Europäische Bürgerinitiative HouseEurope! setzt sich für den Erhalt von Bausubstanz ein
14.04.2025Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) die neue EU-Gesetze für Sanierung, Renovierung und Umbau, statt den Abriss von Gebäuden fordert, um so die Baubranche zu beleben und den Immobiliensektor sozialer und ökologischer zu gestalten. Seit dem 01.02.2025 werden europaweit 1 Million Stimmen gesammelt.
Viele Menschen, Gruppen und Organisationen setzen sich bereits heute für eine soziale und ökologische Transformation unserer Gebäude ein. HouseEurope! unterstützt die lokalen und nationalen Initiativen und hebt das Thema gemeinsam auf eine europäische Ebene. Hierzu wurde eine Europäische Bürgerinitiative (EBI) ins Leben gerufen - ein Instrument der direkten Demokratie, das ermöglicht, neue oder verbesserte Rechtsvorschriften vorzuschlagen. Wenn innerhalb eines Jahres eine Millionen EU-Bürgerinnen und Bürger aus mindestens sieben Mitgliedstaaten das Anliegen unterstützen, muss sich die Europäische Kommission mit dem Vorschlag auseinandersetzen. Durch diesen Prozess kann die Bevölkerung EU-Politik direkt mitgestalten und kritische Themen angehen.
Unterschreiben kann man online unter: https://houseeurope.de
HouseEurope!
Die europäische Bürgerinitiative HouseEurope! fordert neue EU-Gesetze, um Sanierung und Umbau erschwinglicher, günstiger und sozialer zu machen. Diese lassen sich in drei Bereiche gliedern:
1. Steuervergünstigungen für Renovierung, Sanierung und die Wiederverwendung von Materialien
2. Faire und harmonisierte Bewertungskriterien für Bestandsgebäude
3. Ökobilanzierung unter Berücksichtigung des Bestandes
Dafür werden vom 1.2.2025 bis zum 1.2.2026 eine Millionen Stimmen von Bürgerinnen und Bürgern in allen EU-Ländern gesammelt. Ziel dieser Initiative ist es, Häuser und Gemeinschaften zu erhalten, eine gerechtere und lokalere Bauindustrie zu schaffen, Energie und Ressourcen zu sparen und die Geschichte und Erinnerungen unserer Baukultur zu bewahren. Sanierung und Umbau sollen in Zukunft zur Norm werden, denn die Potenziale bestehender Gebäude sind enorm und werden in der aktuellen Praxis auch aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen bei weitem nicht ausgeschöpft.
Das hat auch damit zu tun, dass Gebäude häufig nicht als Wohnraum für Menschen, sondern als Spekulationsobjekte behandelt werden können. Trotz Wohnungsnot gibt es deswegen in Europa rasant steigende Wohnkosten und Millionen Quadratmeter leerstehende potentielle Wohnfläche, die verfallen oder abgerissen und ersetzt wird – von eigentlich funktionierenden Einfamilienhäusern bis hin zu verlassenen Industrie- und Bürogebäuden. Wenn wir die aktuelle Praxis weiterführen, werden bis 2050 eine Milliarden Quadratmeter Bestandsfläche in Europa abgerissen. Das entspricht der Hälfte des Wohnraums in Deutschland oder mehr als dem gesamten Wohnraum von Paris und Berlin. Gleichzeitig wird mehr Neubau gefordert und gefördert, was soziale, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Probleme schafft: Abriss geht immer mit einem Verlust von Wohnraum, Arbeitsplätzen, Energie und Geschichte einher. 1), 2)
Zitat Adrian Nägel, Architects for Future Deutschland e.V., NOM HouseEurope!: „Der aktuelle Umgang mit Wohnraum braucht aus ökonomischer, kultureller, sozialer und ökologischer Sicht einen schnellen Wandel. Hierfür setzt HouseEurope! wichtige Impulse auf europäischer Ebene.“
Der Bau- und Immobilienbereich verursacht knapp 40 Prozent der europäischen Treibhausgas-Emissionen. Ein Teil davon findet im Betrieb statt, durch die Beheizung schlecht gedämmter Gebäude mit fossilen Energieträgern. Der Rest entsteht im Bau selbst und durch die Produktion von Baustoffen. Allein die Zementindustrie verursacht rund 8 Prozent der weltweiten THG-Emissionen und somit fast dreimal so viel wie der globale Flugverkehr. Wäre die Zementindustrie ein Land, würden nur die USA, China und Indien mehr CO2 emittieren. Die Bauindustrie verbraucht etwa 50 Prozent aller produzierten Rohstoffe und ist mit 55 Proeznt der größte Verursacher von Müll, unter anderem in Form von Bauschutt durch Gebäudeabriss.
