Schöner hören
Der neue Probesaal des Orchesters der Staatsoper Hannover
Die Musiker des Orchesters der Staatsoper Hannover erhielten einen Probesaal, der genau auf ihre raumakustischen Anforderungen zugeschnitten ist. Die schallentkoppelte Raum-in-Raum-Lösung, die in Abstimmung des Akustikers mit der Firma Germerott entstand, sorgt für Klangreinheit im Saal.
Maßstäbliche Pläne
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Obwohl die Musiker des Staatsorchesters Hannover im neuen Saal nicht vor Publikum spielen, sind die Ansprüche an den Raumklang hier von besonderer Bedeutung: Die Musiker müssen sich beim gemeinsamen Proben nämlich untereinander gut hören können, um das Zusammenspiel harmonisch aufeinander abzustimmen. Die Grundlage dafür schuf ein Akustikkonzept, dessen Umsetzung vor, während und nach den Umbauarbeiten genau überprüft wurde.
Senkung des Grundgeräuschpegels
Die Wand-, Decken- und Bodenflächen des 9 m hohen Probesaals messen zusammen rund 1400 m2. Messungen vor Beginn der Umbauarbeiten und Befragungen der Musiker durch den Akustiker standen am Anfang des Projekts. „Wie bei jeder raumakustischen Planung ist auch für einen Orchesterproberaum ein sehr niedriger Grundgeräuschpegel die erste Voraussetzung“, erläutert Akustiker Vladimir Szynajowski. „Bereits bei einem Grundgeräuschpegel von 30 dB(A) ist bei einigen Instrumenten die untere Grenze des Dynamikbereichs stark gestört und subtile Klangnuancen können nicht mehr ausreichend wahrgenommen werden. Aus diesem Grund wurde für den Probesaal in Hannover ein Schallimmissionsgrenzwert von maximal 25 dB(A) festgelegt, der auch bei einem Luftdurchsatz von 10 000 m3/h eingehalten werden sollte“, so Szynajowski.
Die Einhaltung dieses niedrigen Grundgeräuschpegels gewährleisten zwei wichtige Eckpfeiler des akustischen Konzepts: Um die Strömungsgeräusche der Lüftungsanlage zu reduzieren, wurden großzügig dimensionierte Austrittsflächen erstellt. Sie finden sich dezent etwa im unteren Bereich der „Dirigentenwand“ und in der Podesterie. Die gemessene Luftaustrittsgeschwindigkeit beträgt bei diesen Auslassbereichen geringe 0,16 m/s, was eine nicht nur geräuscharme, sondern auch eine zugfreie Einbringung der Frischluft garantiert.
Konsequent schallentkoppelt: Boden, Decke, Wände
Für eine weitere Reduzierung des Geräuschpegels sorgt die Raum-in-Raum-Bauweise: „Die gesamte Innenschale inklusive der Boden- und Deckenflächen wurde konsequent vom bestehenden Baukörper schallentkoppelt hergestellt“, erläutert Frank Fenselau, Geschäftsführer der Firma Germerott Innenausbau aus Gehrden. So entstand zum Beispiel die Boden-unterkonstruktion auf dem vorhandenen Betonestrich aus C-Profilen auf Polymerlagern mit einer eingelegten Mineralwolldämmung und einer Auflage aus verleimten und verschraubten Holzwerkstoffplatten.
Weit aufwendiger gestalteten sich die Arbeiten an den Deckenflächen. „In einem ersten Schritt haben wir eine Unterdecke aus zwei Lagen ,Rigips Feuerschutzplatten RF’ erstellt. Hierfür haben wir eine Unterkonstruktion aus ,UA 50’-Profilen als Grund- und ,CD 60/27/06’ als Tragprofile mit schwingungsentkoppelnden Befestigungselementen an den vorhandenen Stahlträgern montiert. Die Abhanghöhe betrug etwa 500 mm. Anschließend haben wir 80 mm dicke Mineralwollematten auf die Unterkonstruktion gelegt und gleitsicher befestigt. Zur Verbesserung der Schallschutzeigenschaften haben wir zwischen die beiden Plattenlagen zusätzlich eine 5 mm dicke Bitumenbahn eingelegt“, erklärt Frank Fenselau.
