Neuheiten in Sachen Berufsbekleidung und Workwear von der A+A in Düsseldorf
Ein Besuch auf der A+A 2023 in Düsseldorf Ende Oktober zeigt: Workwear und Freizeit-Kleidung sind kaum noch zu unterscheiden. Hinsichtlich Haltbarkeit und einzigartiger Funktion hat Berufskleidung jedoch die Nase vorn.
Die internationale Fachmesse A+A, die alle zwei Jahre in Düsseldorf stattfindet, ist der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz bei der Arbeit gewidmet. Sie ist ein wichtiger Gradmesser für die neusten Entwicklungen auf diesem Gebiet. Zu den Schwerpunkten der Ausstellung zählen neben Geräten und Hilfsmitteln der Persönlichen Schutzausrüstung auch Workwear und Schutzkleidung. Sie waren in diesem Jahr in drei Haupthallen vertreten, die vor allem durch die vielen Warnschutz-Kollektionen Aufmerksamkeit erregten. Allerdings hat High-Vis-Kleidung längst nichts mehr mit dem früheren Image der Müllabfuhr zu tun.
Das von Fristads aus Norderstedt für die nächste Saison angekündigte Bekleidungskonzept „Tyresta“ beinhaltet dank Stretch-Materialien schlanke Silhouetten und eine moderne Farbgebung
Foto: Fristads
Im Gegenteil: Sie ist sportlich geschnitten und aus bequemem Stretch-Material gefertigt. Jacken und Hosen sind – je nach Schutzklasse – mit einem mehr oder weniger hohen Anteil an Workwear-Farben abgesetzt. Dadurch ist eine Kombination mit Kollektionen ohne Schutzfunktion problemlos möglich, was wiederum dem einheitlichen Auftritt eines Teams zugutekommt.
Freizeittauglich
Moderne Workwear ist optisch kaum noch von Outdoor-Kleidung zu unterscheiden, denn die Silhouette von Berufsjacken und -hosen wird schmaler. Der „Slim Fit“, der insbesondere jüngere Beschäftigte ansprechen soll, ist elastischen Geweben zu verdanken, aus denen inzwischen komplette Kollektionen gefertigt werden. Diese bieten einen einzigartigen Bewegungskomfort, sind allerdings nicht für jeden Beruf geeignet. So haben manche Stretch-Materialien eine geringere mechanische Belastbarkeit, was sie für diverse Baugewerke ausschließt. Dazu kommt, dass viele Handwerker aus „emotionalen“ Gründen noch immer ein festeres Mischgewebe verlangen, das ein Gefühl von Robustheit und Haltbarkeit gibt. Für sie gibt es eine Alternative zum Komplett-Outfit in 2- oder 4-Wege-Stretch: Hybrid-Jacken und -Hosen, in denen dehnbare Materialien nur an besonders beanspruchten Stellen eingesetzt sind.
Fest eingeschweißte Kniepolster sind die jüngste Lösung von Snickers Workwear aus Vlotho zum zuverlässigen Schutz des Gelenks
Foto: Snickers Workwear
In Hosen finden sie sich beispielsweise oberhalb des Knies, in der Kniekehle, in der Gesäßpasse oder im Schritt, in Jacken sind sie im Rückenbereich oder im Schulterbereich eingearbeitet. Dass beide Konzepte zu mehr Freiheitsgraden im Arbeitsalltag führen, bewies die Modenschau, die während der Messe regelmäßig stattfand. Kneifende, einengende Berufskleidung gehört auch dank der inzwischen standardmäßig in Damen- und Herrenschnitten angebotenen Workwear und Schutzkleidung der Vergangenheit an.
Kniepolstertaschen mit 3D-Effekt
Neue Entwicklungen zeichnen sich bei den Kniepolstertaschen ab. Üblicherweise sind sie auf Worker-Hosen aufgenäht und dienen dazu, bei Bedarf ein Kniepolster einzuschieben. Da die Untergründe bei knieenden Tätigkeiten üblicherweise nicht hochglanzpoliert, sondern steinig oder sandig sind, werden die Kniepolstertaschen aus abriebbeständigen Geweben (zum Beispiel Cordura) gefertigt. Einige Hersteller haben inzwischen auf ein extrastarkes Cordura-Material umgestellt, das im Test über eine Million Scheuertouren aushält. Bei dieser Langlebigkeit der Kniepolstertaschen bleibt allerdings fraglich, ob auch die Hose eine vergleichbare Lebensdauer hat.
