Marketing 
Teil 4: Werben und Verkaufen im Bauhandwerk

Das neue Jahrtausend und die mit ihm heraufgezogene Finanzkrise zwingt die Gesellschaft zum Umdenken. In Zeiten der wirtschaftlichen Verunsicherung und Veränderung neigen die meisten Menschen dazu, sich in ihre eigenen vier Wände zurückzuziehen und sich auf Heim und Familie zu besinnen. Neudeutsch wird dieser Trend auch „Cocooning“ genannt. Ein solches Verhalten birgt eine große Chance für die unterschiedlichen Gewerke im Bauhandwerk – vorausgesetzt, der Inhaber des Betriebs weiß seine Leistung dem Bauherrn gegenüber richtig zu verkaufen.

Für Teile des Bauhandwerks resultiert aus der vermehrten Investition in die eigenen vier Wände ein regelrechter Boom. Kunden werden noch dazwischen geschoben, um bloß keinen Auftrag zu verlieren. Dadurch entsteht ein enormer Zeitdruck. Als Resultat kann die Qualität der erbrachten Leistungen leiden und die Reklamationsquote deutlich ansteigen. Folglich kann das Image des Unternehmens einen erheblichen Wertverlust erleiden. Denn nichts ist für Unternehmen wirtschaftlich nachtragender, als bei Kunden ein Gefühl der Unzufriedenheit zu hinterlassen. Hinzu kommt, dass sich unzureichender oder gar schlechter Service mit rasender Geschwindigkeit herumspricht. Unzufriedene Kunden erzählen ihre schlechten Erfahrungen im Schnitt zehn Personen, zufriedene nur drei. Die negative Propaganda potenziert sich in der Folge sogar noch.

Ein gutes Beschwerdemanagement im Nachhinein und gezieltes Marketing sind effektive Möglichkeiten, um ein positives Image des Unternehmens aufzubauen und nicht in Vergessenheit zu geraten. Doch Marketing und Werbung verursachen in den Augen vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen zu hohe Kosten, ohne dass ein unmittelbarer Nutzen daraus entsteht. Denn der monetäre Erfolgsbeitrag einer einzelnen Marketingmaßnahme ist nur schwer messbar.

 

Internet als Massenkommunikationsmedium

 

In den vergangenen zehn Jahren haben viele Branchen das Internet als neuen, modernen Vertriebs- und Werbeweg für sich entdeckt – und immer mehr Branchen ziehen nach. Die Baubranche hingegen hat sich dem Ruf lukrativer Zusatzaufträge durch das Internet noch weitgehend entzogen. Dennoch gibt es in diesem Segment einige sehr erfolgreiche Pioniere wie Wolfgang T., ein 62-jähriger Maurermeister. Er führt sein Unternehmen in zweiter Generation. Unterstützt wird er von seinem 31 Jahre alten Sohn, der nach der Maurerlehre sein Studium zum Betriebswirt vor zwei Jahren abschloss. Gemeinsam leiten sie den Betrieb mit zwölf Gesellen, zwei Auszubildenden und einer Bürofachkraft. Wolfgang T. möchte sich in naher Zukunft aus dem Unternehmen zurückziehen, so dass sein Sohn Tobias T. den Betrieb alleine weiterführen kann. Der Handwerksbetrieb blickt auf eine erfolgreiche Vergangenheit zurück, doch in den letzten zwölf Jahren scheint das Wachstum des Unternehmens zu stagnieren. Vor einem Jahr hat sich Wolfgang T. von seinem Sohn überzeugen lassen, das Internet für sich und seinen Betrieb zu entdecken und in dem Zuge die schon lange überfällige Internetseite professionell gestalten lassen. Anfangs eher skeptisch, wurde Wolfgang T. schon bald von der positiven Entwicklung überrascht. Ihn erreicht nun ein nicht mehr wegzudenkender Anteil der Interessenten und Kunden per E-Mail und Homepage. Seitdem haben sich die Aufträge erheblich vermehrt, so dass er zwei weitere Auszubildende und einen Gesellen einstellen will.

Wolfgang T. konnte sich anfangs nicht vorstellen, dass irgendein Kunde versucht, sich Informationen über seinen Betrieb im Internet einzuholen. Doch er wurde überrascht von der großen und positiven Resonanz: Viele Kunden haben sich für seinen Betrieb entschieden, weil sein Internetauftritt sehr professionell und gut strukturiert ist und auf eine hohe Fachkompetenz schließen lässt. Mit Stolz zeigt er seine Internetseite und stellt sie den Internetauftritten anderer regionaler Handwerksbetriebe gegenüber, die im Vergleich eher unprofessionell und deshalb auch nicht überzeugend wirken.

