Keine Angst vor Innendämmung
Eine Außendämmung von Fassaden ist unter bauphysikalischen Gesichtspunkten immer noch am sinnvollsten. Doch gerade im Denkmalschutz, bei Grenzbebauungen oder Teilmodernisierungen stellt die Innendämmung mittlerweile eine leistungsfähige Alternative dar. Im folgenden Beitrag stellen wir drei Systeme vor.
Die in der EnEV festgelegten gesetzlichen Anforderungen an die Innendämmung wurden mit der Novellierung gesenkt, die bauphysikalischen Anforderungen bleiben jedoch bestehen. Eine Innendämmung ist technisch anspruchsvoll. Die Gefahr, Fehler zu machen, ist aber durch moderne Systemlösungen deutlich gesunken. Bei einer fachgerechten Ausführung gibt es keinerlei bauphysikalische Bedenken.
Schlagregenschutz beachten
Eine innenseitige Wärmedämmung beeinflusst die Temperaturverhältnisse in der Wand. Da das Mauerwerk nicht mehr so stark von innen aufgeheizt wird, ist die Wand im Winter deutlich kälter. Dadurch ändern sich die Feuchteverhältnisse. Die Temperatur im Wandquerschnitt sinkt so weit, dass eindiffundierender Wasserdampf kondensieren kann – das heißt, es bildet sich Tauwasser. Zudem trocknet die Wand nach Regenfällen langsamer aus, da von innen keine Wärme mehr geliefert wird. Ein ausreichender Schlagregenschutz der Außenfassade ist daher Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Innendämmung. Gegebenenfalls sind Zusatzarbeiten wie das Aufbringen eines Anstrichsystems erforderlich.
Die Möglichkeiten der Innendämmung sind heutzutage vielfältig. Sie unterscheiden sich hinsichtlich Wärmeleitfähigkeit, Diffusionswiderstand sowie Schall- und Brandschutz – und damit auch hinsichtlich der Anwendungsgebiete.
Mineralische Dämmung für optimales Raumklima
Wenn die energetische Optimierung mit einem besseren Raumklima einhergehen soll, ist ein vollmineralisches Innendämmsystem die beste Lösung. Es sorgt auf natürliche Weise für einen ausgewogenen Feuchtehaushalt und eignet sich für massive Außenwände, Fachwerk oder Geschossdecken. Auch bei der Sanierung von Kellern nach einem Feuchte- oder Schimmelschaden hat es viele Vorteile.
Das System besteht aus Mineraldämmplatten, einem Klebe- und Armierungsmörtel sowie einer Oberbeschichtung. Da es kapillaraktiv wirkt, kann auf eine Dampfsperre verzichtet werden. Alle Komponenten sind so eingestellt, dass eine bestimmte Menge Wasserdampf in die Konstruktion eindiffundieren kann. Dies führt im Winter zu einer höheren Porenluftfeuchte am Übergang von Dämmplatte, Kleber und Wand. Das Wasser wird sozusagen „geparkt“, bis es in der wärmeren Periode wieder in den Raum verdunsten kann. Die Systeme sind so eingestellt, dass im Sommer mehr Feuchtigkeit verdunstet, als im Winter anfallen kann.
Die Verarbeitung der Dämmboards ist vergleichbar mit einem Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS). Zunächst wird der Klebe- und Armierungsmörtel vollflächig aufgetragen und durchgekämmt. Anschließend setzt man das Dämmboard an und schwimmt es mit leichtem Druck ein. Versatzstellen werden nach dem Abbinden mit dem Schleifbrett egalisiert. Der Auftrag der Armierungsschicht erfolgt vollflächig. Abschließend wird ein Armierungsgewebe eingelegt und der mineralische Oberputz aufgebracht.
Dämmputz auf unebenen Untergründen
Obwohl seit Jahrzehnten bewährt, werden Dämmputzsysteme in der Auflistung gängiger Innendämmungen oft vernachlässigt. Dämmputze sind mineralische, zementär gebundene Mörtel, die einen hohen Anteil kleiner Polystyrol-Kügelchen enthalten. Dadurch wird die Rohdichte und mit ihr die Wärmeleitfähigkeit deutlich gesenkt. Der Vorteil von Dämmputzsystemen liegt darin, dass eine lückenlose Dämmschicht hergestellt werden kann, die jegliche Konvektion unterbindet. Sie werden vor allem bei der Sanierung älterer oder denkmalgeschützter Gebäude eingesetzt, da mit variablen Schichtdicken selbst große Unebenheiten ausgeglichen werden können. Aufgrund der kapillaren Leitfähigkeit sowie der fugenlosen Ausführung sind Dämmschichten von bis zu 60 mm ohne Nachweis möglich. Bei größeren Dicken sollten in jedem Fall feuchtetechnische Berechnungen durch einen Fachplaner durchgeführt werden.