Von dieser Gipsplatten-Unterdecke wiederum wurde über Noniusabhänger die Tragkonstruktion für die Sichtdecke aus gefalteten Gipskartonelementen abgehängt. Die Faltelemente bestehen aus den leistungsstarken Schallschutzplatten „Rigips Die Blauen“ und weisen jeweils eine Schrägstellung von 21 Grad auf einer Länge von 1250 mm auf. Sie sorgen so für eine gleichmäßige Schallstreuung. „Insbesondere das Anbringen der großen Faltelemente erforderte aufgrund der Kürze der Bauzeit ein hohes Maß an Vorplanung und Vorfertigung. Sämtliche Anschlüsse der Decke an die Massivwand wurden mithilfe eines Rotationslasers exakt justiert und elastisch mit Ein-Komponenten-Dichtstoff verfugt“, so Frank Fenselau.
Formen und Materialauswahl
erzielen beste Ergebnisse
Der raumakustische Entwurf basiert in seinen Überlegungen auf einer mittleren Orchesterbesetzung, was in etwa 80 Musikerinnen und Musikern entspricht. Für die Herstellung einer ausreichenden Schalldiffusität wurden neben der Deckenfläche auch die Wände prismatisch geformt. Hierfür erhielten die 9 m hohen umlaufenden Wände Vorsatzschalen aus Rigips-Profilen mit einer eingelegten Mineralwolledämmung („Isover Akustik TP 1“). Der Ständerabstand betrug 625 mm, und die Vorsatzschalen wurden an den vorhandenen Betonstützen (Abstand etwa 5 m) schwingungsentkoppelt befestigt. Die Beplankung gleicht derjenigen der Deckenlösung: zwei Lagen „Feuerschutzlatten RF“ (12,5 mm) mit einer eingelegten Bitumenbahn zur besseren Schalldämpfung. „Die Wandinnenseiten wurden als selbsttragende Konstruktion aus Konstruktionsvollholz ausgeführt, die mit Elementen von unterschiedlichen Schallabsorptionsgraden ausgefacht wurde, wodurch die Nachhallzeit im gesamten relevanten Frequenzbereich eingestellt werden konnte. Hier sorgt die Kombination aus unterschiedlichen Materialien wie Blähglasgranulat-Platten, Holz oder ,Rigiton Lochplatten 8/18 R’ für das gewünschte Ergebnis“, berichtet Frank Fenselau.
Die Nachhallzeit des unbesetzten Orchesterproberaums beträgt bei mittleren Frequenzen etwa 1,0 s und fällt bei einer Besetzung von 80 Personen auf
0,8 s ab. Der Unterschied der Nachhallzeit im besetzten Zustand beträgt in den Frequenzen von 250 Hz bis 2 kHz weniger als 10 Prozent. Für die Eigenkontrolle und zur Unterstützung des gegenseitigen Hörens der Musiker hat man unterhalb der prismatisch geformten Decke zusätzlich Schallreflektoren angebracht, die oberhalb von etwa 500 Hz eine geometrische Schallreflexion bewirken. Der Grundgeräuschpegel des Orchesterprobesaals, der im Wesentlichen durch die Lüftungsanlage bestimmt wird, lag bei der Abschlussmessung bei nur 23 dB(A).
Für die Architektur- und Bauexperten der 9. Rigips Trophy 2013 I 2014 gab es für ihre Entscheidungsfindung nur wenig Diskussionsbedarf: Die in dieser schallentkoppelten Raum-in-Raum-Lösung umgesetzten Ideen, die zielführende Kombination unterschiedlicher Materialien, die edle Ästhetik der Oberflächen und natürlich die nachgewiesen und von den Musikerinnen und Musikern der Staatsoper bestätigte hervorragende Raumakustik des umgebauten Orchesterprobesaals waren gute Gründe, um die Firma Germerott Innenausbau zum Gewinner im Leistungsbereich Akustiksysteme zu küren.