Schlanke Schale: WDVS mit Vakuumdämmung
Eine Münchener Wohnanlage soll zukünftig CO2-neutral mit Energie versorgt werden können. Bei der Fassadenmodernisierung kommt ein Vakuum-Wärmedämmverbundsystem zum Einsatz, das höchsten Wärmeschutz mit geringer Aufbauhöhe kombiniert.
Bei der energetischen Sanierung von Gebäuden, die direkt an das Nachbargrundstück oder den öffentlichen Gehweg grenzen, darf die Fassadendämmung eine gewisse Aufbauhöhe nicht überschreiten. So verhält es sich auch bei der Generalsanierung eines Wohnquartiers in München: Für vier Gebäudekomplexe in der nördlichen Lilienstraße will die GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH hier mit einer Kombination aus erneuerbaren Energien und einer hochleistungsfähigen Fassadendämmung eine CO2-neutrale Energieversorgung verwirklichen. Als ideale Kombination aus schlanker und leistungsstarker Dämmung entschied man sich für ein Vakuum-WDVS mit einer ausgeklügelten Verlegetechnik.
Das Quartier Lilienstraße Nord liegt in einem nahezu reinen Wohnviertel in zentraler Lage im beliebten Münchener Stadtteil Au/Haidhausen. Die Ausstattung der Wohnungen entsprach jedoch schon lange nicht mehr dem Stand der Technik. Teilweise beheizten die Mieter noch Einzelöfen mit Gas, Kohle oder Holz. Auch die Bäder blieben weit hinter heutigen Standards zurück. Da eine umfassende Renovierung der Gebäude feststand, waren äußerliche Instandhaltungsarbeiten in den vergangenen Jahren aufgeschoben oder auf ein Minimum reduziert worden. So wurde der Putz nach einem Fensterwechseln zuletzt nur noch um das Nötigste nachgebessert.
Anspruchsvolle energetische Standards
Die Modernisierung der GWG-Immobilie in der Lilienstraße ist Teil eines Forschungsprojekts, in dessen Verlauf das Quartier in eine CO2-neutrale Wohnanlage umgewandelt werden soll. „Wir streben einen Primärenergiebedarf an, der mindestens 50 Prozent unter dem Wert von Neubauten liegt“, erläutert Roland Schardt, Projektleiter und Abteilungsleiter Großmodernisierung bei der GWG.
Erreicht werden soll dies durch eine Kombination aus einer hochleistungsfähigen Wärmedämmung auf der einen und einer Versorgung mit erneuerbaren Energien auf der anderen Seite. Für die Wärmeversorgung und Trinkwarmwassererwärmung nutzt die GWG eine gasmotorisch betriebene Kompressionswärmepumpe, die über Grundwasseraustausch die erforderliche Wärmeenergie zur Verfügung stellen soll. Unterstützt wird die Wärmegewinnung durch auf den Dächern angebrachte Sonnenkollektoren. Die für den Betrieb der Wärmepumpen erforderliche Energie soll in gleicher Menge über Photovoltaikelemente wieder ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden, so dass insgesamt eine CO2-neutrale Energieversorgung gewährleistet ist.
Um den Energiebedarf der Immobilie so klein wie möglich zu halten, setzt die GWG auf eine möglichst effektive Wärmedämmung. Die zu dämmende Fassadenfläche des Projekts „Lilienstraße Nord“ beläuft sich auf insgesamt 6500 m2. Ungefähr zwei Drittel davon werden mit einer Dämmung aus Resol-Hartschaum ausgeführt. Bei den Fassadenabschnitten, die direkt an den öffentlichen Gehweg angrenzen, kommt das Vakuum-WDVS weber.therm LockPlate mit der besonders geringen Aufbauhöhe von nur 10 cm zum Einsatz.
Hochleistungsdämmung in zwei Ebenen
Vakuum-Wärmedämmverbundsysteme basieren auf so genannten Vakuum-Paneelen (VIP). Dabei handelt es sich im Prinzip um mikroporöse Materialien, wie zum Beispiel Silika-Pulver, die unter Vakuum in eine gas- und luftdichte Folie eingeschweißt werden. Diese VIPs verfügen über eine ausgesprochen hohe Dämmleistung, erkennbar an einem Wärmeleitwert von nur 0,007 W/mK. Leider sind Vakuum-Paneele äußerst empfindlich. Bereits ein kleiner Riss genügt, um das Vakuum zu zerstören und somit die Dämmleistung deutlich zu verringern.
