Zauberwürfel: Neue ThyssenKrupp Konzernzentrale in Essen

Nach nur drei Jahren Planungs- und Bauzeit wurde im Juni 2010 die neue Konzernzentrale der ThyssenKrupp AG in Essen fertiggestellt. Herz des in sich geschlossenen Ensembles nach Plänen von JSWD Architekten und Chaix & Morel et associès ist das mit Q1 bezeichnete Headquarter.

Auf dem insgesamt 17 Hektar großen ThyssenKrupp Quartier, direkt am Rand der Innenstadt von Essen, hat der weltweit tätige Werkstoff- und Technologiekon-zern zahlreiche Verwaltungen aus verschiedenen Standorten zusammengeführt und mit der Konzernspitze vereint. Das Herz des Ensembles ist das mit Q1 bezeichnete Headquarter, das ebenso wie das Forum (Q2) sowie die zwei flankierenden Verwaltungsbauten Q5 und Q7 an die zentrale Wasserachse im Quartier angrenzt.

 

Harmonisches Erscheinungsbild des Ensembles

Mit einer Höhe von 50 m überragt der von zwei riesigen Panoramafenstern durchbrochene Kubus Q1 alle übrigen Bauten auf dem Campus, ohne diese jedoch unangemessen zu dominieren. Das harmonische Erscheinungsbild der im ersten Bauabschnitt fertig gestellten Gebäude ist auf das übergeordnete Gestaltungsmotiv „Schale – Kern“ zurückzuführen, wonach sich die nach innen orientierten Fassaden in einer Haut aus großformatigen, farbigen Glattblechen zeigen. Die zu den Freianlagen orientierten Außenseiten verkörpern dagegen das Bild der „rauen Schale“, die beim Headquarter in Form von horizontalen Lamellen beziehungsweise leicht gekanteten Lochblechen beim Forum zugleich als außen liegender Sonnenschutz fungiert. Bei den Bürogebäuden Q5 und Q7 greift die spielerische Struktur aus horizontalen und vertikalen Edelstahllamellen diesen Gedanken auf. Diese Konzeption einer einheitlich von Stahl und Glas geprägten, transparenten Gebäudehülle ist der Schlüssel zum homogenen, architektonisch hochwertigen Gesamteindruck des neuen ThyssenKrupp Hauptquartiers.


Systemtrennwände und Brandschutzanforderungen

Die Idee der Transparenz sollte auch im Inneren konsequent verwirklicht werden. Dabei kommt den Innenwänden eine wichtige Rolle zu. Einerseits sollten sie das Licht ins Innere der Gebäude leiten, andererseits für Konzentration und einen gute Raumakustik sorgen. Eine weitere zentrale Vorgabe war die einfache Versetzbarkeit der Wände, um flexibel auf organisatorische Veränderungen reagieren zu können. Die Wahl fiel auf das Trennwandsystem 2000 und das darauf abgestimmte Absorbersystem 7000 von Strähle. Insgesamt wurden 3500 m raumhohe Ganzglaselemente in den Fluren verbaut. Wo aus Gründen des Brandschutzes erforderlich, kamen F30-Glaswände und T30-Glastüren mit optisch identischer Innen- und Außenansicht zum Einsatz. Weitere 3500 m fungieren als Bürozwischenwand in der Ausführung als Vollwand mit flächenbündig integrierten Absorberelementen. Letztere verbinden wirksame Absorption mit hohem Schallschutz.

Maßgeblichen Anteil an den inneren Trennwänden haben auch die Türanlagen von Hörmann, die sich in allen Gebäuden auf dem Campus als flächenbündig in die Wände eingebaute, stumpf schließende Türen (STS) in verschiedenen Brandschutzanforderungen wiederfinden. Im Hauptquartier sind die Türen passend zur Wandbekleidung mit TK Steel belegt und rahmenlos auf das Fugenbild ausgerichtet. Den hohen Anforderungen an die Optik und Qualität genügen auch die T-30 Systemwände (S-Line) von Hörmann im Forum und in der Tiefgarage.


Raum der Stille im Getöse

Ein ganz besonderer Raum im ThyssenKrupp Ensemble in Essen ist der erst kürzlich eröffnete „Raum der Stille“. Architektonisch anspruchsvoll in der Umsetzung, erschließt sich dem Besucher das Besondere aber erst im Inneren einer Raumfolge aus langgestrecktem, hohem Vorraum und angrenzendem Hauptraum: Ein großer quadratischer Kubus scheint hier vollkommen frei im Raum zu schweben. Ein visueller Effekt, der durch die absolut einheitliche, fugenlose Gestaltung von Boden, Wand und Decke noch verstärkt wird. Angesichts der großen Flächen und der stimmigen Details zeigte er sich auch handwerklich als echte Herausforderung.

