Editorial über Schadstoffe in Gebäuden und die Bauwende
Die Ende vergangenen Jahres verabschiedete neue Gefahrstoffverordnung hat für große Entrüstung in der Baubranche gesorgt. Denn die Empfehlungen aus dem dreijährigen nationalen Astbestdialog wurden nicht zum Schutz der Handwerksbetriebe umgesetzt. Diese sind nun für Schadstoff-Proben zuständig. Im Rahmen des Nationalen Asbestdialogs hatten allerdings Experten eine anlassbezogene, zweistufige Erkundung vor Baubeginn durch den Bauherren empfohlen.
Was die neue Gefahrstoffverordnung aber klar macht: Der Bauherr hat umfangreiche Informationspflichten und ist somit nicht aus dem Schneider. Er muss alle wichtigen Fakten über das Gebäude und die Nutzungsgeschichte zusammentragen, damit der Handwerker einschätzen kann, ob mit Schadstoffen wie Asbest zu rechnen ist. Das machte die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) in ihrem Pressegespräch Ende Februar deutlich.
Da die neue Gesetzeslage für die ausführenden Betrieben eine große Herausforderung darstellt, haben wir uns für das Top Thema Gefahrstoffe in dieser Ausgabe der bauhandwerk entschieden und informieren über mehrere Aspekte zum Thema. Wie lassen sich asbesthaltige Abstandhalter in Betonbauten finden und entfernen? Mit diesem Thema befassten sich gleich drei Referenten auf dem Schadstoffkongress DCONex in Münster, der mit rund 1200 Besucherinnen und Besuchern großen Anklang fand. Die Kluge Sanierung GmbH berichtete beispielsweise über Fräsverfahren, die sie getestet hat (ab Seite 14). Welche Schadstoffe in Gebäuden mit dem Baujahr vor Oktober 1993 generell vorkommen, darüber gibt die Firma deconta ab Seite 18 einen Überblick. Wie wird Asbest analysiert und wie funktionieren Schnelltest-Kits? Das haben wir uns von zwei Laboren erklären lassen (ab Seite 22).
Das Thema Schadstoffe lässt sich aber nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes betrachten, sondern auch hinsichtlich des Klimaschutzes. Die Diskussion um die Bauwende hat Fahrt aufgenommen und stellt die Baubranche ebenso vor weitreichende Herausforderungen. Konkret geht es dabei um eine Hinwendung zu einer nachhaltigeren Bauweise, die sparsam mit Materialien umgeht. Ohne recycelte, also auch von Schadstoffen befreite Baustoffe, kommen wir aber nicht vom Fleck.
Doch die Gesetzgebung hinkt massiv hinterher. Recycelte Baustoffe haben noch gar keinen Produkt-Status und gelten als Abfall. Das macht es schwierig, sie beispielsweise bei öffentlichen Ausschreibungen zu berücksichtigen. Und auch private Bauherren, die laut einer Umfrage von Bosch Power Tools mehrheitlich auf die Verwendung nachhaltiger Materialien Wert legen, brauchen Qualitätskriterien. Zumindest hat die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) mit dem DGNB-Navigator eine Bauprodukteplattform für die Auswahl geeigneter Bauprodukte für die Planung nachhaltiger Gebäude geschaffen.
Viele Baustofffirmen, wie beispielsweise Saint-Gobain Weber, entwickeln kreislauffähige Systeme und machen Handwerkern Mut, dass auch sie zum Klimawandel beitragen können und dabei wettbewerbsfähig bleiben (ab Seite 6).
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren Projekten!
Michaela Podschun
bauhandwerk-Redakteurin