Halbes Jahrtausend
Ilok ist die östlichste Stadt Kroatiens. Historisch bedeutsam ist in der Region das Schloss Odescalchi, das auf den Grundmauern des Palastes von König Nikola Iloki aus dem 15. Jahrhundert entstand. Nach der Restaurierung mit umfangreicher Putz- und Mauerwerksanierung dient es heute als Hotel.
Als Entschädigung für die Hilfe während der Befreiung Iloks von den Türken, hatte Kaiser Leopold einst das mittelalterliche Schloss Nikolas mit dem gesamten Landgut Iloks an Papst Innozenz XI Odescalchi beziehungsweise an seine Fürstenfamilie verschenkt. Im Laufe der Jahrhunderte diente das Schloss Odescalchi zwar unter anderem als Museum der Stadt Ilok und alBildergalerie, doch verfiel die Bausubstanz, bis ein bedrohlicher Zustand erreicht war.
Das Schloss und der gesamte mittelalterliche Kern der Stadt Ilok sind heute Teil des Projektes „Wiederaufbau, Forschung und Restauration der Lokalitäten im Zug Vukovar – Vucedol – Ilok“. An erster Stelle auf der Agenda stand die Instandsetzung des Schlosses. Eine außerordentlich komplexe Aufgabe. Historische Detailtreue, archäologische Forschung und Befunde, geomechanische und statische Prüfungen, Konservierungs-, Restaurierungs- und Verarbeitungstechniken usw. mussten entwickelt und koordiniert werden. Für die Instandsetzung der Fassaden wurde deshalb auf den Sachverstand und die Produktsysteme von Remmers gesetzt. Die Restaurierung des Schlosses hatte zudem das Ziel, dem historischen Bauwerk durch Einrichtung eines Vier-Sterne-Hotels mit anspruchsvoller Gastronomie eine wirtschaftlich abgesicherte Zukunft zu ermöglichen. Die Weinkellerei „Ilocki podrumi“ investierte hierfür 3 Millionen Euro.
Vom Diagnosebericht und Instandsetzungskonzept
Der Investor wollte sicherstellen, dass das Sanierungskonzept auf Basis einer ganzheitlichen Fachplanung erstellt wird, die alle Erfordernisse der kunsthistorischen Befunduntersuchung, der Schadenskartierung bis hin zur Erstellung von Musterachsen beinhaltet. Deshalb wurde die Remmers-Fachplanung mit einem Diagnosebericht beauftragt. Aus der Objektsituation leiteten sich für Dr. Georg Hilbert folgende Fragestellungen als Basis für das Instandsetzungskonzept ab:
Feuchte- und Salzbelastung der unterschiedlichen Fassaden
Saugverhalten des Ziegelmauerwerks
Frostbeständigkeit der verbauten Ziegel
Zur Ermittlung der hierfür benötigten Kennwerte wurden Messachsen an der Fassade angelegt und Bohrmehlproben sowie Stücke der Ziegel als Proben entnommen. Sie sollten die unterschiedlichen Bauteilsituationen und repräsentative Schädigungsgrade des Mauerwerks erfassen. Zur Ermittlung des Feuchtehaushaltes, der Frostbeständigkeit und der Salzfracht im Mauerwerk wurden diese Proben in den Laboren der Remmers Fachplanung untersucht. Nach Auswertung und Interpretation der ermittelten Kennwerte wurde ein Instandsetzungskonzept zur Mauerwerksanierung sowie Ausbesserung und Erneuerung der Putzflächen erarbeitet.
Denkmalpflege und Schäden an den Fassaden
Die Umsetzung des Sanierungskonzeptes erfolgte durch die Projektleiterin Irena Jurin d.i.a und Eduard Hudolin, Leiter des Denkmalschutzamtes. Hierbei wurde auch eine wissenschaftliche Forschungsarbeit von Vladimir Markovic berücksichtigt. Aufgrund seiner Ausführungen in „Römische Fassade des Schlosses Odescalchi in Ilok“ hatte man sich dazu entschlossen, die im 19. Jahrhundert durchgeführten baulichen Veränderungen der Nordfassade wieder rückgängig zu machen, um die ursprüngliche „Römische Ziegelfassade” wieder steinsichtig herstellen zu können.
Das Schloss Ilok besteht aus einem Ziegelmauerwerk mit Kalkputz. Eingelassen in die Fassaden sind gliedernde Elemente aus Naturstein. Der Kalkputz kommt sowohl als Glatt- wie auch Quaderputz vor. Neben offensichtlichen Fehlstellen wird der Putz vielerorts durch Abrisse vom Untergrund und dadurch bedingte Hohlstellen charakterisiert.
Die Gesimse als horizontale, aus der Fassade herausragende Bauglieder waren so stark geschädigt, dass sie entfernt werden mussten. Gut erhaltene Teile dienten als Abform-Vorlage für die Herstellung neuer Gesimse mit dem Grob- und Feinzugmörtel von Remmers, mit denen die Fassade rekonstruiert werden konnte. Das galt auch für die weitgehend zerstörten Arkaden mit ihren Bogen- und Laubengängen. Der Sockelputz war durch aufsteigende kapillare Durchfeuchtung und defekte Dachentwässerung bereits weitgehend zerstört.
