Liebe Leserinnen, liebe Leser,
was muss alles von einem historischen Gebäude erhalten bleiben? Die Denkmalpflege würde sagen: am besten alles, oder zumindest so viel wie möglich. Gilt dies auch für historische Baufehler? Spontan würde man sagen: Natürlich nicht, denn die gefährden ja die Substanz des Gebäudes. Aber ganz so einfach ist die Sache nicht. Gerade bei Bauten der Moderne wurden Baufehler begangen. Diese resultieren meist aus der geringen Qualität der „neuen Baustoffe“ wie etwa Beton und mangelnden Erfahrungen damit. Die Baufehler gehören also irgendwie doch zum Gebäude dazu. Wann aber den Baufehler nicht beseitigen, um das Original nicht zu verfälschen und wo ihn beseitigen, um die Bausubstanz zu retten? Ein prominentes Beispiel für einen solchen Zwiespalt ist der von 1920 bis 1922 erbaute Einsteinturm in Potsdam. Der beauftragte Architekt Erich Mendelsohn hätte den Turm am liebsten ganz aus Beton gebaut. Ausgeführt wurde schließlich eine Mischbauweise aus Ziegeln und Beton, die auch der wesentliche Grund für die bereits früh einsetzenden Bauschäden ist.
So ist die Geschichte des Einsteinturms auch die Geschichte seiner Sanierung, die das Gebäude bis zum heutigen Tag begleitet. Unterschiedliche Materialien haben nun einmal verschiedene thermische Ausdehnungskoeffizienten. Dort, wo diese Materialien aufeinandertreffen, kommt es zu Spannungen. Risse sind die Folge. Bereits 1927 fand die erste Sanierung statt. Und so ging es weiter, bis die Wüstenrot Stiftung Ende der 1990er Jahre eine umfassende Sanierung durchführte. Die Wüstenrot Stiftung kann dadurch auf ein beträchtliches historsches, bauphysikalisches und praktisches Wissen im Umgang mit dem Einsteinturm zurückgreifen. Gerade bei diesem Gebäude spielt das eine wichtige Rolle, da nicht nur die Bausubstanz an sich, sondern eben auch die historischen Baufehler denkmalgerecht bewahrt werden sollten. Diese erste von der Wüstenrot Stiftung verantwortete Instandsetzung hatte einen nachhaltigen Effekt: Das bis dahin übliche Sanierungsintervall des Einsteinturms hatte sich dadurch von etwa zehn Jahren auf über 20 Jahre mehr als verdoppelt. Trotzdem traten außen und innen erneut Schäden auf. Abermals gestützt auf gründliche Voruntersuchungen wurde die Restaurierung und Reparatur an Turm und Kuppel im Herbst dieses Jahres abgeschlossen. Was die Restauratoren und Handwerker im Einzelnen für Arbeiten am Einsteinturm durchführten, lesen Sie ab Seite 20 in dieser Ausgabe der bauhandwerk.
Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht