Aus dem Stellwerk 08 in Heidelberg wurde ein Bistro
Eine im wahrsten Sinne des Wortes „richtungsweisende“ Umnutzung hat das Stellwerk 08 in Heidelberg erfahren. Wo früher die Weichen für den Güterverkehr gestellt wurden, bereichert heute ein Bistro die belebte Bahnstadt. Bei der behutsamen Transformation des Technikdenkmals haben metris Architekten und Stadtplaner aus Heidelberg „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ geändert.
„Nötig“ war eine riesige Hebe-Schiebetüranlage, die das Erdgeschoss zur neuen Sonnenterrasse hin öffnet. „Möglich“ war es, die vorhandenen Industrieverglasungen im ersten Obergeschoss zu erhalten – sie wurden mit Vorsatzfenstern aus Stahlprofilsystem „Janisol Arte 2.0“ von Schüco Stahlsysteme Jansen wärmetechnisch ertüchtigt.
Das 1914 erbaute Stellwerk 08 ist eines von drei erhaltenen Stellwerken des ehemaligen Güterbahnhofs von Heidelberg. Dieser erstreckte sich auf genau dem Areal, auf dem sich heute der neue Stadtteil Bahnstadt befindet. Bis zum Herbst 1998 wurden von hier aus die Signale und Weichen des östlichen Bahnhofsteils gestellt. Die Funktion des Gebäudes spiegelt sich in seiner Gestalt wider: ein etwa 25 m langes, nur etwa 5 m breites, zweigeschossiges Bauwerk, das sich nach Nordosten, zum ehemaligen Gleisbett hin, orientiert.
Kulturdenkmal vor dem Verfall bewahrt
Um dieses Kulturdenkmal der regionalen Verkehrsgeschichte vor dem Verfall zu bewahren, war eine sinnvolle Nachnutzung nötig. Wegen seiner Lage in der Bahnstadt bot sich eine gastronomische Nutzung an. Diese Umnutzung erforderte zunächst eine Anpassung der Orientierung: metris Architekten und Stadtplaner haben die Erdgeschossfassade nach Südwesten geöffnet und den schmalen Innenraum um eine Sonnenterrasse erweitert.
Die große Hebe-Schiebetüranlage, die seither den Innen- mit dem Außenraum verbindet, stellte sowohl architektonisch als auch in der baulichen Umsetzung eine große Herausforderung dar. Unter denkmalpflegerischen Aspekten galt es, die dem Gebäude angemessenen Proportionen zu finden. Unter statischen Gesichtspunkten ist eine Öffnung dieser Größenordnung ein erheblicher Eingriff in die Bausubstanz.
Für die Aufnahme der anfallenden Lasten fanden die Planer mit zwei Stahlbetonstützen eine elegante Lösung. Die fast 12 m breite Hebe-Schiebetüranlage fertigte die Pazdera AG in Coburg aus dem Aluminiumsystem „ASS70HI“ des Systemhauses Schüco. Dank des dreispurigen Blendrahmens lässt sich die Fassade bis auf zwei feststehende Elemente weitestgehend öffnen – die vier beweglichen Elemente können einfach davor beziehungsweise dahinter „geparkt“ werden.
Historische Holzfenster aufgearbeitet
„Die Sanierung eines Denkmals bedeutet für uns, sich auf das Gebäude und seine Geschichte einzulassen und ihm auch in der Erneuerung Raum zu geben, diese zu erzählen“, erläutert Charis Nichtern, projektleitende Architektin bei metris Architekten und Stadtplaner. In diesem Sinn wurden die historischen Holzfenster ausgebaut, aufgearbeitet, mit einer Einscheiben-Isolierverglasung bestückt und mit samt der Fensterbänke aus Sandstein wieder eingebaut und abgedichtet.
Auch die historischen Industrieverglasungen im Obergeschoss wurden restauriert. Aus bauphysikalischen Gründen erhielten sie – nach Absprache mit dem Amt für Denkmalschutz der Stadt Heidelberg – innen Vorsatzfenster aus dem thermisch getrennten Profilsystem „Janisol Arte 2.0“ von Schüco Stahlsysteme Jansen. Das feingliedrige Stahlprofilsystem unterstreicht den industriellen Charakter der historischen Konstruktion aus einfach verglasten T-Profilen und gewährleistet gleichzeitig zeitgemäßen Wärmeschutz.