Gleichwertig
Schallschutz mit Trockenbaukonstruktionen

Trockenbaukonstruktionen erfüllen aktuelle Schallschutzanforderungen ebenso gut wie massive Bauweisen. Auch erhöhte Anforderungen an den Schallschutz nach Stufe III der VDI-Richtlinie 4100 können „trocken“ ausgeführt werden, sofern der Schallschutz frühzeitig in die planerischen Überlegungen einbezogen und anschließend handwerklich fehlerfrei ausgeführt wird.

Dem baulichen Schallschutz, der bei der Planung und Ausführung von Wohngebäuden lange Zeit eine eher untergeordnete Rolle spielte, kommt mittlerweile sowohl bei Neubauten als auch beim Bauen im Bestand eine wichtige Bedeutung zu: So sollen Geräuschbelästigungen für die Bewohner verhindert und ein möglichst konfliktfreies Zusammenleben verschiedener Wohnparteien mit unterschiedlichen Interessen ermöglicht werden. Vor allem in Mehrfamilienhäusern ist der Schallschutz daher ein entscheidendes Kriterium für oder gegen eine Wohnung.

Vollständiger Schallschutz ist jedoch kaum erreichbar – und wenn dann nur mit relativ hohem und daher finanziell meist nicht zu vertretendem Aufwand. Trotzdem: Die bautechnischen Möglichkeiten machen heute die wirtschaftliche Realisierung eines hohen Schallschutzkomforts im Wohnungsbau zum Standard. Wichtig ist jedoch, dass der Schallschutz von Anfang an in die Planungen einbezogen und anschließend auf der Baustelle vom Trockenbauer sorgfältig ausgeführt wird.

 

Anforderungen

 

Maßgebliche Grundlage für die Anforderungen an den Schallschutz war lange Zeit die DIN 4109. Im Grundsatzurteil vom 14.6.2008 stellte der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch klar, dass die in der DIN 4109 (Ausgabe November 1989) geforderten Schallschutzwerte zwar das bauordnungsrechtlich im gesamten Bundesgebiet zwingend vorgeschriebene Anforderungsminimum darstellten, jedoch inzwischen veraltet seien. Die Richter wiesen darauf hin, dass es mittlerweile weit verbreitete und wirtschaftlich akzeptable Bauweisen gibt, mit denen sich bautechnisch unproblematisch deutlich höhere Schallschutzwerte erreichen lassen. Demnach kann die DIN 4109 nicht mehr für den üblichen Schallschutzstandard im modernen Wohnungsbau herangezogen werden. Vielmehr ist dem BGH-Urteil zufolge der Schallschutz nach Stufe II (SSt II) im Sinne der VDI-Richtlinie 4100 als stillschweigend vereinbart und geschuldet anzunehmen. Entsprechend ist bei der Vereinbarung von erhöhtem oder besonderem Schallschutz die VDI-Richtlinie Schallschutzstufe III maßgebend.

Was bedeutet das? Während die VDI-Richtlinie in der Schallschutzstufe I (SSt I) die Werte der DIN 4109 für einen erhöhten Schallschutz übernimmt, gehen die SSt II und SSt III zum Teil weit darüber hinaus. Bei Wohnungstrenndecken stehen damit den Anforderungen der DIN 4109 von R’w ≥ 55 dB und L’n,w ≤ 46 dB Werte von R’w ≥ 57 dB bzw.  L’n,w ≤ 46 dB (SSt II) sowie R’w ≥ 60 dB bzw. L’n,w ≤ 39 dB (SSt III) gegenüber. Für Wohnungstrennwände gibt die DIN 4109 R’w ≥ 55 dB als Vorschlag für einen erhöhten Schallschutz an. Dem stehen in der VDI-Richtlinie Werte von R’w ≥ 56 dB (SSt II) bzw. R’w ≥ 59 dB (SSt III) gegenüber.

 

Massivbau vs. Trockenbau

 

Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Anforderungen an den erhöhten Schallschutz aufgrund der höheren Masse am ehesten in Massivbauweise zu realisieren sind. Tatsächlich erreichen neue Entwicklungen der Baustoffindustrie durch eine Erhöhung der Rohdichteklasse, zum Beispiel bei Kalksandstein auf bis zu 2,2 kg/dm³ ein Schalldämm-Maß von 56 dB. Ein Wert, der jedoch entgegen landläufiger Meinung auch von Trockenbaukonstruktionen erreicht und sogar übertroffen werden kann.

