Totalsanierung unter Zugzwang
Mehr als die Hälfte aller öffentlichen Parkhäuser und Tiefgaragen in Deutschland müssen dringend saniert werden. Den warnenden Hinweisen von Fachleuten auf den bedenklichen Zustand ungeschützter und unzureichend gewarteter Betonbauteile folgt jedoch viel zu selten eine Reaktion seitens der Betreiber.
Ganz anders im bayerischen Günzburg: Hier haben die Stadtwerke auf den fachmännischen Rat erfahrener Bautenschützer aufgeschlossen reagiert und gründliche Untersuchungen der Bausubstanz einer stark frequentierten Tiefgarage in der City veranlasst. Die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten wurden unverzüglich in Auftrag gegeben: Auf insgesamt 2,15 Millionen Euro beliefen sich die Kosten der Sanierung, die im Herbst 2011 erfolgreich abgeschlossen wurde.
Aus Beton errichtete Parkhäuser und Tiefgaragen sind der Bewitterung und dem Verschleiß durch hohe Fahrzeugfrequenz und nutzungsbedingten Schadstoffeintrag in erheblichem Maße unterworfen. Gefährlich für die Statik der Betonbauteile sind vor allem Tausalze, die im Winter mit dem Schneematsch hereingelangen, durch feinste Risse in die Oberfläche eindringen und dort zersetzend wirken. Mit der Zeit führt das Nachsickern des salzhaltigen Tauwassers zur Korrosion des Armierungsstahls, der dem Betonbauteil im Inneren eigentlich Stabilität verleihen soll. Die Folge ist Lochfraß an der Bewehrung. Ohne Gegenmaßnahmen resultiert daraus irgendwann zwangsläufig das Versagen der Stahlarmierung. Besonders tückisch: Das Schadensausmaß wird oft erst bemerkt, wenn es schon fast zu spät für die nötige Instandsetzung ist.
In der Günzburger Tiefgarage war seit der Errichtung des Gebäudes in den Jahren 1986/87 kaum etwas für den Erhalt der Bausubstanz getan worden. Weitgehend noch im Urzustand präsentierten sich beispielsweise die Fahrspuren, die weder bei der Errichtung noch während der Folgejahre vor Belastungen durch Nässe und Verschleiß geschützt worden waren. Ähnlich bedenklich schien der Zustand, den Decken und Wände boten: betongrau, von Rostfahnen überzogen, unansehnlich. Kurz: Von professionellem Bautenschutz fehlte hier jede Spur.
Fortgeschrittene Korrosion der Betonbauteile
Keineswegs harmlos war dann auch das Schadensbild, das sich den Ingenieuren der IPG Instandsetzungsplanungs GmbH aus Freising bot: Weit fortgeschrittene Chloridkorrosion hatte mehrere Bereiche der Tiefgarage erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Bei einer eingehenden Untersuchung traten gravierende Bauschäden zutage: „Etliche Betonbauteile wiesen Abplatzungen und fortgeschrittene Schädigungen auf. Besonders im Fugenbereich der Decken kam es zur Gefährdung von Passanten und Fahrzeugen durch herabfallende Betonteile und Wasserdurchtritt. Ursächlich hierfür war die Undichtigkeit der Bauwerksfugen und durchsetzenden Risse im Boden und in der Decke der Tiefgarage“, beschreibt IPG-Geschäftsführer Konrad Zorzi den Zustand des Gebäudes vor Beginn der Sanierung.
Bei der Erstuntersuchung stellte man zudem fest, dass die vielbefahrenen Flächen nicht beschichtet worden waren; im Zuge weiterer Untersuchungen traten substanzielle Schädigungen zutage, für die Chlorideintrag als ursächlich gilt, der sich auf die fehlende Beschichtung sowie auf undichte Fugenprofile zurückführen ließ. Alles in allem waren der Betonboden im Untergeschoss und die Zwischendecke so stark angegriffen, dass die Stahlarmierung freigelegt, entrostet, gegen Durchrosten geschützt und die Betonflächen Schicht für Schicht wieder aufgebaut werden mussten. Es war also weit mehr zu tun als nur den vormals versäumten Oberflächenschutz nachträglich aufzubringen.
Systematische Instandsetzung
Gemäß dem komplexen Schadensbild musste zunächst einmal ein systematisches Instandsetzungskonzept erarbeitet werden. Im Anschluss galt es, eine objektspezifische Ausschreibung zu erstellen, die den Sicherheitsbedürfnissen der Parkgäste, der Notwendigkeit einer grundlegenden und dauerhaften Ertüchtigung des Baukörpers wie auch den wirtschaftlichen Interessen der Betreiber gleichermaßen Rechnung trug. Das Konzept der IPG sah vor, die vielgenutzte Tiefgarage bei laufendem Parkbetrieb in Teilabschnitten zu sanieren und dabei zugleich lichttechnisch und energetisch umfassend auf den neusten Stand zu bringen.
