Wirtschaftsgespräch im Vorfeld von Zukunft Handwerk: Baubranche kämpft sich durch „neue Normalität“

„Wir leben in einer neuen Normalität. Corona-Krise und Ukraine-Krieg sind für das Handwerk eine permanente Belastungs-Probe“, sagte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH). Im Vorfeld des neuen Event-Formates „Zukunft Handwerk“, das vom 7. bis 10. März in München stattfindet, lud die Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) jetzt zu einem Wirtschaftsgespräch ein. 

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Außer Holger Schwannecke beleuchteten Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer München und Oberbayern (HWK München), und Dieter Dohr, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM), die aktuelle Situation der Baubranche.

Hohe Kosten für Energie und Material, nicht funktionierende Lieferketten, Auftragsrückgänge: Die Krise sei noch nicht überstanden, so der ZDH-Präsident. In der Bevölkerung herrsche eine große Verunsicherung, sodass viele Investitionen zurückgestellt werden würden. „Noch arbeiten die Bau-Unternehmen Aufträge aus dem vergangenen Jahr ab. Dadurch ergeben sich im Ausbau-Bereich noch Wartezeiten für Kunden von bis zu zehn Wochen. Aber neue Aufträge fehlen“, erklärte er.

Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH), fordert eine „Bildungs-Wende“ für das Handwerk
Foto: ZDH

Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZDH), fordert eine „Bildungs-Wende“ für das Handwerk
Foto: ZDH
Mehr als ein Drittel der Handwerksbetriebe befürchten, dass sich ihre wirtschaftliche Lage im ersten Halbjahr 2023 verschlechtern wird. Doch insgesamt sei Optimismus zu spüren. Holger Schwannecke ist sicher:„Das Handwerk wird gebraucht. Die Lage wird sich langfristig bessern.“  Der ZDH habe sich im vergangenen Jahr massiv für Entlastungen der Handwerksbetriebe eingesetzt. Mit Erfolg: Die Gas-und Strompreisbremse kommen in diesem Monat und Härtefallbrücken für besonders betroffene Betriebe werden – wenn auch zu langsam – gebaut.

250.000 Handwerker fehlen

Als größte Herausforderung sieht er den Fachkräftemangel. In Deutschland fehlen aktuell 250.000 Handwerker, 19.000 Ausbildungsbetriebe konnten nicht besetzt werden. In den nächsten fünf Jahren stünden 125.000 Betriebsnachfolgen an. Im Rahmen einer „Bildungs-Wende“ müsse die Handwerks-Branche eine größere gesellschaftliche Wertschätzung erfahren. „Wir müssen beispielsweise rein in die Berufsberatung der Schulen. Es soll deutlich werden, dass vielfältige Karrieren im Handwerk möglich sind!“ Die Leitthemen der Zukunft Handwerk könnten aus seiner Sicht nicht passender sein: Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Fachkräftemangel.

Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer München und Oberbayern, berichtete über die Initiative „Elternstolz“, mit der Familien für das Handwerk begeistert werden sollen
Foto: HWK München

Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer München und Oberbayern, berichtete über die Initiative „Elternstolz“, mit der Familien für das Handwerk begeistert werden sollen
Foto: HWK München
Konkrete Beispiele zur Nachwuchs-Findung aus Bayern hatte Handwerkskammer-Präsident Franz Xaver Peteranderl parat. Dort wurde der „Tag des Handwerks“ im Lehrplan der Schulen verankert. „Es werden Praktikums-Plätze und Studienmöglichkeiten aufgezeigt“, so Peteranderl. Außerdem gibt es die Imagekampagne „Elternstolz.“ Dabei kooperieren das Bayerische Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie mit den Industrie- und Handelskammern in Bayern (BIHK) sowie der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern. Familien bekommen umfassende Infos über Ausbildungsberufe im Handwerk.

„Handwerker sind Klimaaktivisten“

„Jobs im Handwerk sind zukunftssicher. Handwerker schaffen Qualitätsarbeit. Unsere Produkte haben eine lange Nutzungsdauer. Das schont die Ressourcen und ist nachhaltig“, sagte Peteranderl. An die „Letzte Generation“ gerichtet betonte er: „Wer im Handwerk eine Ausbildung beginnt, ist ein Klimaaktivist im besten Sinne des Wortes.“

Dieter Dohr, Vorstandsvorsitzender der GHM, stellte das neue Konzept Zukunft Handwerk vor
Foto: GHM

Dieter Dohr, Vorstandsvorsitzender der GHM, stellte das neue Konzept Zukunft Handwerk vor
Foto: GHM
Dieter Dohr, Vorstandsvorsitzender der GHM, gab einen Vorgeschmack zum neuen Event-und Kongressformat „Zukunft Handwerk.“ Zum einen bleibe die Internationale Handwerks Messe (IHM) als Verbrauchermesse bestehen. Zum anderen biete „Zukunft Handwerk“ eine Plattform, auf der sich die Baubranche unter sich austausche. „Im Expo-Bereich stellen wir 50 Firmen vor, die Innovationen und Produkte zur Führung eines Unternehmens haben. Darunter fallen Geräte, aber auch digitale Konzepte“, erläuterte Dohr.

„Social-Media-Sprechstunde“ mit Bau-Influencern

In der „Social-Media-Sprechstunde“ können Termine bei Influencern gebucht werden. Sie geben Tipps, wie Firmen von Facebook, Instagram und Co. profitieren können.  Das Bühnenprogramm bietet 57 Stunden Vorträge von Wissenschaftlern, Journalisten und Unternehmen. „Hier kann man sich auch an manch provokanten Thesen reiben“, blickte er voraus.  Ein weiterer großer Bereich: Netzwerken. „Aus ganz Deutschland und aus dem Ausland haben Handwerker die Chance, sich zu treffen und von ihren Erfahrungen zu berichten“, betonte Dohr.

Wer nicht in Präsenz dabei sein kann, für den gibt es Live-Streams und ein „Archiv“. Dort stehen die Inhalte von „Zukunft Handwerk“ auch nach der Veranstaltung zur Verfügung.

www. zukunfthandwerk.com   

Autorin

Michaela Podschun ist Redakteurin der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

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