„Dabei“, freut er sich, „war es kein großer Aufwand. Lediglich die Texte mussten erarbeitet werden“. Den Rest hat deine Agentur übernommen und mit ihm abgestimmt. Auch die regelmäßige Schaltung von Zeitungsanzeigen und das gezielte Verschicken von Werbeflyern haben sich als relativ kostengünstige Marketingmaßnahmen erwiesen. Viel Wert hat dabei Tobias T. auf das Abstimmen eines einheitlichen Erscheinungsbildes und die Aussagen der einzelnen Maßnahmen gelegt.

Und Wolfgang T. hat auch schon die nächste Idee: Derzeit ist er bei einem Zusammenschluss von Handwerksunternehmen aktiv beteiligt, die gemeinsam auf dem Markt auftreten wollen, um durch erhöhte Marketingmaßnahmen auf sich aufmerksam zu machen.

 

Zukunftsweisendes Marketing und gewerkeübergreifende Vertriebskultur

 

Im Rahmen seines Betriebswirtschaftsstudiums hat Tobias T. die Schwächen im Handwerk analysiert und für sich ausgewertet. Als größte Schwäche erwiesen sich die mangelnden Marketing- und Vertriebsmaßnahmen. Die meisten Handwerksunternehmen leben von mündlicher Propaganda. Das war bis vor Kurzem eine gute und vertrauensbildende Basis, vor allem wenn das Unternehmen einen guten Ruf hat. Angesichts der marktwirtschaftlichen Entwicklung wird es jedoch nicht ratsam sein, sich als Unternehmen allein auf seinen regional guten Ruf zu verlassen. Denn die Trendforschung zeigt: Einzelunternehmen jeder Branche sind bedroht, von Großunternehmern vom Markt verdrängt zu werden. Bei seiner Marktanalyse ist Tobias T. zudem aufgefallen, dass der Trend im Marketing zum Multilevel-Marketing, auch Netzwerk-Marketing genannt, geht. Hierbei wird Marketing, Werbung oder Vorvermarktung über Externe, meist Selbständige gemacht. Tobias T. hat sich von einem bekannten Experten eine intensive Marketing- und Netzwerk-Marketing-Beratung geben lassen. Danach war ihm klar, dass ein Zusammenschluss von Handwerksunternehmen den gleichen Zweck erfüllen kann. Doch ein professionelles Netzwerk-Marketing aufzubauen, benötigt Ausdauer, Investitionsbereitschaft und Engagement, was sich kaum ein einzelner Handwerksbetrieb leisten kann. Aus diesem Grund hat sich Tobias T. entschlossen, zunächst einmal weitere Handwerksbetriebe anderer Gewerke zu suchen, um dann gemeinsam einen Geschäftsführer für die gewerbliche Verbundgruppe zu suchen.

Die Geschäftsstelle dieser Verbundgruppe soll dann regional Marketing und Werbung machen und die so gewonnenen Aufträge an die zuständigen Betriebe weiterleiten. Wichtig ist hierbei auch, dass die einzelnen Unternehmer Aufträge, die nicht ihrer Kompetenz oder ihrem Geschäftsfeld entsprechen, an die Geschäftsstelle geben, die diese dann an ein passendes Unternehmen weitervermittelt.

Doch Wolfgang und Tobias T. sind sich bewusst, dass ihnen diese Herausforderung eine Menge Aufgaben stellt. Aber nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stark!“, macht es ihnen sehr viel Spaß, sowohl das eigene Unternehmen, als auch das Bauhandwerk regional zu stärken.

 

Marketingbaukasten einer gewerblichen Verbundgruppe

 

Große Hilfe kann im Marketing ein Verbundgruppen-System bieten, bei dem ein zentraler Marketingbaukasten angeboten wird. Hier bekommen die Mitglieder einer Kooperation tatkräftige Unterstützung durch die Verbundgruppen-Zentrale.

Durch das regionale Zusammenarbeiten der Handwerksbetriebe unter ein und demselben Namen kann die Werbung am regionalen Markt erweitert und intensiviert werden. Von der Zentrale der Verbundgruppe wird zusätzlich ein bundesweites Marketing für die Verbundgruppe betrieben, so dass die angeschlossenen Verbundgruppen-Partner die Synergieeffekte für sich nutzen können.

Eine solche Verbundgruppen-Zentrale stellt für seine Partner einen Marketingbaukasten bereit, den diese dann nach Belieben nutzen können, um regional eine hohe Aufmerksamkeit zu erreichen. Bestandteile eines solchen Marketingbaukastens können bereits erstellte Flyer sein, die nur noch auf die verschiedenen Partner angepasst werden müssen, auf die Zielgruppe zugeschnittene Zeitungsanzeigen, Briefvorlagen, Streuartikel oder durchstrukturierte Internetseiten, die für jeden Handwerksbetrieb sehr leicht individuell angepasst werden können.

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