StreetScooter - Maßgeschneiderte E-Nutzfahrzeuge für Handwerker

Den StreetScooter, der Elektro-Transporter der deutschen Post, kann inzwischen auch von Kunden ­außerhalb des Postkonzerns gekauft werden. Die Redaktion hatte Gelegenheit, das Fahrzeug bei einem Besuch im Aachener Werk näher kennenzulernen.

Zurzeit gibt es auf dem deutschen Markt nur einen leichten Transporter, der von Anfang an als Elektro-Fahrzeug konzipiert wurde: den StreetScooter (Hier finden sie eine Marktübersicht mit weiteren E-Nutzfahrzeugen). Die gleichnamige Hersteller-Firma wurde 2010 im Umfeld der RWTH Aachen gegründet, seit 2014 ist sie ein Tochterunternehmen der Deutsche Post DHL Group. Produziert werden die StreetScooter in Aachen und seit Ende Mai auch an einem zweiten Produktionsstandort in Düren. Dabei setzt das Unternehmen auch auf eine starke Nachfrage von Kunden außerhalb des Post-Konzerns.

Von Anfang an als Elektro-Transporter konzipiert

Gerade Handwerker suchen laut Marcus Arens ein vollwertiges elektrisches Nutzfahrzeug: „Der StreetScooter wurde von Anfang an als rein elektrisches Nutzfahrzeug konzipiert“, so der Director Marketing und Sales bei StreetScooter. „Damit bietet er einige Vorteile gegenüber konventionellen Transportern, die nachträglich mit einem Elektro-Antrieb versehen werden.“ Als Beispiele nennt er das dank Leichtbau geringe Leergewicht und die damit höhere Zuladung, die bessere Gewichtsverteilung oder das große Ladevolumen.

Die Probefahrt mit dem StreetScooter „WORK Box“ – der 4,7 m kurzen Version mit Kofferaufbau – verdeutlicht einen weiteren Vorteil: Die Sicht nach vorne ist bei dem Transporter extrem gut. Die Bedienung ist denkbar einfach: Fuß auf die Bremse, Schlüssel bis zum Anschlag drehen, den Fahrthebel einmal nach oben drücken, „Gas“ geben und schon geht es los. Dabei kann man zwischen zwei Fahrstufen wählen – „D“ bietet mehr Leistung, zum Beispiel wenn es bergauf geht oder die Ladung besonders schwer ist, „E“ ermöglicht durch sanfteres Beschleunigen und stärkere ­Rekuperation höhere Reichweiten.

Die Kabine zeugt davon, dass der StreetScooter wirklich als reines Nutzfahrzeug entwickelt wurde: Zwar sitzt man gut und bequem, doch die verarbeiteten Materialien für Armaturenbrett und Verkleidungen machen einen wenig luxuriösen Eindruck. Auch die Geräuschdämmung ist nicht vergleichbar mit der eines modernen konventionellen Transporters – wobei man hier allerdings nur Wind- und besonders Abrollgeräusche wahrnimmt und vor der Geräuschkulisse eines Diesels nicht geschützt werden muss. Dafür ist sogar für etwas Luxus bei dem Testwagen Energie übrig: Ein Navigationssystem sorgt für Orientierung, eine Sitzheizung für Wärme und eine Frontscheibenheizung für gute Sicht auch im Winter.

Kinderkrankheiten ausgemerzt

Doch wie passt dieser positive Eindruck, den der StreetScooter bei der Probefahrt macht, zu den Medienmeldungen, nach denen Post-Zusteller erhebliche Probleme mit dem Fahrzeug hätten? Zum einen ist sich Marcus Arens nicht sicher, welche Fahrzeuggeneration zu den Beschwerden geführt hat: „Wir bauen mittlerweile die fünfte Generation des StreetScooter – von den Bauteilen des ersten Modells sind gerade einmal 15 Prozent übriggeblieben. Kinderkrankheiten haben wir damit sicher ausgemerzt.“ In einer Pressemeldung der Deutsche Post DHL Group heißt es denn auch, dass sich der Transporter nach 13,5 Millionen gefahrenen Kilometern mit über 300 Brems- und Anfahrvorgängen pro Tag an über 300 Tagen im Jahr bewährt habe. Die Kosten für Wartung und Verschleiß lägen 60 bis 80 Prozent unter denen vergleichbarer konventioneller Fahrzeuge. Auch wenn Arens keine konkreten Zahlen zu der Häufigkeit der Beschwerden nennen will, so betont er: „Natürlich nehmen wir die Beschwerden ernst. Doch grundsätzlich hat der StreetScooter eine höhere Verfügbarkeit als jedes andere Fahrzeug, das die Deutsche Post fährt.“

