Warum die autoritäre Führung auch positive Aspekte hat

Autoritäre Führung der Mitarbeiter ist nicht mehr zeitgemäß. Der Vorgesetzte hätte damit keine Akzeptanz im Team. Der Begriff autoritär ist allgemein negativ besetzt, wird aber mit der Bezeichnung „durchsetzungsstark“ auch positiv gesehen. Wir erklären, wie ein Team von einem starken Leader profitiert.

Hat der Vorgesetzte immer das Zepter in der Hand, wird sein Führungsstil als autoritär bezeichnet. Als starker Leader delegiert er nach dem „Top-Down-Prinzip“, von oben herab. Von unsicheren oder unerfahrenen Mitarbeitern wird das nicht automatisch negativ wahrgenommen. Wenn im Einzelfall Mitarbeiter eine klare Ansage erwarten, ist eine Anweisung je nach Tonfall zwar autoritär, aber vielleicht doch angebracht. Deswegen darf der kooperative Führungsstil nicht generell in Frage gestellt werden.  

Für den autoritären Vorgesetzten sind Mitarbeiter als Befehlsempfänger reine Vollzugsorgane, die sich unterordnen müssen. Er sagt, wo es lang geht, die Mitarbeiter müssen nicht selbst entscheiden, wie eine  Arbeit ausgeführt wird. Der Vorgesetzte gibt klare Anweisungen, über die nicht diskutiert wird, Widerspruch wird in der Regel selten geduldet.

Neueinsteigern fehlt Erfahrung

Auch bei einer autoritären Führung kann der Vorgesetzte Leitplanken setzen. Innerhalb dieser Handlungsspielräume kann das Team agieren
Foto: Pexels/Pixabay

Auch bei einer autoritären Führung kann der Vorgesetzte Leitplanken setzen. Innerhalb dieser Handlungsspielräume kann das Team agieren
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Bemerkenswert: Der autoritäre Führungsstil wird in manchen Betrieben in leicht ausgeprägter Form oft unbewusst praktiziert. Und funktioniert, weil Mitarbeiter keine andere Führung kennen oder Verantwortung für ihre Tätigkeiten nicht selbst übernehmen möchten. Manchmal ist es besser, wenn der Vorgesetzte genau sagt, was getan werden soll. Es ist wie beim Autofahren, das Navi gibt die Route vor, der Fahrer macht, was es ihm sagt.

Vor allem jüngere Mitarbeiter und Neueinsteiger, denen noch die Erfahrung fehlt, möchten  nur begrenzt den freien Handlungsspielraum nutzen. Sie finden autoritäres Führen in der „Soft-Ausgabe“ der  Einarbeitungszeit manchmal sogar hilfreich. Die Angst vor eigener Verantwortung führt eher dazu Unterordnung auch mal hinzunehmen. Aus Bedenken vor Überforderung sind Arbeitnehmer lieber weisungsgebunden und handeln nach Richtlinien und Vorgaben über Arbeitsausführung und Materialeinsatz. Sie brauchen gelegentlich einen klaren Wegweiser, den „Navigator.“ Sie akzeptieren auch Kontrollen und empfinden keine Abneigung dagegen.

Ideal ist es, wenn der Vorgesetzte oder Teamleiter flexibel reagiert und erkennt, wo er dem Mitarbeiter durch seine Anweisungen die alleinige Verantwortung abnimmt. Wenn schnelles Handeln in bestimmten Fällen oder in einer Notsituation erforderlich ist, sind Anweisungen, die einen autoritären Charakter haben, sogar sinnvoll.

Leitplanken als Handlungsspielräume

Der Begriff „Anweisung“ wird vom Personal meist negativ gesehen. Er steht für „Anordnung“, und „Vorschrift“, man erkennt den erhobenen Zeigefinger des Chefs. Wer eine Anweisung erhält, fühlt sich in seiner Freiheit eingeengt. Entscheidend ist, wie eine Anordnung präsentiert wird. Bestimmte Handlungsspielräume für den Mitarbeiter werden auch als „Leitplanken“ bezeichnet, innerhalb derer er sich bewegen kann. Sie zeigen, wie es geht, lassen dem Mitarbeiter noch Spielraum zu, er kann sich frei bewegen, muss aber Grenzwerte einhalten.

