Reaktionen zum Koalitionsvertrag: „Bau-Turbo“ muss zünden

Union und SPD haben den neuen Koalitionsvertrag vorgestellt, die Reaktionen aus der Bauwirtschaft sind gemischt. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, ist positiv gestimmt: „Der Koalitionsvertrag steht – 40 Tage nach Beginn der Sondierungen. Ein Verhandlungsergebnis in so kurzer Zeit ist zunächst ein gutes Signal, auf das die deutsche Wirtschaft und Industrie gewartet hat. Denn angesichts der Herausforderungen im eigenen Land und international braucht es wieder eine Zeit der Stabilität, des Mutes für gute Entscheidungen und der Verlässlichkeit mit einer handlungsfähigen Bundesregierung.“ Ob mit dem Verhandlungsergebnis auch inhaltlich der Weg für Wachstum, Entbürokratisierung und Vereinfachung eingeschlagen werde, müsse sich zeigen – dafür komme es vor allem auf ein echtes Miteinander von CDU, CSU und SPD an.

Laut IG Metall können Deutschland mit dem neuen Koalitionsvertrag gut bauen
Foto: Michaela Podschun

Laut IG Metall können Deutschland mit dem neuen Koalitionsvertrag gut bauen
Foto: Michaela Podschun
„Die Weichen für den Bereich Bauen und Infrastruktur scheinen richtig gestellt: Wie von uns gefordert, wird es mit einem Bauministerium und einem Verkehrsministerium zwei starke Kabinettressorts für das Bauen in Deutschland sowie für eine Branche geben, auf die es auch konjunkturpolitisch in den nächsten Jahren mehr denn je ankommt“; sagt Müller. Die Maßnahmen zur verlässlichen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur, wie die Einführung geschlossener Finanzierungskreisläufe für die Verkehrsträger, das Drei-Säulen-Modell aus Haushaltsmitteln, Nutzerfinanzierung und privatem Kapital sowie die Kreditfähigkeit für die Autobahn GmbH, zeigen richtige Akzente für eine zukunftsgerichtete Verkehrs- und Infrastrukturpolitik.

Baugesetzbuch vereinfachen

Ein tatsächlicher „Bau-Turbo“, gerade für die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum, werde dann zünden, wenn die geplanten Vorhaben mit Entschlossenheit angegangen würden. Die Konsolidierung der KfW-Förderprogramme, die geplanten Vereinfachungen im Baugesetzbuch sowie die Weiterentwicklung des GEG seien dabei wegweisend.

Auch der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, IG BAU-Chef Robert Feiger, meint: „Schwarz-Rot legt den Hebel um: Mit diesem Koalitionsvertrag kann Deutschland gut bauen. CDU/CSU und SPD bieten eine gute Basis, die Wirtschaft in Schwung zu bringen – mit der Bauwirtschaft.“

IG Bau fordert schnelles Handeln

Mit dem Bau setze Schwarz-Rot eine Konjunkturlokomotive in Gang: Denn mit Bau-Investitionen hat Deutschland die Chance auf ein sich selbst tragendes Konjunkturpaket. „Wichtig ist, dass das rasch passiert. Denn jeden Tag baut der Bau Kapazitäten ab: Unternehmen gehen in Insolvenz. Beschäftigte verlieren ihre Arbeit. Hier muss die neue Bundesregierung so schnell wie möglich das Ruder herumreißen.“ Sie müsse von Tag 1 an auf „Infrastruktur-Tempo“ setzen.

Notwendig dabei sei allerdings, dass die neue Bundesregierung dem Bau eine solide Perspektive mit einer verlässlichen Finanzierung und konkreten Zielmarken bietet – etwa beim Sozialwohnungsbau: Für 100.000 neu gebaute Sozialwohnungen pro Jahr seien mindestens 11 Milliarden Euro Fördermittel notwendig.

Immobilienverband sieht keine Wohnwende

Der Immobilienverband sieht keinen großen Befreiungsschlag für den Wohnungsneubau
Foto: Michaela Podschun

Der Immobilienverband sieht keinen großen Befreiungsschlag für den Wohnungsneubau
Foto: Michaela Podschun
Dirk Wohltorf, Präsident des Immobilienverband Deutschland IVD, kritisiert: „Die von der Immobilienwirtschaft erhoffte Wohnwende bleibt aus. Der große Befreiungsschlag für den Wohnungsneubau und die politische Fokussierung auf mehr Wohneigentum hätte anders verhandelt und vereinbart werden müssen. Der Koalitionsvertrag enthält mit dem Bau-Turbo, dem Gebäudetyp E und dem Versprechen von Steuererleichterungen und weniger Bürokratie einige Ansätze, um den Wohnungsbau einfacher, schneller und günstiger zu machen.“ Doch machen die geplanten mietrechtlichen Verschärfungen die positiven Ansätze, den Wohnungsbau anzukurbeln, direkt wieder zunichte. Man dürfe das Bauen von Wohnungen nicht vom Vermieten von Wohnungen abkoppeln. Eine Ausweitung des Angebots als der einzig wirksame Weg, Preise und Mieten zu senken, werde nicht funktionieren, wenn die Marktmechanismen durch mietrechtliche Überregulierungen außer Kraft gesetzt werden.

„Bedauerlich, dass in der anhaltenden Wohnkrise auch ein klares Bekenntnis zur Fortsetzung des Dialogs mit der Immobilienwirtschaft im Bündnis bezahlbarer Wohnungsbau fehlt. Es droht im Großen und Ganzen ein unentschlossenes ´Weiter so´,“ sagt Wohltorf. (bhw/ela)