Den Fokus auf Sanierungen zu legen birgt auch wirtschaftliche und soziale Potentiale: Der Baubereich ist einer der profitabelsten und wichtigsten Märkte in der EU und gerät zunehmend in wirtschaftliche Not. Die aktuell auf Neubau fokussierte Branche ist aus ökonomischen Gründen eingebrochen mit verheerenden ökonomischen und sozialen Folgen. Die Sanierung des Gebäudebestandes würde hier alternative Aufträge bedeuten und nicht nur Arbeitsplätze sichern, sondern auch neue schaffen. Dieser Wandel der Baubranche braucht Anreize und politische Rahmenbedingungen.
Der Erhalt von öffentlichen und privaten Gebäuden birgt ein enormes Potential. Das Ziel der EU-Mitgliedstaaten, den Gebäudebestand bis 2050 zu sanieren, lässt sich in konkrete Zahlen fassen: Derzeit sind nur 25 Prozent des europäischen Gebäudebestands saniert; die Sanierungsrate liegt bei 1Prozent jährlich, das heißt sie muss verdreifacht werden, um diese Ziele zu erreichen. Hierzu muss der Wert bestehender Gebäude erkannt und ihrer Sanierung Vorrang eingeräumt werden. Sanierung und Umbau bietet die Lösung, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen, CO2-Emissionen zu reduzieren und Erinnerungen und Gemeinschaften zu bewahren. Ein konkreter Fahrplan hierfür wäre: Bewahren, Umbauen, Sanieren, Transformieren.
Bewahren: Weiterverwenden statt Abreißen
HouseEurope! plädiert für den Erhalt bestehender Gebäude und der investierten Werte: sozial, ökonomisch, ökologisch und kulturell. Ziel ist es, der Weiterverwendung Vorrang vor dem Abriss zu geben und damit den ersten Schritt in Richtung sozial-ökologischer Transformation für alle zu schaffen.
Umbauen: Anpassen statt Aufgeben
Durch den Umbau bestehender Gebäude und ungenutzter Räume kann dem europäischen Gebäudebestand ein neuer Zweck und eine neue Geschichte gegeben werden. Ziel ist es, ungenutzte Gebäude anzupassen und so das Potential des vorhandenen Gebäudebestands zu stärken.
Sanieren: Bauen für die Zukunft
Durch Sanierung, Renovierung, Reparatur und Pflege bestehender Gebäude werden Abfälle und CO2-Emissionen reduziert. Ziel ist es, zukunftssicher zu sanieren, das heißt es muss vorausschauend und zukunftsfähig gebaut werden, um unnötigen Materialverbrauch auch in Zukunft zu senken.
Transformieren: Neue Werte für den Bestand
Bestehende Gesetze und Anreizsysteme sollen im sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Sinn transformiert werden. Ziel ist die Schaffung eines legislativen Rahmens, der soziale und ökologische Ziele durch wirtschaftliche Anreize zusammenbringt. Zitat Leon Beck, Vorstand Architects for Future Deutschland e.V.: „Durch die heutige Abrisspraxis geht wertvolle Bausubstanz verloren. Sanierung ist die Ausnahme und das Potenzial des Bestands bleibt ungenutzt. Als Architects for Future setzen wir uns dafür ein, das Sanieren zu normalisieren. Wir möchten Bewährtes bewahren und bauen auf den Bestand.“
Informationen zu HouseEurope: www.houseeurope.eu
1) Europe’s buildings under the microscope, Bestandsersatz 2.0 - Potential und Chancen
2) Construction and demolition waste: challenges and opportunities in a circular economy