Diese Erfahrung machte auch Dominik Schnitzer vom ausführenden Stuckateurbetrieb Jakob Schnitzer aus Augsburg: „Vor zehn Jahren habe ich einmal mit einem Prototypen eines Vakuum-Systems gearbeitet. Da es allerdings nur schwer zu verarbeiten und noch nicht ausgereift war, kam es erst gar nicht auf den Markt.“ Bei dem in München verwendeten System werden die Vakuum-Paneele daher von einer EPS-Hülle ummantelt. Diese schützt sie vor Beschädigungen und ermöglicht es, die Platten an den Rändern zu schneiden und zu dübeln. Auch Wasseranschlüsse, Außenbeleuchtung oder Schilder lassen sich so problemlos anbringen.
Um Wärmebrücken zu minimieren, kommt eine patentierte Verlegetechnik zum Einsatz. Die Dämmplatten sind so konstruiert, dass sich die im Polystyrol integrierten Vakuum-Isolationspaneele überlappen. Aufgrund der guten Dämmleistung des Vakuum-Kerns können die Paneele dabei so dünn gehalten werden, dass die Fassade trotz zweier Ebenen schlank bleibt. Daher konnte auch auf eine Anpassung der Dachüberstände verzichtet werden. „Die Dämmplatten wurden bündig zum Bestandsbauwerk verlegt“ erläutert Dominik Schnitzer. „Man sieht dem Gebäude nicht an, dass es ein WDVS erhalten hat.“
Planung mit Spezialsoftware
Vor der Verlegung der LockPlate-Paneele wurde in München der erforderliche Dämmstoffbedarf mithilfe einer speziellen Software ermittelt und in Form eines Verlegeplans möglichst effizient auf der Fassade verteilt. „Da der Gebäudekomplex in den 1950er Jahren erbaut wurde, war der Untergrund in keinem guten Zustand“, berichtet Dominik Schnitzer. „Schiefe Außenwände haben die Verlegung des LockPlate-Systems hier und da behindert. In diesen Fällen mussten die Platten entsprechend zugeschnitten werden. Zum Glück verfügen sie genau zu diesem Zweck über einen vakuumfreien Randbereich.“
Grundsätzlich erfolgt die Verarbeitung wie bei einem herkömmlichen Wärmedämmverbundsystem. Zunächst bringt man die so genannten Plates auf. Diese Dämmplatten werden mit der Fassade verklebt und an den Rändern verdübelt. Anschließend wird das System mit den passgenauen Lock-Platten verschlossen. Die Oberfläche kann anschließend mit einer Vielzahl von Oberputzen veredelt werden. In München entschied man sich für einen mineralischen Scheibenputz in einem hellen Pastellton.
Ein ausgereiftes aber simples WDV-System
„Die Platten waren sehr leicht zu verlegen“, berichtet Dominik Schnitzer. „Das System ist simpel und für jeden schnell zu verstehen. Auch die Dämmplatten ließen sich schnell und einfach anbringen. Insgesamt halte ich weber.therm LockPlate für ein ausgereiftes System, dass die Arbeit auf der Baustelle vereinfacht. So kann ohne großen Arbeitsaufwand ein schlankes Wärmedämmverbundsystem schnell auf die Fassade aufgebracht werden.“
Insgesamt wurde die Generalsanierung in vier Bauabschnitte unterteilt, wobei die ersten beiden Bauabschnitte parallel ausgeführt werden. Der Erstbezug des ersten Abschnitts ist für die zweite Jahreshälfte vorgesehen, der zweite Bauabschnitt soll zwei bis drei Monate später fertiggestellt werden. Ein Abschluss des Gesamtprojekts ist für 2013 zu erwarten.
Vakuumdämmung unterstützt CO2-neutrale Energieversorgung eines Münchener Wohnquartiers