Energiespar-Denkmal
Innendämmung in einem Gründerzeithaus in Leipzig
Selbst denkmalgeschützte Gebäude lassen sich mit modernen Wärmedämmsystemen den heutigen Standards weitgehend anpassen, wie ein Beispiel aus Leipzig zeigt: Das mehrgeschossige „Kaiserliche Postamt 27“ an der Arnoldstraße im Gründerzeitviertel wurde um 1905 erbaut und stand zum Beginn der Sanierung leer.
Sowohl die Bausubstanz als auch die gestalterischen Elementen zeugen vom repräsentativen Charakter des Bauwerks im Stile der bürgerlich-städtischen Architektur der Jahrhundertwende. Deshalb steht das gesamte Gebäude auch unter Denkmalschutz. Unmittelbar an der Kreuzung von Arnoldstraße und Glafeystraße gelegen, waren somit gleich zwei Fassaden von besonderem Bestandsschutz berührt.
In den vier Vollgeschossen und dem teilweise ausgebauten Dachgeschoss konnten vor der Sanierung insgesamt neun Wohneinheiten und zwei Gewerbeeinheiten genutzt werden. Mit der umfassenden Sanierung sollte das Gebäude nicht nur modernen Wohnstandards angepasst sondern auch auf 19 Wohneinheiten umstrukturiert werden. Mit der Planung der weitreichenden Erneuerung beauftragte der Bauherr, die ERG Grundstücksgesellschaft mbH aus Gehrden die Leipziger Architektin Nora Seibt.
Innendämmung ermöglicht KfW-Förderung
Neben dem Austausch der gesamten Haustechnik, der neuen Raumaufteilung in den vier Vollgeschossen sowie dem weiteren Ausbau des Dachgeschosses lag das Augenmerk auch auf der Wärmedämmung. Schon bei einer allgemeinen Bewertung des U-Wertes der vorhandenen Bausubstanz wurde deutlich, dass dieser weit unter den aktuellen Anforderungen lag. Er wurde – je nach Dicke des Mauerwerkes aus für die Zeit typischen massiven Vollziegeln – zwischen 1,96 und 1,19 W/m2K angesetzt*. Um für die energetische Sanierung Fördermittel aus dem Förderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu erhalten, legte Energieberater Stefan Hemmann eine Anpassung zum KfW-Effizienzhaus-115 nahe. KfW-Effizienzhaus-115 bezeichnet das Neubauniveau (KfW 100) plus 15 Prozent. Ein KfW-Effizienzhaus-115 verbraucht nach der energetischen Sanierung also nur 15 Prozent mehr Primärenergie als ein vergleichbarer Neubau.
An den beiden zum Innenhof gelegenen Außenwänden kam ein WDVS zum Einsatz. Dies war an den straßenseitigen Außenwänden nicht möglich. Um den KfW-Effizienzhaus-115-Standard dennoch zu erreichen, wurde das Innendämmsystem Ursa Click verwendet. Dieses bietet einen energetisch hochwirksamen Kern aus Dämmfilz mit dem Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,032 W/mK. Der wasserabweisend ausgerüstete Filz ist zusätzlich mit einem Glasvlies kaschiert, was für mehr Formstabilität sorgt und die raumhohe Verlegung der Dämmstoffbahnen erleichtert. Die Verlegung erfolgt direkt an der bestehenden Wand unter Minimierung des Fugenanteils. Fixiert wird der Dämmstoff mit den dreiteiligen Ursa Clips. Dank des Kunststoffkopfes, der nach der Dämmstoffverlegung auf die Gewindestangen gesteckt wird, entstehen fast keine Wärmebrücken.
Um etwaige Funktionsstörungen durch Tauwasseranfall oder Schimmelpilzbildung von vornherein auszuschließen, wurde das komplette System in zwei unterschiedlichen Altbaukonstruktionen von der Gesellschaft für Materialforschung und Prüfungsanstalt für das Bauwesen (MFPA) Leipzig eingehend überprüft. Dabei wählte man Konstruktionen mit eher ungünstigen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel eine Westwand mit sehr geringer Mauerdicke, der Schlagregenbeanspruchungsklasse III und eine Dämmstoffdicke von 100 mm. Sowohl bei der Ziegelmauerwerkkonstruktion als auch der Fachwerkwand ergab die rechnerische Simulation von mehreren Jahren keinerlei Hinweis auf Feuchteschäden. Vielmehr beurteilte die MFPA Leipzig in ihrem Prüfzeugnis das System als unkritisch.