Im Gegensatz zu festgelegten Regeln einer Anweisung gibt es bei Leitplanken keine starren Vorgaben für den Mitarbeiter, die unbedingt eingehalten werden müssen. Man zeigt dem Mitarbeiter, wie man sich die Arbeitsausführung vorstellt, und überlässt es dem Betreffenden weitgehend, sich innerhalb von Toleranz-Angaben frei zu bewegen. Leitplanken sind die „Soft-Ausgabe“ einer Anweisung.

Auf Augenhöhe mit dem Team

Heute werden vom Chef andere Persönlichkeitswerte erwartet als früher in einer Zeit von Befehl und Gehorsam. Er begegnet seinen Mitarbeitern auf Augenhöhe. Führung muss Orientierung, Sicherheit und Halt geben. Der Vorgesetzte soll Autorität besitzen ohne autoritär zu führen. Durch seine Fähigkeit, sich in sein Team hinein zu versetzen, kann er Situationen des Einzelnen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Souveränes Auftreten und Organisationstalent machen ihn als Autorität glaubwürdig. Er wird respektiert, ohne dass er Macht ausspielen muss. Mit Persönlichkeit und Ausstrahlung überzeugt er schneller als mit seiner Position. Und obendrein ist es wichtig, dass er beliebt ist.

Führung muss sein

Der autoritäre Führungsstil wird in manchen Betrieben in leicht ausgeprägter Form oft unbewusst praktiziert  
Foto: Malachi Witt / Pixabay

Der autoritäre Führungsstil wird in manchen Betrieben in leicht ausgeprägter Form oft unbewusst praktiziert  
Foto: Malachi Witt / Pixabay
Viele meinen, dass Führung bei einem geringen Personalstand nicht ganz so wichtig ist, weil bisher alles automatisch läuft. Schließlich hat sich noch kein Mitarbeiter über mangelnde Führung beschwert. Auch wenn der Meister stark ins Tagesgeschäft eingebunden ist, muss Zeit sein, sich aktiv um Personalführung zu kümmern. Denn jeder Mitarbeiter ist immer so gut wie er geführt wird. Dabei muss Führung nicht spürbar sein, so wie eine Injektion am besten ist, wenn der Patient sie gar nicht spürt. Niemand äußert sich ausdrücklich, wenn er mit der Führung zufrieden ist, der Chef erhält also kein Feedback über seinen Führungsstil. Gute Führung schafft Mitarbeiterbindung, das Team arbeitet engagierter.

Kritiker der autoritären Führung

Mit der  Beteiligung an Entscheidungen und der Delegation zeigt der Chef sein Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter. Qualifizierte Mitarbeiter akzeptieren kooperative Personalführung, denn sie können dabei ihre Fähigkeiten und Kenntnisse einsetzen und sich weiter entwickeln. Sie begrüßen die Übernahme von Verantwortung, sie fühlen sich ernst genommen, wenn sie etwas in eigener Regie durchführen. Selbstständigkeit und Kompetenz werden durch kooperative Führung gefördert, jeder erlebt dies als einen persönlichen Erfolg, sofern es nicht zur Überforderung kommt.

Befürworter der autoritären Führung

Wer nur arbeitet, um zu verdienen, den interessiert der kooperative Führungsstil wenig, weil er dabei Verantwortung übernehmen müsste. Der  Vorgesetzte sieht auch Vorteile: Es wird nicht lange diskutiert, sondern per Anordnung Entscheidungen, die dringend sind, zeitnah getroffen. Oft wird es sogar begrüßt, wenn der Chef den Ton angibt und nicht erwartet, dass der Mitarbeiter sich Gedanken macht und Vorschläge einbringt. Es soll Arbeitskollegen geben, die akzeptieren,  dass der „Obere“ den „Unteren“ anweist.

Autor

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher ist Fachautor und Referent aus Heidelberg.

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