Konservierung der alten Putzflächen
Vor der farblichen Neufassung der Putzoberfläche war eine Festigung beziehungsweise Konsolidierung des Originalputzes zwingend erforderlich. Sie hatte zwei Aufgaben zu lösen, nämlich zum einen die Festigung der Gesamtstruktur des Originalputzes und zum anderen das Hinterfüllen vorhandener Hohllagen zwischen Putz und Mauerwerksbildner.
Beide Aufgabenstellungen wurden mit einem Remmers Steinfestigungssystem auf Kieselsäureesterbasis gelöst. Der Aufbau des Festigersystems wurde vorab durch die Anlage und Überprüfung von Musterflächen definiert. Die strukturelle Festigung des Putzes erfolgte danach stufenweise, frisch in frisch, mit KSE 100, 300 und 300 E, also mit steigenden Bindemittelgehalten. Die Hinterfüllung erfolgte mit 500 STE, plus Füllstoffen. Nach Beendigung dieser Arbeiten wurde vor dem Schließen der Putzfehlstellen eine Wartezeit von sechs Wochen eingehalten zwecks Abbaus der temporären Hydrophobie.
Das Schließen der Putzfehlstellen führten die Handwerker mit einem auf die Umgebung angeglichenen Putzsystem des Herstellers durch – angepasst an den alten Kalkspatzen-Mörtel. Die Farbfassung der Fassade wurde mit der LA Siliconharzfarbe des Herstellers vorgenommen, nach Festigung mit Hydro Tiefengrund.
Putzerneuerung für stark salzbelastete Flächen
Aufgrund des Belastungsgrades kam für die stark mit Salz belasteten Gebäudeabschnitte nur ein funktionsdifferenziertes Sanierputzsystem infrage. Das Konservieren der originalen Altputzreste war in diesen Teilflächen mit nachhaltigem Erfolg nicht möglich.
Nach Entfernen des Altputzes und Reinigung des Ziegelsteinmauerwerks mit der Rotec-Wirbelstrahl-Technologie erfolgte der Putzaufbau mit einem System aus Vorspritzmörtel, Grundputz, Kompressen- und Feinputz.
Restaurierung der „Römischen Fassade“
Der Wunsch des Bauherrn und auch die denkmalpflegerische Zielvorstellung war es, die so genannte „römische Fassade“ ziegelsichtig instand zu setzen. Dem entgegen standen die Untersuchungsergebnisse, die eine hohe Frostempfindlichkeit der niedrig gebrannten Ziegel nachgewiesen hatten. Den Messwerten zufolge war ein Feuchteschutz der Ziegel dringend erforderlich.
In den mittelalterlichen Feldbrandöfen war die Ofentemperaturverteilung sehr ungleichmäßig. Die Temperatur nahm mit zunehmender Entfernung von der Befeuerung ab, woraus sich eine große Variationsbreite des Ziegelgefüges ergab. Die Ziegel zeigten eine mehr oder minder hohe Porosität und wurden durch Wasseraufnahme im Laufe der Zeit rissig. Das hatte einen entscheidenden Einfluss auf die Verwitterungsbeständigkeit, da die Risse zu einer Feuchtigkeitshinterwanderung des gesamten Mauerwerks führten.
Den erforderlichen Feuchteschutz ausschließlich mit einer hydrophobierenden Imprägnierung durchzuführen war nicht möglich, da mit ihr nur Risse bis 0,2 mm inaktiviert werden können. Der Ausweg: der Feuchteschutz der „Römischen Fassade“ wurde mit der Historic Schlämmlasur des Herstellers plus Zugabe von Ziegelmehl als zusätzlichem Füllstoff bewerkstelligt.
Technisch betrachtet ist dies eine hoch wasserabweisende und wasserdampfdurchlässige Beschichtung mit hoher Dichtigkeit gegen flüssiges Wasser wie Schlagregen und Spritzwasser, da auch Mikrorisse mit ihr geschlossen werden (Wartung erforderlich). Nur dadurch konnte die Gefahr der Hinterfeuchtung unterbunden werden. Die Schlämmlasur erfüllt mit ihrem mineralähnlichen Charakter aber auch die denkmalpflegerischen Zielvorstellungen. Die halblasierende Beschichtung ist rau und griffig; nur mit ihr konnte die Optik der Römischen Ziegelfassade erhalten bleiben. Diese reversible Form des Feuchteschutzes (Hydrophobie) wurde in ihrer Wirkung durch eine abschließende Imprägnierung mit Funcosil SNL verstärkt.
Für die dem Originalbestand weitgehend entsprechende Reprofilierung der verwitterten beziehungsweise zerstörten Ziegel wurde der Restauriermörtel SK des Herstellers eingesetzt. Er ist gut geeignet für Ergänzungen im kleinvolumigen Maßstab. Die an der Römischen Fassade auftretenden Farbvarianten der Ziegel konnten ohne nennenswerte Abweichungen nachgestellt werden. Der anwendungsfertige, acrylatvergütete Werktrockenmörtel wurde auch für Fugarbeiten, sowie zum Einsetzen von Vierungen eingesetzt.
Abschließend wurde eine Bauwerksabdichtung im Sockel mit dem Kiesol-System auf dem gereinigten Mauerwerk durchgeführt. Nach einer Grundverkieselung erfolgte die mineralische Abdichtung durch eine Verkieselungsfolge von Kiesol und Sulfatexschlämme.
Putz- und Mauerwerksanierung an 500 Jahre altem Schloss in Kroatien abgeschlossen
Den Messwerten zufolge war ein Feuchteschutz der Ziegel dringend erforderlich