Detektive in Sachen Wärme
Drei Thermografiekameras von Flir im Praxistest
Je mehr unsere Gebäude gedämmt werden, desto stärker machen sich bauphysikalische Mängel bemerkbar. Thermografiekameras helfen nicht nur, Wärmebrücken und Undichtigkeiten zu entdecken, sie können auch die fachgerechte Ausführung der eigenen Arbeit dokumentieren. Wir haben drei Modelle von Flir getestet.
Viele bauphysikalische Probleme lassen sich sehr gut mit Wärmebildkameras nachweisen. Aus diesem Grund gehören diese Messinstrumente zur Standard-
ausstattung von Energieberatern und Gutachtern. Aber auch immer mehr Bauhandwerker schaffen sich Infrarotkameras an – oder erwägen eine solche Investition. Allerdings sind schon die Einsteigermodelle recht kostspielig, und die Vielfalt der unterschiedlichen Modelle und Ausstattungsvarianten macht die Entscheidung nicht leichter. Zumal eine Auswahl nach der Methode „besser ist besser“ den Preis schnell in den fünfstelligen Bereich treibt. Wir von der Redaktion der bauhandwerk haben uns daher die Frage gestellt, wie eine Wärmebildkamera beschaffen sein muss, um bei typischen Aufgaben im Bauhandwerk sinnvoll eingesetzt werden zu können. Welche Eigenschaften und Spezifikationen sind notwendig, welche Ausstattungsmerkmale sind wünschenswert, was ist verzichtbarer Luxus? Die Antworten haben wir beim Testen von drei Modellen des US-amerikanischen Herstellers Flir gesucht. Die gefundenen Aussagen sind aber natürlich auch auf vergleichbare Modelle anderer Hersteller anwendbar.
Grundsätzlich ist Thermografie vergleichbar mit herkömmlicher Fotografie mit dem wesentlichen Unterschied, dass mit einem anderen Wellenlängenbereich des Lichts gearbeitet wird – dem infraroten. Wie bei einer digitalen Fotokamera ist daher die Qualität der Optik von entscheidender Bedeutung für die Messung. Des weiteren stellen die Auflösung, also die Anzahl der Temperaturpunkte pro Fläche und die thermische Empfindlichkeit, das ist die Genauigkeit, mit der Temperaturunterschiede gemessen werden können, die wichtigsten Qualitätsmerkmale einer Wärmebildkamera dar. Der messbare Temperaturbereich spielt für unsere Auswahl und Bewertung keine Rolle, da am Bau Umgebungstemperaturen gemessen werden, für die jeder Wärmebildkamera geeignet ist. Daneben gibt es zahlreiche Ausstattungsmerkmalen und Funktionen, die keinen Einfluss auf die eigentliche Messung haben, wohl aber die Interpretation und Weiterverarbeitung der Ergebnisse komfortabler machen. So gibt es automatische Funktionen, die den wärmsten oder kältesten Punkt eines Bild-ausschnitts zeigen oder bei Wärmebrücken Alarm schlagen, wählbare Farbpaletten zur Darstellung unterschiedlicher Temperaturen, integrierte Zusatzbeleuchtung, Videofunktion, GPS, Kommentarfunktion, Wi-Fi-Schnittstelle und vieles mehr.
Drei Kandidaten im bauhandwerk-Praxistest
Als Testkandidaten haben wir uns das Einsteigermodell in die Leistungsklasse der Flirkameras bestellt, die E40bx, die explizit als Modell für Bauhandwerker beworben wird, eine Kamera aus der Einsteigerklasse mit gleicher thermischer Auflösung (Flir E6) sowie die FlirOne, ein Wärmebildzubehör, mit dem man ein iPhone 5/5S in eine Wärmebildkamera verwandeln kann. Preislich liegt die E40bx laut Liste bei knapp 4000 Euro, und die E6 ist für etwa 2500 Euro zu haben. Die FlirOne liegt fast eine Zehnerpotenz darunter. Wir haben das Modell im Internet für unter 300 Euro gefunden.