Der äußerlich unauffällige Raum reiht sich dezent in die angrenzende Abfolge von Konferenzsälen im Forum (Q2) ein. Erst der Blick ins Innere macht ihn spektakulär. Hier, im 135 m2 großen und 7 m hohen Hauptraum, scheint ein nach unten offener, großer Kubus frei im Raum zu schweben. Ganz ohne Bodenkontakt und im Deckenbereich quasi freigestellt durch ein umlaufendes Oberlicht. Dieser schwebende Kubus zentriert die gesamte Raumeinheit. In seinem Inneren taucht eine animierte Lichtdecke die Wandverkleidung aus Hunderten von fingerförmigen Titan-Schindeln effektvoll in blaues Licht und löst so deren Materialität scheinbar auf, wodurch der schwebende Charakter des Kubus weiter verstärkt wird.

 

Handwerkliches Geschick auf großer Fläche

Im „Raum der Stille“ sind alle Wände, die Decke, der äußere Kubus und auch der Boden mit nur einem Material belegt. Zum Einsatz kam Pandoma, ein monolithisches System von Ardex zur fugenlosen, individuellen Oberflächengestaltung – durchgängig eingefärbt in einem lichten Creme-Ton. So entstand ein Raum wie aus einem Guss in einem klaren, reduzierten Design. Die Umsetzung erforderte von den ausführenden Stuckateuren der Firma Heinz Vorwerk aus Warendorf viel Erfahrung und einiges an handwerklichem Geschick. Allein die schiere Größe der einzelnen Wandflächen von 12 bis 13 m Länge, verbunden mit einer Raumhöhe von 7 m, ist beeindruckend. Hinzu kommen die 20 beziehungsweise 30 m2 große Flächen ganz oben an der Decke und die nicht weniger schwer zu erreichenden Außenflächen des frei im Raum hängenden Kubus. Die besondere Herausforderung: Trotz dieser nicht ganz einfachen Arbeitsbedingungen hatten die Warendorfer Profis eine absolut durchgängige Optik mit gleichmäßigem Farbabsatz auf allen Flächen zu gewährleisten.

 

Präzise Ausführung im Detail

Bauseits vorgefunden haben sie eine Trockenbau- und Betonkonstruktion, zum großen Teil belegt mit Kapillarrohrmatten zur Bauteiltemperierung. Im ersten Schritt wurden diese Flächen zunächst verputzt, zweifach gespachtelt und nachfolgend geschliffen. Darauf aufbauend, verlegte man dimensionsstabiles Rapid-vlies zur Herstellung glatter, gleichmäßiger und strapazierfähiger Oberflächen. Auf dem so sorgfältig vorbereiteten Untergrund erfolgte nun der Auftrag von Pandoma W1, einem vielseitigen Dekorspachtel auf zementärer Basis.

Zunächst wurde die ursprünglich weiße Spachtelmasse präzise im lichten Creme-Ton gleichmäßig abgemischt und nachfolgend Fläche für Fläche aufgebracht. Immer frisch in frisch, damit keine sichtbaren Ansätze entstehen. Die Schichtdicke betrug in der Regel etwa
2 mm. Dabei erwies sich der Dekorspachtel in der Praxis als leicht und schnell verarbeitbar. Die einzelnen Kellenschwünge blieben dabei bewusst erhalten und verleihen dem Raum seine individuelle Handschrift. Nach dem Aushärten wurden die Flächen in zwei Durchgängen geschliffen, poliert und abschließend mit Pandomo-Steinöl versiegelt. So sind sie auch schmutz- und flüssigkeitsabweisend imprägniert. Durch die Politur entstanden die gewünschten matt glänzenden, homogenen Oberflächen in Steinoptik.

Trotz der großen Flächen achtete das Team um Frank Vorwerk besonders auf die Details. Selbst die Ausbildung von Schattenfugen war problemlos möglich. Für den durchgängigen Anschluss im System am Boden sorgten die Spezialisten der Firma Otto Aman aus Beelen mit dem zum System gehörenden Produkten Floor und Loft. Fugenlos auf 135 m2 verlegt, vermittelt der Boden den Eindruck einer gewachsenen Steinplatte. Durch die Gleichbehandlung aller Oberflächen entstanden so Boden, Wand und Decke in einem einheitlichen Look.

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