Im Januar 2011 begannen die Instandsetzungsarbeiten an dem fast 25 Jahre alten Betonbau, der rund 350 Stellplätze auf zwei Ebenen umfasst. Nach einem dreiviertel Jahr hatte die Firma BS Bauschutz aus Allershausen die Beschichtungsarbeiten auf einer Gesamtfläche von 6000 m² abgeschlossen. Um eine zeitgemäße optische Wirkung zu erzielen, hatte der Hersteller der Disbon-Bautenschutzprodukte, Caparol Industrial Solutions aus Ober-Ramstadt einen Gestaltungsentwurf ausarbeiten lassen. Danach orientiert sich die Farbgebung der Decken und Wände einschließlich der Bereichsmarkierungen am Boden an den Stadtfarben Günzburgs: Rot und Weiß, während sich die Parktaschen und Fahrspuren in abgestuften Grautönen präsentieren.
OS 8 mit erhöhter Verschleißschichtdicke
Rissüberbrückende Systeme sind wesentlich kostenintensiver als starre Varianten, wie die verwendete spezielle OS 8-Beschichtung für Fahrbahnen, Tiefgaragen und Rampen. Daher liegt es nahe, starre Systeme aus wirtschaftlichen Gründen auch auf Untergründen einzusetzen, die zur Rissbildung neigen. Die Dichtigkeit der Fläche muss dann allerdings durch entsprechend häufige Begehungen und durch Ausbesserungsarbeiten im Zuge eines objektspezifischen Wartungsplans aufrechterhalten werden. Die Kosten für die Wartung und Erhaltung des Bauwerks steigen dadurch zwar, jedoch ergeben sich bei der Erstbeschichtung nicht unerhebliche Einsparungen. Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der für OS 8 als Beschichtungsvariante spricht, ist die Tatsache, dass starre Systeme, speziell in Verbindung mit einer Erhöhung der Verschleißschichtdicke, wesentlich dauerhafter und robuster als elastische Systeme sind. Wirtschaftlichkeitsberechnungen machen deutlich, dass sie ein nennenswertes Einsparpotenzial erschließen. Dabei gilt es, die Kosten für die Erstbeschichtung, für Neubeschichtungen aufgrund von nutzungsbedingtem Verschleiß sowie für Wartungs- und Reparaturarbeiten auf eine vordefinierte Nutzungsdauer hin zu betrachten. In Günzburg fiel diese Betrachtung eindeutig positiv zugunsten einer OS 8-Beschichtung der Zwischendecken aus.
Geeignetes Fugenmaterial
Nicht nur bei flächigen Beschichtungen ist eine genaue Betrachtung der Materialeignung notwendig, dies gilt insbesondere auch für mechanisch hoch belastete Bereiche wie zum Beispiel Fugen. Hierfür sind auf dem Markt spezielle Fugenabdichtungssysteme erhältlich, die eine hohe Elastizität und eine enorme Robustheit gegenüber mechanischen und chemischen Angriffen auf die Oberfläche der Systeme aufweisen. Wichtig für den Handwerker ist bei der Auswahl, die Zulassungen und Eignungsprüfungen der eingesetzten Systeme genauestens zu beachten, um Applikationsfehler zu vermeiden.
Alternativ zu den konventionellen Fugenprofilen werden in jüngster Zeit elastische und hochbelastbare Spritzfolien eingebaut, die in Verbindung mit einer Vlieseinlage zum Einsatz kommen. Als Beispiel kann hier das Disbon-Fugenabdichtungssystem angeführt werden. Es basiert auf Polyurethan, wurde vielfach auf seine Eignung geprüft und verfügt über alle erforderlichen Zulassungen. In der Forum-Tiefgarage in Günzburg erhielt es aufgrund seiner langen Lebensdauer und Wirtschaftlichkeit den Vorzug.
Lichtausbeute optimiert
Ständig steigende Energiekosten zwingen Parkhausbetreiber, gezielt nach Einsparmöglichkeiten zu suchen. Bei Decken- und Wandanstrichen kommt es daher auch auf die Langlebigkeit des gewählten Anstrichs an. Dafür sind eine geringe Verschmutzungsneigung sowie eine hohe Helligkeit der Farbe wichtig, die das vorhandene Licht bestmöglich reflektieren soll. Diesem Anspruch wird in Günzburg Disbon OS 6331 Reflect gerecht: Diese neuartige Wand- und Deckenfarbe wurde speziell auf Betonoberflächen abgestimmt und verfügt im Systemaufbau über die Zulassung als OS 4 Beschichtungssystem. Wie ein Vergleich mit preisgünstigen Wandfarben im Objektgeschäft zeigt, ist mit dem Disbon-Produkt von einer etwa 50 Prozent längeren Lebensdauer auszugehen.
Disbon OS 6331 Reflect ermöglicht außerdem, den Strombedarf für den Betrieb der Leuchtmittel merklich zu reduzieren. Das liegt am hohen Lichtindex der neuentwickelten Farbe. Vergleichende Messungen und Berechnungen eines Beleuchtungsherstellers haben ergeben, dass auf der Nutzebene eines Musterparkhauses gut und gerne 10 Lux, also rund 30 Prozent mehr Helligkeit herrschen, als bei Verwendung herkömmlicher Anstrichmittel.
Tiefgarage in der Günzburger Altstadt von Grund auf instandgesetzt
Baubeteiligte
Betreiber SWG Stadtwerke Günzburg
Planung, Ausschreibung, Bauleitung IPG Instandsetzungsplanungs GmbH, Freising
Sanierungsarbeiten Bauschutz GmbH & Co. KG, Allershausen
Bautenschutzprodukte Caparol Industrial Solutions GmbH (CIS) Geschäftsbereich Disbon, Ober-Ramstadt