Innendämmung mit luftdichten Anschlüssen
An den straßenseitigen Außenwänden der vier Vollgeschosse sowie im Drempelbereich des Dachgeschosses kam Ursa Click in 60 mm Dicke zum Einsatz. Damit konnte der U-Wert der Gesamtkonstruktion auf 0,38 W/m2K – bei Annahme eines durchschnittlichen U-Wertes des vorhandenen Mauerwerks von 1,50 W/m2K – reduziert werden. Dies ist eine U-Wert-Verbesserung, die trotz der konstruktiven Einschränkung fast an die Standardanforderung von 0,035 W/m2K bei einer Innendämmung herankommt. Aufgrund der Sonderregelung der EnEV für denkmalgeschützte Gebäude wäre die Innendämmung zwar nicht erforderlich gewesen, allerdings wäre dann auch der Mindestwärmeschutz nach DIN nicht gewährleistet gewesen – in bewohnten Räumen führt dies bekanntermaßen zu Feuchte- und Schimmelschäden.
Da viele der straßenseitig gelegenen Räume mit Stuckdecken verziert waren, wurden die Stuckelemente an den Innenseiten der Außenwände entfernt und nach dem Einbau der Innendämmung an Ort und Stelle rekonstruiert.
Um das System luftdicht an Decke, Boden und Wände anzuschließen, verklebten die Handwerker der Leipziger Firma Trockenbau Wündrich GmbH zunächst ein Dichtband. Anschließend befestigten sie die umlaufenden U-Profile luftdicht. Nach dem Anbringen der außenwandseitigen C-Profile montierten die Handwerker die Ursa Clips. Dann wurde der Dämmfilz eingepasst und mit dem Clip-Kunststoffkopf fixiert. Abschließend wurden die C-Profile oben und unten in die U-Profile eingesteckt und auf dem Kunststoffkopf festgeclipst.
Nach Abschluss der Dämmarbeiten erfolgte die Verlegung der zum System gehörenden Dampfbremse. Gerade an den Fensterlaibungen war es sehr wichtig, dass die Anschlussstreifen der Fensterrahmenprofile dauerhaft luftdicht mit der Dampfbremse verklebt wurden. Dazu musste die Dampfbremse sauber in die Laibung hinein verlegt und anschließend entsprechend verklebt werden.
Auf dem Fußboden wurde die Dampfbremse wie vorgeschrieben am unteren Profil verklebt, jedoch noch etwas weiter in den Raum geführt. Dadurch war der dauerhaft luftdichte Übergang zwischen neuem Fußboden und Außenwand sichergestellt. Zum Schluss konnten die Trockenbauplatten auf die Ständerprofile des Click-Systems verschraubt werden.
Soweit möglich, montierten die Handwerker das Innendämmsystem unterbrechungsfrei. Nur die Wohnungstrennwände durchbrachen die Dämmschicht aus brandschutztechnischen Gründen. Alle Raumtrennwände, die ebenfalls im Trockenbausystem erstellt wurden, konnten wärmebrückenfrei direkt an das Innendämmsystem angeschlossen werden.
High-Tech-Dämmung im Dach
Auch das Dachgeschoss musste im Zuge des Ausbaus den wärmedämmtechnischen Standards angepasst werden, etwa durch den Einbau neuer Dachflächenfenster mit niedrigen Wärmedurchgangskoeffizienten. Während einerseits tragende Teile des Dachstuhl erhalten bleiben konnten, wurden andererseits in den ausgebauten Bereichen die Sparren und die Sparrenauflager erneuert oder aufgedoppelt. Dadurch erhielt man einen großen Zwischensparrenbereich, der vollständig zur Wärmedämmung genutzt werden konnte. Gedämmt wurde jeweils in den Steildachbereichen über die Kehlbalkendecke bis zum gegenüberliegenden Steildach. Der Spitzboden blieb ungedämmt. Neben dem bewährten Ursa Spannfilz kam im Dachgeschoss des Gründerzeithauses auch der neue, rein weiße Hochleistungsdämmstoff PureOne zur Anwendung. Die weiche Mineralwolle ist hoch wärmedämmend und sehr gut schalldämmend. Darüber hinaus ist sie nicht brennbar (Euroklasse A1 nach DIN EN 13501-1) und glimmt nicht. Dank eines umweltfreundlichen Acrylbindemittels auf Wasserbasis ist PureOne zudem formaldehydfrei und geruchsneutral. Das Bindemittel bietet Insekten, Bakterien oder Schimmelpilzen keinerlei Nährboden. PureOne bietet einen Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,032 W/mK.
Im Dachgeschoss in Leipzig kam PureOne in Kombination mit der diffusionsoffenen Unterdeckbahn Ursa Seco Pro 0,04 und der raumseitigen Dampfbremse Seco Pro 2 zum Einsatz. Um am Drempel einen bauphysikalisch einwandfreien Übergang zwischen der Dachdämmung und der Innendämmung zu erzielen, wurden sowohl die Dämmung als auch die Dampfbremse an die Dämmung und die Dampfbremse des Daches angeschlossen.
Autor
Sven-Erik Tornow betreibt die PR-Agentur Flüstertüte in Köln.
Er ist als Baufachjournalist unter anderem für die Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau tätig.
Aus der Gründerzeit in die Moderne: Altbau von 1905 wird zum KfW-Effizienzhaus-115