Untersuchungen der schalltechnischen Eigenschaften von Bauteilen in Trockenbauweise haben gezeigt, dass bei Beachtung verschiedener Faktoren eine ähnliche und sogar höhere Schalldämmung als bei gleich dicken Massivbauteilen erreicht werden kann. Sie weisen zudem ein geringeres Gewicht auf: Während massive Konstruktionen mit hoher Rohdichte leicht ein Gewicht von bis zu 600 kg/m² (bei etwa 27 cm Wanddicke) erreichen, liegt beispielsweise eine schalldämmtechnisch ver­gleichbare Fermacell-Wand bei rund 70 kg/m² (12,5 cm Wanddicke). Durch diese schlanken Wandquerschnitte kann zudem bei gleichem Grundriss zusätzlicher Wohnraum gewonnen werden.

Hinzu kommen die üblichen Vorteile des Trockenbaus: Wände aus Gipsfaserplatten können in kurzer Zeit erstellt werden, ohne dass die Handwerker dabei viel Schmutz verursachen oder zusätzliche Feuchtigkeit in den Bau einbringen müssen. Unmittelbar nach der Montage und der Trocknung der Fugenmasse ist jede beliebige Oberflächenbehandlung möglich. Solche leichten Wände sind zudem ohne Einschränkung als Fliesenuntergrund geeignet. Der Wandhohlraum erweist sich als ideal für die Unterbringung von Kabeln oder Leitungen. Hier können auch Rohre mit dickeren Durchmessern und Sanitärinstallationen mühelos untergebracht werden. Damit entfällt gegenüber konventioneller Bauweise das kostenaufwendige Stemmen von Aussparungen und Durchbrüchen.

Hohe Schalldämmung

 

Unter optimalen Bedingun­gen gemessen (Schallprüfstand ohne Nebenwege) erreichen einfach beplankte Wände bereits Werte bis zu 52 dB. Bei doppelt mit Gipsfaserplatten beplankten Wänden steigt der Wert auf 60 dB, mit einem Doppelständerwerk sogar auf bis zu 66 dB. Natürlich werden diese hohen Schalldämmwerte durch die Bedingungen im Gebäude (Schallnebenwege) begrenzt, aber bei sorgfältiger Ausführung sind die geforderten Werte der VDI-Richtlinie durchaus zu erreichen.

 

Trennung der Bauteile

 

Wesentliches Kriterium ist die konsequente Trennung der Bauteile zwischen den Räumen. Dabei ist es nicht das Ziel, „Einzelzellen“ zu bauen. Vielmehr geht es da­rum, Flanken in Form von durchlaufenden Beplankun­gen zu trennen sowie schwim­mende Es­triche oder abgehängte Decken Raum für Raum zu
verlegen. Allein mit diesen Maßnahmen lassen sich rech­ne­risch nach Beiblatt der DIN 4109 Werte bis 57 dB nachweisen. Baustellenmessungen belegen, dass bei entsprechend sorgfältiger Ausführung durchaus auch höhere Werte zu erreichen sind.

Diese Aussagen lassen sich auf trocken erstellte Deckenkonstruktionen übertragen, die auf der Baustelle bei Trittschallmessungen bis zu 38 dB erreicht haben. Dafür wurde eine einfache Holzbalkendecke auf der Unterseite mit einer federnden Abhängung und Beplankung aus Gipsfaserplatten versehen. Auf der Oberseite wurde die Konstruktion mit einer Estrich-Wabe mit Wabenschüttung und einem holzfaser-kaschierten Trockenestrich ausgerüstet. 

Fazit

 

Masse allein reicht als Voraussetzung für einen guten Schallschutz nicht aus. Vielmehr lassen sich durch bewusstes Kombinieren unterschiedlicher konstruktiver Maßnahmen und durch eine sorgfältige Planung und Ausführung mit Trockenkonstruktionen Werte erreichen, welche die Anforderungen an einen erhöhten Schallschutz im Sinne der VDI-Richtlinie 4100 erfüllen. Schlanke Wände mit geringem Gewicht, deren Einbau auch bei Holzbalkendecken in Altbauten in der Regel keine statischen Probleme aufwirft, steigern zudem die zur Verfügung stehende Nutzfläche – und damit letztlich auch die Wertschöpfung.

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