Renovierung der „Regierungsvilla“ Stiassni in Brünn

Nur neun Jahre (1929 bis 1938) konnten das Industriellen-Ehepaar Alfred und Hermine Stiassni ihre Villa im tschechischen Brno (ehemals Brünn) nutzen. Dann siedelten die beiden Textilfabrikanten aus Furcht vor den Nazis zunächst nach London und später in die USA um. In der Folgezeit richtete die Gestapo in dem repräsentativen Gebäude ihr „Offizierskasino“ ein, später bot das Haus unter anderem Unterkunft für russische Kosaken. Die Zeit, in der das Haus vom Mitbegründer, späteren Ministerpräsidenten und Staatspräsidenten der Tschechoslowakei, Edvard Beneš (1884-1948), genutzt  wurde, brachte ihm den Beinamen „Regierungsvilla“ ein.

Drei Jahre dauerte die Renovierung der luxuriösen Villa Stiassni. Das 560 Quadratmeter Wohnfläche umfassende Gebäude, das zwischen 1927 und 1929 nach den Plänen des bekannten tschechischen Architekten Ernst Wiesner (1890 bis 1971) entstand, gilt heute mit seiner puristischen Architektur als bedeutendes Bauwerk des Funktionalismus. Entsprechend auch seine künftige Bestimmung: Es wird als Sitz des tschechischen Zentrums für die Erhaltung der Architekturdenkmäler des 20. Jahrhunderts (COPA) unter anderem für Studien- und Forschungszwecke sowie für öffentliche Führungen genutzt.

Die schlicht gehaltenen Fasssaden der Villa sind ein frühes Bekenntnis Wiesners zur modernen Architektur. Im krassen Widerspruch dazu stand allerdings die ursprüngliche Inneneinrichtung. Marmor und Stuck, Antiquitäten oder auch pseudohistorische Möbel entsprachen dem Geschmack der Bewohner und bildeten einen verblüffenden Kontrast zur Außenansicht.

Die Besonderheiten der Villa detailgenau wiederherzustellen erwies sich bei der Sanierung als große Herausforderung. Auch Fliesenhersteller Rako sah sich hier vor schwierige Aufgaben gestellt: Alle Bäder waren einschließlich der keramischen Wand- und Bodenbeläge in den 1980er Jahren komplett erneuert worden. Glücklicherweise konnte man sich noch an Fotografien und Zeichnungen der Eheleute Stiassni orientieren. Darüber hinaus ließen sich – teilweise innerhalb der alten Mörtelschichten des Mauerwerks – noch Bruchstücke der ursprünglichen Fliesen entdecken. Sie dienten letztlich als Vorlage für die Farben und Glasur-Zusammenstellungen der nachgebildeten Fliesen und Formteile.

Schließlich galt es bei der Reproduktion auch, den alten Produktionstechnologien so nahe wie möglich zu kommen. Soll heißen: Hochglänzende Oberflächen (in den Zwanziger Jahren noch mit Bleiglasur erreicht) und weitgehend fugenlose Verlegungen gehörten zu den Vorgaben für die Hersteller und Handwerker. Nach Auswahl mehrerer Farbmuster wurde der ursprüngliche Gelbton der Fliesen sehr exakt getroffen. Die keramischen Seifenhalter mussten nach alten Fotodokumentationen geformt werden und entstanden – entsprechend alter Bruchstücke – in weiß.

Kalibriert und im Format 149 x 149 x 7 mm entwickelte Rako insgesamt 80 Quadratmeter Wandfliesen für die Bäder der Villa. Auf den vorbereiteten, absolut geraden Wandflächen konnten die Handwerker sie mit einer Fuge von nur 1 mm verlegen. Für die Wand-, Wannen- und Fensterbankecken produzierte der Hersteller zusätzlich Fliesen mit runder Kante, 300 Stück an der Zahl. Ebenfalls in aufwendiger Handarbeit entstanden 240 keramische Hohlkehl-Sockel mit Hilfe eigens angefertigter Formen.

Auch für die Renovierung des Außen-Pools fand sich ein abgesplittertes Stück der Original-Fliesen. In Horní Bříza, dem Rako-Werk in dem die erste Kalibriermaschine des Unternehmens entwickelt wurde, entstanden auch diese Repliken: 180 Quadratmeter in hellem Grün und im Format 97 x 97 mm sowie 1.350 Einzelfliesen mit abgerundeter Kante.

Weitere Informationen unter www.rako.eu

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