Reichlich Platz auf der Ladefläche

Verfügbarkeit ist das eine, aber wenn ein Handwerker den Transporter einsetzen will, zählt auch der Nutzen. Da punktet der StreetScooter auf jeden Fall: Die von uns gefahrene Version mit einem Listenpreis von 42 780,50 Euro (zzgl. MwSt.) kann bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 2180 kg eine Nutzlast von 720 kg zuladen. Der Kofferaufbau bietet ein Nutzvolumen von 4,3 m³ – alternativ gibt es den StreetScooter auch mit Pritsche oder in der längeren Version „Work L“. Mit der 20 kWh-Batterie schafft der Transporter eine Höchstgeschwindigkeit von 85 km/h und kommt nach Neuem Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) 113 Kilometer weit. Wer mehr Reichweite braucht, kann auch eine 40 kWh-Batterie wählen, dann reicht die Energie für 232 Kilometer. Die Nutzlast sinkt dann allerdings auf 585 kg. Reichlich Platz bietet die 2050 mm lange, 1665 mm breite und 1195 mm hohe Box (Innenmaße). Der Kofferaufbau ist über eine großzügige Heckklappe und zwei Schiebetüren links und rechts zugänglich. Allerdings ist die Ladekante des Fahrzeugs sehr hoch – das macht das Ein- und Aussteigen schwer. Arens dazu: „Der Aufbau ist speziell für Zusteller konzipiert worden. Und hier passieren beim Aussteigen regelmäßig Unfälle. Daher wurde die Box so ausgelegt, das ein Betreten nicht mehr nötig ist: Man kommt von allen drei Seiten bequem an die Ladung heran, die hohe Ladekante erleichtert das Herunterheben schwerer Pakete.“

Maßgeschneiderte Varianten sind denkbar

Aber Arens verbindet mit der Erklärung auch gleich eine Einladung an Handwerker: „Wir können schon ab einer Stückzahl von 200 bis 250 Fahrzeugen branchen-spezifische maßgeschneiderte Fahrzeuge auf Basis des StreetScooter entwickeln. Es wäre also ein spezieller Aufbau für Dachdecker, Fliesenleger oder andere Bauhandwerker denkbar.“ Dass das keine leeren Versprechen sind, zeigt das Beispiel des von Bäckermeister Roland Schüren initiierte „Bakery Vehicle One“: Da er bei den „klassischen“ Herstellern in der Sprinter-Klasse nur Elektro-Fahrzeuge fand, die das drei- bis vierfache eines herkömmlichen Verbrenners kosten sollten, gründete er eine E-Transporter-Selbsthilfegruppe. Mehr als 100 Interessenten fanden sich so zusammen, nicht nur Bäckereien, auch SHK-Betriebe, Elektrotechniker oder Schreinereien waren darunter. In einem Workshop wurden Kriterien für einen für sie idealen E-Transporter festgelegt – und schließlich von StreetScooter umgesetzt. Die ersten Fahrzeuge mit Niederflur-Kofferaufbau werden aktuell ausgeliefert. Ähnliches wäre ja auch mit einem Branchenverband aus dem Bauhandwerk denkbar“, meint Arens.

Autor

Dipl.-Ing. Olaf Meier studierte Maschinenbau und arbeitet als freier Fachjournalist. Er lebt in Mönchengladbach und schreibt unter anderem als Autor für die Zeitschrift bauhandwerk.

Den StreetScooter kennenlernen

Im Showroom im Aachener Werk kann man nicht nur verschiedene Versionen des E-Transporters sehen, sondern sich auch über die Vorteile der E-Mobilität für die Umwelt oder Zukunfts­visionen wie das autonome Fahren informieren. Grundsätzlich ist (nach Anmeldung) hier jeder willkommen. StreetScooter plant auch, in dem gerade eröffneten Ausstellungsbereich Kennlern-Events und Workshops abzuhalten.

Informationen soll es dazu demnächst auf der Website www.streetscooter.eu geben.

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