Solides Messinstrument für den Bau
Die E6 ist ein solides Messinstrument, das den meisten typischen Aufgaben auf der Baustelle gewachsen ist. Die Kamera verfügt für die Infrarotmessung über ein nicht auswechselbares, fokussierfreies Weitwinkelobjektiv (Sichtfeld 45°x34°), das auf einen Chip mit 160x120 Temperaturmesspunkten abbildet. Bedingt durch den Weitwinkel und die relativ geringe thermische Auflösung sollte die Kamera vor allem im Nahbereich eingesetzt werden. Zwar zeigt das Objektiv durch den Weitwinkel leicht auch komplette Fassaden, durch die relativ geringe Anzahl von 19 200 Temperaturpunkten fehlt es den Messungen aber an Genauigkeit bei den Details. Die werden erst bei näherem Herangehen sichtbar.
Zusätzlich verfügt die E6, wie alle getesteten Geräte, über eine eingebaute Digitalkamera mit 640x480 Pixeln. Damit lässt sich parallel zum Wärmebild ein Realbild speichern, das bei der Auswertung der Messung die Orientierung erleichtert. Außerdem wird diese Kamera benötigt, um mit der so genannten MSX-Technik, über die ebenfalls alle getesteten Kameras verfügen, Wärmebild und Realbild übereinander zu legen und so kontrastreichere Bilder auf dem 3 Zoll großen Display darzustellen. Absolute Temperaturwerte können über einen festen zentralen Messpunkt ermittelt werden, für die Darstellung der Temperaturbereiche stehen drei Farbpaletten zur Verfügung. Die Bilder werden in der Kamera gespeichert und per USB an einen Computer übertragen.
Ausbaufähig und verbindungsfreudig
Die E40bx wird mit einem manuell fokussierbaren „Normalobjektiv“ (Sichtfeld 25°x19°) geliefert, das gegen ein optional erhältliches 45° Weitwinkel- oder ein 15° Teleobjektiv ausgetauscht werden kann. Wie bei der E6 beträgt die thermische Auflösung 160x120 (= 19 200) Temperaturpunkte. Durch den kleineren Bildausschnitt des „Normalobjektivs“ stellt die E40bx gegenüber der E6 Messungen auch aus größerer Entfernung detailreicher dar. Die eingebaute Digitalkamera liefert mit 3,1 Megapixeln recht brauchbare Fotos, zumal eine eingebaute LED-Beleuchtung bei Bedarf zusätzliches Licht liefert. Im Einsatz erleichtert ein integrierter Laserpointer das genaue Anvisieren eines zu messenden Bereichs, als Gedankenstütze kann man während der Messung einen Kommentar aufnehmen. Sehr hilfreich bei der Identifikation von bauphysikalischen Mängeln sind Zusatzfunktionen wie eine Differenztemperaturmessung und ein Wärmebrückenalarm sowie die voreingestellten Messprogramme, für deren Anwendung und Interpretation aber eine gewisse Einarbeitung notwendig ist. Über die „MeterLink“-Schnittstelle lassen sich zusätzliche Messinstrumente wie beispielsweise ein Feuchtigkeitsmessinstrument anschließen. Die E40bx verfügt außerdem über eine Bewegtbildfunktion, mit der Real- und Wärmebildfilme im MPEG4-Format aufgezeichnet und sogar auf einen Tabletcomputer gestreamt werden können. So können Kunden auf einem größeren Bildschirm in Echtzeit die Messungen verfolgen.
Zur Steuerung und Auswahl der verschiedenen Funktionen kann man nicht nur den zentralen Bedienknopf, sondern sehr komfortabel auch das Touchdisplay benutzen. Bilder und Filme werden auf einer SD-Karte gespeichert und können via Kartenleser, USB oder WiFi nicht nur an einen Computer, sondern auch an mobile Endgeräte übertragen und mit der Software Flir Tools ausgewertet werden.
Klein, praktisch und überraschend brauchbar
Bei der Flir One handelt es sich um eine Erweiterung, die mit dem iPhone 5/5S verbunden wird. Das Gerät verfügt über einen eigenen Akku, der separat geladen werden muss. Dadurch zieht die Wärmebildkamera keinen Strom aus dem iPhone-Akku, es kann dem Smartphone aber auch keine zusätzliche Akku-Kapazität zur Verfügung stellen. Zum Betrieb muss man sich außerdem im AppStore die kostenlose FlirOne-Software herunterladen und installieren. Danach wird das Smartphone zunächst in ein Kunststoffgehäuse gesteckt, das einer Schutzhülle (Bumper) ähnelt und dann mit dem eigentlichen Wärmebildmodul verbunden. Zusammen ergibt sich ein Gerät, das für eine Wärmebildkamera unschlagbar leicht und kompakt ist – das Smartphone allerdings recht schwer und klobig macht. Dabei lassen sich alle Funktionen des iPhones uneingeschränkt nutzen, man kann Messinstrument und Handy also immer verbunden lassen und gewinnt so eine immer-dabei-Wärmebildkamera.