So praktisch externe Kniepolster sind, haben sie einen Nachteil: Wenn sie gebraucht werden, sind sie oft nicht zur Hand. Sie liegen im Spind, zu Hause oder sind in der Ersatzhose eingesetzt. Für solche Fälle gibt es nun eine Lösung: Hosen mit fest verbauten, zertifizierten Kniepolstern. Sie werden entsprechend der Hosengröße positioniert und „eingeschweißt“, um einen optimalen Sitz zu bieten.
Für Handwerker dürfte noch ein weiterer Trend interessant sein: Kniepolstertaschen mit 3D-Effekt. Durch Aufbringen von „Silikonschnecken“, durch doppeltgeklebte Gewebe in Wabenstruktur oder durch die Verwendung von 3D-Geweben entstehen Kniepolstertaschen mit einer leicht dämpfenden Wirkung. Dadurch soll kurzfristiges Hinknien auf glatten Oberflächen erleichtert werden. Kniepolster können dadurch aber in keinem Fall ersetzt werden.
Kühler Körper bei Sommerhitze
Das Klima wandelt sich. Die vergangenen Jahre haben europaweit gezeigt, dass es mit sommerlich moderaten Temperaturen vorbei ist. Handwerker, die im Freien arbeiten, bringt die zunehmende Sonnenstrahlung zusehends in die Bredouille. Shirts mit eingearbeitetem UV-Schutzfaktor sollen Schutz vor den Folgen der Sonnenstrahlung bieten. Allerdings ist mit dieser Maßnahme noch nichts gegen das Schwitzen in sengender Hitze unternommen. Für eine bessere Luftzirkulation und Ventilation bauen daher immer mehr Hersteller offenporige Mesh-Einsätze in den seitlichen Hosen- und Jackennähten oder der Knie-Zone ein. Deren Klimaregulierung erfolgt durch Öffnen oder Schließen von Reißverschlüssen. Allerdings haben sie einen Nachteil, den jeder kennt: Wenn sie Gewebe in ihre Zähne bekommen, klemmen sie. Um dieses Problem zu beheben, gibt es inzwischen eine interessante Lösung: Mit Laser-Technik eingebrachte kleine Lüftungslöcher in die Gesäßpasse und im rückseitigen Kniebereich.
Einen anderen Ansatz verfolgt eine elastische Weste, in deren Innenfutter sich so genannte Phase Change Materials befinden. Dabei handelt es sich um Mikrokapseln, die ungefähr wie Handwärmer wirken: Sie speichern Wärme, wenn es heiß ist. Dadurch entsteht eine kühlende Wirkung. Wenn die Temperaturen sinken, geben sie die aufgenommene Energie wieder ab und wärmen den Körper. Dieser Vorgang ist uneingeschränkt wiederholbar.
Neue Farben, zurück zum Uni
Mascot aus Silkeborg präsentierte auf der A+A ein neues Farb- und Stilkonzept, das optisch stark von der Outdoor-Mode inspiriert ist
Foto: Sabine Anton-Katzenbach
In der Vergangenheit war Berufskleidung von dunklen Farben bestimmt. Anthrazit, Schwarz und Marine waren und sind nach wie vor State of the Art. Oft werden sie von Kontrastmaterial begleitet, dessen Palette ähnlich düster ist – es sei denn, es handelt sich beim Besatztextil um High-Vis-Gelb, -Rot oder -Orange. Nun zeichnet sich eine Umkehr ab. Handwerkskleidung wird farblich wieder bunter. Mit Tönen wie steinblau, waldgrün und hellem waldgrün, lava- oder herbstrot, nussbraun, limegreen, ultramarine, orange und bordeaux orientiert sie sich an den Trendfarben der Outdoor-Bekleidung. Zudem verzichten manche Hersteller auch auf die seit Jahren beliebte Zweifarbigkeit, um den jungen, modernen Look ihrer Workwear zu unterstreichen.
Fazit
Die A+A gab einen guten Überblick über Workwear und Schutzkleidung, die spätestens im Frühjahr 2024 in den Handel kommt. Angesichts der vielen neuen Kollektionen dürfte jedes Gewerk und jedes Handwerksunternehmen, dessen Team eingekleidet werden soll, auf seine Kosten kommen. Hinsichtlich Stil, Funktionalität, Komfort, Praktikabilität und Klimatisierung ist für alle etwas dabei.
Dipl.-Ing. Sabine Anton-Katzenbach ist Textil-Veredlungsingenieurin und Inhaberin der Textilberatung Hamburg. Sie arbeitet als Beraterin und Journalistin. www.textilberatung.com