Mineralische Dämmputzsysteme bestehen aus dem wärmedämmenden Unterputz, einer Armierungsschicht sowie einem mineralischen Oberputz. Je nach Untergrundbeschaffenheit ist eine Vorbehandlung, wie zum Beispiel das Auskratzen schadhafter Fugen notwendig. Anschließend wird – abhängig vom Untergrund – entweder ein Vorspritzmörtel oder eine Rillenspachtelung aufgebracht. Nach entsprechender Standzeit wird der eigentliche Dämmputz je nach Schichtdicke ein- oder zweilagig aufgetragen. Der Auftrag der Armierungsschicht erfolgt nach einer weiteren Standzeit von einem Tag pro Zentimeter Dämmschichtputz. Als Oberbeschichtung eignen sich mineralische Kalkputze.
Konkurrenzlos effizient: Vakuum-Isolationspaneele
Für eine leistungsfähige Dämmung mit geringer Aufbauhöhen stehen seit einiger Zeit Vakuum-Isolationspaneele (VIP) zur Verfügung. Die diffusionsdichten Verbundsysteme bieten einen rekordverdächtigen Wärmeleitwert von 0,007 W/mK. So erzielt bereits eine sehr schlanke Dämmschicht eine hohe Energieeinsparung. Selbst enge Heizkörpernischen, Fensterlaibungen oder niedrige Kellerdecken lassen sich auf diese Weise effizient dämmen. Die Dämmelemente basieren auf mikroporösen Materialien, die unter Vakuum in eine gas- und luftdichte Folie eingeschweißt und schließlich beidseitig mit XPS-kaschiert werden. Ein umlaufendes elastisches Dichtband an den Kanten verschließt die Stoßfugen und minimiert Wärmebrücken.
Die Verlegung erfordert zunächst eine sorgfältige Untergrundvorbereitung. Unebenheiten über 5 mm müssen mit einem Ausgleichsputz egalisiert werden. Für eine flexible Verlegung stehen VIPs in verschiedenen Abmessungen zur Verfügung, die ähnlich einem herkömmlichen WDVS verarbeitet werden. Die Verklebung erfolgt mit einem Klebe- und Armierungsmörtel, der vollflächig auf das Paneel oder die Wand aufgetragen und durchgekämmt wird. Restflächen, Tür- und Fensterlaibungen lassen sich mit XPS oder speziellen, schneidbaren Laibungsplatten ausgleichen. Anschließend wird eine Armierungsschicht samt Gewebe aufgebracht. Als Oberbeschichtung eignen sich insbesondere mineralische Oberputze.
Regeln und Normen bieten
Orientierung
Geregelt wird die Verarbeitung von Innendämmsystemen durch die EnEV 2014. Mit dieser Novellierung der Energieeinsparverordnung werden die gesetzlichen Anforderungen an den Wärmeschutz für Innendämmungen gelockert, während sie bei außenseitigen Dämmungen verschärft werden. Die Anforderungen an den Mindestwärmeschutz gemäß DIN 4108 bleiben davon unberührt. Eine technische Orientierung bieten die WTA-Merkblätter.
Grundsätzlich sind die gängigen Lösungen als geschlossene und in sich abgestimmte Systeme zu verstehen. Aufgrund der komplexen Kopplung von Wärme- und Feuchtetransporte ist vom Austausch einzelner Bestandteile dringend abzuraten. So wirkt sich etwa eine andere Endbeschichtung oder Dämmplatte auf den Diffusionswiderstand des Systems aus. Neben der fachgerechten Verarbeitung ist also die Nutzung der systemeigenen Komponenten die wichtigste Voraussetzung, um Bauschäden vorzubeugen.
Autor
Dipl.-Ing. Georg J. Kolbe studierte Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Bochum. Er ist Leiter Produktmarketing Fassade/Wand bei der Saint-Gobain Weber GmbH in Düsseldorf.