Lichtdurchflutete Dachaufstockung eines alten Winzerhauses in Krems
Innerstädtische Nachverdichtung und eine bestmögliche Tageslichtnutzung im Gebäude waren dem Architektenpaar Christine und Franz Leuthner besonders wichtig bei ihrem Umbau eines Winzerhauses im niederösterreichischen Krems.
Beim Umbau des Winzerhauses in Krems gelang es, die bestehende Fassade möglichst unverändert zu bewahren, gleichzeitig aber den Altbau energetisch zu sanieren und behutsam zu ergänzen
Foto: Velux / a-lp architektur / Jörg Seiler
Das frühere Kremser Winzerhaus mit Ausschank ist solide aus Naturstein und Ziegel gebaut und fügt sich in einen engen Straßenzug ein, der von meist zweigeschossigen Altbauten gesäumt ist. Beim Umbau des Gebäudes galt es, die bestehende Fassade möglichst unverändert zu bewahren, gleichzeitig aber den Altbau energetisch zu sanieren und behutsam zu ergänzen. Durch die Lage an einer Geländekante musste die Erweiterung wesentlich in die Höhe geschehen. Nach dem Entfernen des bisherigen Daches wurde die bestehende Dippelbaumdecke, bei der auf drei Seiten bearbeitete Holzstämme direkt nebeneinander verlegt wurden (auf der oberen Seite bleibt die Rundung des Stamms erhalten), mit einer neuen Betondecke verstärkt. Diese dient nun als Untergrund für die neue Dachkonstruktion. Sie wurde zweigeschossig aus Holz ausgeführt und orientiert sich bei Trauf- und Giebelhöhe an den Nachbarbauten. Durch die Enge der Wiener Straße, in der der Ziegelbau steht, und die Form des Satteldachs fällt der Eingriff äußerlich nicht bedeutend im Stadtbild auf.
Dachgeschoss gekonnt mit Tageslicht inszeniert
Viel Tageslicht kommt durch die Dachfenster im Firstbereich und durch Fensterkombinationen, die als Lichtbänder fast vom Boden bis zur Decke reichen, hinein
Foto: Velux / a-lp architektur / Jörg Seiler
Mit der Erweiterung um zwei Etagen im früheren ungenutzten Dachraum hat der Altbau heute zwei Wohnungen mehr zu bieten, zusätzlich zu der bereits bestehenden großen Erdgeschosswohnung und zwei Wohnungen im ersten Obergeschoss. Um im Dachraum die Gebäudetiefe bestmöglich nutzen zu können, wurde die Tageslichtführung intensiv geplant. Die großen Fenster sollten die Wohnetagen nicht nur partiell erhellen, sondern vielmehr lichtdurchflutete Räume schaffen. Dafür setzte das Architektenpaar nicht nur auf einzelne Dachfenster, sondern kombinierte mehrere so, dass sie als Lichtbänder fast vom Boden bis zur Decke reichen. „Die Tageslichtsimulation von Velux hat uns sehr geholfen, die richtigen Abmaße der Firstfenster zu bestimmen“, erläutert Christine Leuthner. „Ursprünglich hatten wir diese hauptsächlich zum Lüften ausgelegt. In der Simulation haben wir aber gesehen, welche Auswirkungen eine Vergrößerung hätte. Wir sind heute mit dieser Umplanung sehr zufrieden, denn nicht nur das nächtliche Lüften ist einfacher, auch wird nun die Mitte des Hauses direkt von oben erhellt und das Licht gelangt in die angrenzenden Bereiche.“
Auch sonst wird im Haus deutlich, dass bei der Planung genau auf Lichteinfall und Ausblicke geachtet wurde. Die Decke zwischen den zwei Dachgeschossen knickt sich entlang der straßenseitigen Dachfläche nach oben. So konnten auch in der unteren Ebene des Dachgeschosses jeweils zwei Dachfenster übereinander platziert werden. Das obere Fensterelement sorgt dafür, dass auch in die Tiefe des Raums noch viel Licht gelangt. Ein zusätzliches festverglastes Fensterelement im Kniestock verlängert die Lichtbänder jeweils nach unten, wodurch noch mehr Licht in das Rauminnere gelangt und man bequem vom Schreibtisch nach draußen schauen kann. Zugleich ermöglichen die großen Dachfenster vielfältige Ausblicke in die Umgebung und über die Stadt bis hin zur Hügellandschaft rund um das Stift Göttweig. „Wir wollten von vielen Teilen der Wohnung, ob im Stehen oder Sitzen, einen Ausblick in die gerahmte Landschaft haben“, so Christine Leuthner.
Kreative Lösung für mehr Speichermasse
Dank der Bauweise im Passivhausstandard ist die Klimatisierung im Gebäude einfach. „Mit dem richtigen nächtlichen Lüften und dem außen liegenden Sonnenschutz haben wir in den Räumen nie mehr als etwa 28 Grad Celsius“, weiß die Architektin. Da der Dachaufbau aus Holz jedoch keine relevante Speichermasse mit sich bringt, suchte das Architektenpaar nach einer Alternative, die die Wärme am Tag aufnehmen und in der Nacht, bei sinkenden Außentemperaturen, wieder abgeben kann. Die Lösung fanden sie in Form von marokkanischen Zementfliesen, die mit 2 cm dicker sind als übliche Fliesen. Die obere Hälfte wird vollfarbig gegossen, in die Schablonen wird dabei je nach gewünschtem Muster der gefärbte Zement eingefüllt. Die ausgehärteten Fliesen sind sehr robust und langlebig. Da sich die Fliesenfarbe durch die ganze Masse zieht, fällt selbst ein Schlagschaden nicht gleich auf. „Wir haben die weißen, blauen und gemusterten Zementfliesen in der ganzen Wohnung als Bodenbelag – auch in den Kinderzimmern und bis hin zum Küchenblock“, so Leuthner. „Lediglich im Bereich des Wohnzimmers gibt es einen Holzboden.“
Fazit
Nicht nur bei Familie Leuthner im Haus, auch in der Bevölkerung, findet das Projekt Anklang. So gab es aus der unmittelbaren Nachbarschaft bereits Planungsanfragen für ähnliche Sanierungen. Das Konzept soll dazu anregen, gesamtheitliche Revitalisierungen von Altbauten anzugehen, ohne Abschläge hinsichtlich Energieeffizienz, Gesundheit, Komfort, Ästhetik und Umweltbelangen zu machen.
Autor
Maik Seete ist für die Public Relations Velux North Europe bei Velux Deutschland in Hamburg tätig.