Hotel Wilmina gewinnt den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur
Der diesjährige Gewinner von Deutschlands renommiertem Architekturpreis für nachhaltige Gebäude ist das Hotel Wilmina in Berlin. In der gelungenen Umnutzung eines ehemaligen Frauengefängnisses sieht die Jury ein hervorragendes Beispiel für die Nachverdichtung im Gebäudebestand bei gleichzeitig verantwortungsvollem Umgang mit einem schwierigen Erbe.
Der von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. mit vergebene Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur feiert in diesem Jahr zehnjähriges Bestehen. Die Preisverleihung fand im Rahmen des 15. Deutschen Nachhaltigkeitstages in Düsseldorf statt.
„Die Transformation des Bau- und Immobiliensektors hin zur Nachhaltigkeit schaffen wir nur im Umgang und Erhalt unseres Gebäudebestands. Das Hotel Wilmina zeigt auf vorbildhafte Art und Weise, wie aus nicht mehr genutzter Bausubstanz ein lebendiger Ort entstehen kann, der so nie hätte neu gebaut werden können“, sagt Prof. Amandus Samsøe Sattler, DGNB-Präsident und Vorsitzender der Jury. „Mit gezielten Eingriffen gelingt es, das schwierige Erbe eines ehemaligen Frauengefängnisses in einen innerstädtischen Ort der Ruhe zu transformieren. Dieser zukunftsfähige, kreative und sensible Umgang mit unserem Bestand ist unbedingt nachahmenswert.“
Hotel Wilmina als nachhaltig-ästhetisches Beispiel für Bauen im Bestand
Das Hotel Wilmina in Berlin
Foto: Wilmina/Robert Rieger
Zusammen mit dem zugehörigen Strafgericht wurde das Frauengefängnis 1896 von den Architekten Adolf Brückner und Eduard von Fürstenau gebaut und 1985 geschlossen. Inhaftiert waren darin mitunter Menschen, die sich dem Naziregime widersetzten. Heute gehört zu dieser Anlage neben den Hotelzimmern im früheren Frauengefängnis, der Kultur- und Veranstaltungsort „Amtsalon“ sowie eine Hotelrezeption im ehemaligen Gerichtsgebäude, ein Restaurant und ein exklusiv für Hotelgäste zugänglicher begrünter Innenhof, das „grüne Zimmer“.
Mit minimalen Eingriffen sei es den Projektverantwortlichen gelungen, die positiven Eigenschaften der Substanz zu erhalten und wo nötig, Bestehendes aufzuwerten. So wurde aus den bedrückenden Räumlichkeiten eine einladende, freundliche Atmosphäre, ohne die Geschichte zu verschließen. Dabei halfen die partiellen baulichen Eingriffe wie der Rückbau von Zwischenebenen, die denkmalschutzgerechte Vergrößerung von Fensterflächen und die Schaffung zahlreicher Sichtbeziehungen im Innenraum. Aus dem zuvor versiegelten Innenhof wurde ein verwunschener Garten, der ein angenehmes Mikroklima schafft und zugleich die Artenvielfalt fördert.
Im Vergleich zu einem Neubau wurden beim Hotel Wilmina CO2-Emissionen, Bauschutt und Transportemissionen signifikant reduziert. Zudem wurde ein konsequenter Lowtech-Ansatz mit minimalem Einsatz von technischer Gebäudeausrüstung verfolgt. Grüntuch Ernst Architekten setzten bei dem Projekt stattdessen auf die thermisch wirksame Masse der Bausubstanz, die die passive Regulierung der klimatischen Bedingungen möglich macht. Die Dachaufstockung erfolgte unter Einsatz natürlicher Materialien wie Massivholz und mit Verzicht auf Verbundbaustoffe.
Umgang mit Bestand auch Thema der drei Finalisten
Neben dem Hotel Wilmina hatten es dieses Jahr drei weitere Projekte in das Finale geschafft. Sie alle zeichnen sich durch einen vorbildhaften Umgang mit dem Thema Bestand aus. Mit dabei war das Rathaus Korbach, das als Pionier des Urban Minings gilt, der Erweiterungsbau des Landratsamtes in Starnberg, der sich nahtlos in die jahrzehntealte Bestandsstruktur einfügt, und die in Holz-Beton-Hybridbauweise errichtete IGS Integrierte Gesamtschule Rinteln.
Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur
Foto: DGNB
Bereits zum zehnten Mal wurde der Deutsche Nachhaltigkeitspreis Architektur von der DGNB und der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis gemeinsam vergeben. Die Auszeichnung wird zudem unterstützt durch die Bundesarchitektenkammer, den Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, die Bundesstiftung Baukultur sowie Caparol.
Die Jury des Preises setzte sich in diesem Jahr zusammen aus Prof. Thomas Auer (TUM), Martin Haas (haas cook zemmrich STUDIO 2050), Angelika Hinterbrandner (Kontextur und spaceforfuture.org), Prof. Dr.-Ing. Anke Karmann-Woessner (Stadtplanungsamt Stadt Karlsruhe), Markus Lehrmann (Architektenkammer Nordrhein-Westfalen), Reiner Nagel (Bundesstiftung Baukultur), Prof. Amandus Samsøe Sattler (DGNB und ensømble studio architektur), Marika Schmidt (mrschmidt Architekten GmbH) sowie Prof. Dr. Guido Spars (Bundesstiftung Bauakademie).
Weitere Informationen sowie die Jurybegründungen im Detail gibt es unter www.nachhaltigkeitspreis.de/architektur und www.dgnb.de