akzentuierung erfährt die historische Fassade der Alten Brauerei durch die Gestaltung des Treppenhauses. Durch rund 200 m2 dunkelrote und etwa 35 m2 anthrazitgraue Rockpanel Platten werden hier die Farbnuancen des Ziegelmauerwerks plakativ inszeniert. Dabei erwies sich diese Form der Fassadengestaltung als ebenso wirtschaftlich wie energieeffizient. Die Fassadenplatten lassen sich nämlich mit Standardwerkzeugen so einfach verarbeiten wie Holz, verfügen aber über die Langlebigkeit von Stein. Witterungs-, temperatur- und UV-beständig sind sie mit einem hochwertigen Lack auf Wasserbasis beschichtet, so dass ihre brillanten Farben auf Dauer erhalten bleiben. Zur Verarbeitung an der Alten Brauerei in Meerbusch wurden die Platten zunächst in der Werkstatt des Montagebetriebs auf Maß gesägt, notwendige Anpassungen vor Ort waren aufgrund der einfachen Verarbeitbarkeit kein Problem.

Im Spätsommer vergangenen Jahres begrüßte Jens Hohenbild seine ersten Kunden in den neuen Räumen. „Und deren Blicke wanderten fasziniert zwischen den ausgestellten Büromöbeln und dem geschichtsträchtigen, mit viel Sachverstand sanierten Gebäude hin und her“, berichtet der zufriedene Bauherr. „Damit ist unser Ziel absolut erreicht.“

Einen Eindruck von der neuen Büromöbelausstellung in der Alten Brauerei vermittelt die Website des Betreibers www.forum-fuer-buerokultur.de

Ziel war es, den industriellen Charakter der über 120 Jahre alten Brauerei zu erhalten

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