Wie zwei Malerbetriebe erfolgreiche Azubis finden und ausbilden
Immer weniger Malerbetriebe führen immer weniger Nachwuchskräfte an den Beruf heran. Und doch gibt es die Inhaberinnen und Inhaber, die entgegen dem Trend dutzende Bewerbungen erhalten und ihre Ausbildungsplätze nahezu immer besetzen. Wie stellen sie das an?
Der Blick auf die Zahlen ernüchtert. Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamts (Destatis) ließen sich im vergangenen Jahr 15 021 Azubis aller Ausbildungsjahre im Maler- und Lackierhandwerk ausbilden – rund 35 Prozent weniger als noch im Jahr 2010, als dieses Gewerk 22 810 Azubis beschäftigte. Eine Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) hat im Jahr 2022 ergeben, dass ein knappes Drittel (29 Prozent) der Betriebe des Ausbauhandwerks ausbildet. Demnach verzichten etwa zwei Drittel der deutschen Malerbetriebe, also mehr als 26 000 Unternehmen, gänzlich auf Ausbildung.
Jessica Schaumburg, Inhaberin eines Malerbetriebs in Essen, übernimmt Verantwortung für die Fachkräfte der Zukunft
Foto: Brillux
Als wichtigste Gründe nannten diese Betriebe in der ZDH-Umfrage, dass sie die Voraussetzungen für eine Ausbildungsbeteiligung nicht erfüllen (25 Prozent) oder sie zuletzt keine geeigneten Bewerbenden finden konnten (22 Prozent). 12 Prozent verzichteten auf die Einstellung von Azubis, weil ihnen die Ausbildung zu kosten- und zeitintensiv erschien – ein Argument, das vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in einer aktuellen Kosten-Nutzen-Erhebung relativiert wird. Demnach reduzieren sich die jährlichen durchschnittlichen Gesamtkosten von 21 000 Euro für einen Azubi im Handwerk auf etwa 6500 Euro, wenn der wirtschaftliche Ertrag der betrieblichen Azubileistungen in die Bilanz einbezogen wird.
Zudem: Wird ein Azubi nach der Ausbildung übernommen, entfallen die Kosten für eine neue Fachkraft von außerhalb – im Durchschnitt liegen die Kosten bei rund 10 500 Euro pro Stelle. Trotz aller Vorbehalte gegen aktive Nachwuchsarbeit investieren immerhin rund 14 000 Malerbetriebe in die Ausbildung von Fachkräften der Zukunft. Was treibt sie an?
Neue Wege gehen
Jessica Schaumburg, 30 Jahre jung und derzeit selbst in der Weiterqualifikation zur Maler- und Lackiermeisterin, führt den gleichnamigen elterlichen Malerbetrieb in Essen mit aktuell zehn Mitarbeitenden seit dem Jahr 2020. Seither stellt sie jedes Jahr einen Azubi ein. „Ich höre von vielen nicht ausbildenden Betrieben, dass sie mit der Haltung und Arbeitsmoral der heutigen Azubi-Generation nicht klarkommen“, berichtet Jessica Schaumburg. „Doch es ist kein Geheimnis, dass wir unter Fachkräftemangel leiden und die Rechnung in Zukunft nicht aufgehen wird, wenn wir nicht ausbilden. Deshalb müssen wir uns jetzt kümmern und Wege finden.“
Dirk Leege, Malermeister aus Schacht-Audorf, macht seit über 30 Jahren beste Erfahrungen mit Auszubildenden
Foto: privat
Malermeister Dirk Leege, Inhaber des neunköpfigen Betriebs Maler Leege in Schacht-Audorf (Schleswig-Holstein) und Beauftragter für Ausbildung seiner Innung, analysiert: „Ich lese aus Kollegengesprächen heraus, dass viele Betriebe Azubis nur als Kostenfaktor begreifen und sich allgemein von der Stimmung anstecken lassen, dass man sowieso keine geeigneten Azubis findet.“ Der 58-Jährige widerspricht diesen Einschätzungen mit Vehemenz und ausgewiesener Kompetenz. Schließlich hat er mit dem jüngsten seiner derzeit vier Nachwuchskräfte bereits seinen 43. Azubi am Start, „und nur zwei davon haben in den vergangenen 30 Jahren die Ausbildung abgebrochen.“
Gezielte Bewerberauswahl
Der Malermeister aus Schacht-Audorf hat für seinen Ausbildungsplatz 2024 bislang 23 Bewerbungen erhalten. Jessica Schaumburg erreichen ebenfalls so viele Anfragen, dass sie Interessierte an andere Betriebe weiterleitet. Wie schaffen beide Betriebe, wovon andere nur träumen? „Ich denke, es hat sich herumgesprochen, auch durch unsere Online-Präsenz, dass wir uns intensiv um unsere Azubis kümmern, an sie glauben und sie immer individuell fördern und fordern – fachlich und menschlich“, so Jessica Schaumburg. So hat die 30-Jährige etwa Ausbildungskabinen in der Werkstatt installiert, in denen der Nachwuchs prüfungsrelevante Techniken gezielt üben kann.
Für einen Azubi, der durch die Gesellenprüfung gefallen war, hat sie einen dezidierten Lernplan für den nächsten Prüfungsanlauf aufgestellt – das ganze Team unterstützt bei der Umsetzung. Genauso fieberte sie mit ihrer Auszubildenden mit, die ihre Ausbildung mit Bestnote abgeschlossen hat. „Viele Azubis sind noch in der Findungsphase und honorieren es mit großer Motivation, wenn der Betrieb sie familiär unterstützt“, weiß Jessica Schaumburg.
Ständige Präsenz an Schulen
Auch für Dirk Leege ist eine Lehrstelle, die Fachkompetenz ebenso fördert wie das Selbstbewusstsein der jungen Leute, eine wichtige Zutat im Erfolgsrezept. Zu seinem Ausbildungsplan gehört beispielsweise, dass Azubis im dritten Lehrjahr eine eigene Baustelle leiten, um optimal vorbereitet und gefestigt in die Prüfung zu gehen. Gleichzeitig stellt der 58-Jährige, der seit Jahren mit laufender Präsenz an Schulen Kontakt zur nächsten Generation sucht, größten Wert auf einen intensiven Auswahlprozess: „Ein Praktikum ist Pflicht“, so Dirk Leege. „Die jungen Leute müssen ein realistisches Bild von unserem Beruf bekommen, um sich bewusst für die Ausbildung inklusive der anstrengenden Facetten zu entscheiden.“ Im Anschluss nimmt sich Dirk Leege Zeit für ein eingehendes Gespräch mit jedem Bewerber oder jeder Bewerberin. „Ich lege auch ausführlich dar, warum es nicht oder noch nicht für eine Ausbildungszusage gereicht hat – dieser respektvolle Umgang ist mir auch an dieser Stelle wichtig.“
Brillux hat ein ganzheitliches Angebot aufgesetzt, von dem Betriebe in jeder Phase der Ausbildung profitieren
www.brillux.de/ausbildungspartnerschaft
www.brillux.de/deine-zukunft-ist-bunt
AutorMarius Marburger ist Teamleiter der Brillux-Nachwuchsinitiative „Deine Zukunft ist bunt“.