In der Theorie kann die FlirOne nicht mit einer „echten“ Wärmebildkamera mithalten. So können nur Temperaturen zwischen 0 und 100 °C gemessen werden (E6: -20 bis 250 °C; E40bx: -20 bis 120 °C) und mit einer Auflösung von 0,1 K dargestellt werden
(E6: < 0,06 K; E40bx: < 0,045 K). Außerdem misst die FlirOne gerade mal 80x60 (=4800) Temperaturpunkte.
Beim Auffinden von Wärmebrücken erwies sich das handliche Gerät, das vornehmlich als nützliches Gadget für Outdoorsportler, Camper und Heimwerker beworben wird, jedoch als erstaunlich treffsicher. Zwar forderte uns die FlirOne häufig dazu auf, die Kalibriertaste zu betätigen, fand dann aber dieselben bauphysikalischen Schwachstellen an Fenster- und Deckenanschlüssen, die zuvor schon die „großen Geschwister“ detektiert hatten. Durch die Verbindung zum iPhone ließ sich die Wärmebildkamera nicht nur komfortabel und intuitiv über dessen Touchdisplay steuern, das Smartphone stellt dem Messinstrument auch seine Konnektivität zur Verfügung: Aufnahmen lassen sich per USB aber auch über eine der drahtlosen Schnittstellen zu anderen Computern übertragen.
Fazit des bauhandwerk-Praxistests
Natürlich liefern Topmodelle mit 320x240 oder gar 640x480 Messpunkten klarere, detailreichere und einfach „schönere“ Wärmebilder. Erforderlich sind solche hohen Auflösungen für Bauhandwerker aber genauso wenig wie extreme Temperaturmessbereiche oder Empfindlichkeit, denn die haben es weder mit brennend heißen oder unnatürlich kalten noch mit sehr filigranen Bauteilen zu tun. Um bauphysikalische Mängel aufzuspüren oder die fachgerechte Ausführung der eigenen Arbeit zu dokumentieren, reichen die Spezifikationen einer Wärmebildkamera wie der Flir E6 völlig aus. Sie ist ein robustes, intuitiv bedienbares Arbeitstier, dass – entsprechendes Hintergrundwissen vorausgesetzt – ausreichend genaue Messdaten zur Beurteilung von Gebäuden liefert.
Da aber schon der Kauf einer E6 keine kleine Anschaffung ist, würden wir dazu raten, lieber noch etwas mehr Geld auszugeben und in ein höherwertiges Messinstrument wie beispielsweise eine E40bx zu investieren. Ausschlaggebend für diese Einschätzung sind nicht so sehr die vielen Messprogramme und Einstellmöglichkeiten, sondern vielmehr ihre Verbindungsfreudigkeit via Wi-Fi und MeterLink und das auswechselbare Objektiv. Durch diese Ausstattungsmerkmale lassen sich die Messdaten nicht nur komfortabler auf unterschiedliche Endgeräte übertragen und weiterverarbeiten, durch ein alternatives Objektiv oder den Anschluss eines Feuchtigkeitsmessgerätes kann man die Einsatzmöglichkeiten deutlich erweitern.
Ganz besonders gut hat uns die FlirOne gefallen. Die wurde zwar nicht als professionelles Messinstrument konzipiert, dafür erhält man für einen sehr moderaten Einstandspreis ein Wärmebildkamera im Jackentaschenformat, die viele in der Praxis auftretende Aufgaben bewältigen kann. Ideal um auf den Geschmack zu kommen. Größtes Manko ist die Festlegung auf ein bestimmtes Smartphonemodell. Flir hat allerdings angekündigt, dass in Kürze auch Ausführungen für andere mobile Endgeräte erhältlich sein werden.
Autor
Thomas Schwarzmann ist Redakteur der Zeitschriften
bauhandwerk und dach+holzbau.