Die perfekte Fugensanierung: Schlagregendicht und dauerhaft
Wie werden Fugen sachgemäß saniert? Nachdem wir im ersten Teil unseres Beitrags über ein fiktives Objekt die Schadenanalyse und die Kommunikation mit dem Kunden beleuchtet haben, geht es im zweiten Teil um die Auswahl des geeigneten Verfahrens und die fachlich korrekte Ausführung der Fugensanierung.
Nachdem die Voruntersuchungen ergeben haben, dass tatsächlich ein Bedarf für eine 100 prozentige Fugensanierung besteht, geht es jetzt darum, die richtige Ent- und Verfugungsmethode festzulegen. Die Optik und die Schlagregensicherheit wird an Musterflächen getestet und dann als Ziel im Angebot definiert. Im Gegensatz zum vorliegenden Angebot eines anderen Handwerkers informieren Sie den Kunden über die verschiedenen Varianten.
1. Händisch Verfugen mit Fugenkelle
Dieses Verfahren wird überwiegend eingesetzt, jedoch häufig nicht gemäß den anerkannten Regeln der Technik ausgeführt.
Im ersten Schritt (gilt auch für die beiden folgenden Verfahren) wird die Fuge in ausreichender Tiefe ausgeschnitten, also tiefer als 15 mm (möglichst in doppelter Fugenbreite). Bei Lochziegeln mit mehr als 20 mm „Fleisch“-Fuge schneidet man entsprechend weniger tief aus. Wichtig ist es, den Staub abzusaugen und die Fuge mit Druckluft auszublasen.
Danach wird der Fugenmörtel angemischt. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, die Herstellerangaben zur Wassermenge und zur Rühr- und Quellzeit einzuhalten. Außerdem sollte man nur so viel Fugenmörtel anmachen, wie man in 30 bis 60 Minuten auch verarbeiten kann.
Nachdem man das Mauerwerk ausreichend von unten nach oben vorgenässt hat, wird die Fuge zweilagig eingebracht: Lagerfuge/Stoßfuge, Stoßfuge/Lagerfuge. Der Fugenmörtel darf nicht zu trocken sein, nach dem Verfugen muss ein Feuchtefilm auf der Oberfläche erkennbar sein. Die Oberfläche der Fuge wird mit Kelle, Holzspan oder Schlauch in vereinbarter Form ausgebildet und über einen Zeitraum von etwa zwei Wochen feucht gehalten (Besprühen mit einer „Gloria Spritze“).
2. Verfugen im Schlämmverfahren von Ziegeln mit strukturierter Oberfläche
Überwiegend verbreitet ist die Meinung, dass nur glatte Ziegeloberflächen im Schlämmverfahren verfugt werden können. Dabei gibt es Beispiele von Sanierungen denkmalgeschützter Gebäude (Errichtungszeitraum 1920 bis 1930), bei denen erfahrene Handwerker bei Strangpressziegeln mit Kohlebrandanteilen im Schlämmverfahren erfolgreich Fugen saniert haben.
Für die Ausführung im Schlämmverfahren sind je Kolonne zwingend vier Arbeitskräfte erforderlich: Eine Person schlämmt, drei reinigen. Der Bestandsmörtel muss, sofern er saugend ist, vor dem Einschlämmen vorgenässt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass überwiegend nur der Mauermörtel und nicht die angrenzenden Ziegel genässt werden. Tiefere Fugen werden vorverfugt, so dass der Fugenmörtel anschließend beim Schlämmen in einer Tiefe von etwa 1 cm gut verdichtet werden kann. Diese Arbeit muss man auch in den Einheitspreis einkalkulieren. Auch hier den Fugenmörtel streng gemäß den Vorschriften des Herstellers anmachen.
Der Schlämm-Mörtel wird dann ganzflächig mit einem Reibebrett mit Filzbelag (schwarz) eingebracht und oberflächenbündig der Materialüberschuss abgezogen. Unmittelbar nach dem Einbringen der Fugenschlämme wird diese mit dem roten, grobporigen Schwammbrett mit geringer Wassermenge kreisförmig in Reibetechnik verdichtet. Die Grundreinigung erfolgt mit einem groben Schwammgummi. Die Reinigung mit einem feinporigen Fliesenlegerschwamm (wenig Wasser) kann begonnen werden, wenn der Fugenmörtel an der Steinoberfläche beginnt anzutrocknen.
Im ersten Reinigungsgang wird die Lagerfuge in Längsrichtung bearbeitet, bis ein gleichmäßiges, geschlossenes Fugenbild erreicht ist. Im zweiten und dritten Reinigungsgang werden die genauen Steinkonturen herausgearbeitet und dabei auch in Ecken, Ritzen und Poren haftender Fugenmörtel entfernt. Für die Endreinigung benutzt man ein gerastertes Hy-drowaschbrett überwiegend im Schrägzug.
Dabei sollte das Wasser häufig gewechselt werden, der letzte Waschgang darf ausschließlich mit sauberem Klarwasser erfolgen. Die Flächen müssen vor zu starker Sonnenbestrahlung beziehungsweise vor Bewitterung geschützt und mindestens zwei Wochen lang feucht gehalten werden.
Frühestens 14 Tagen nach der Verfugung erfolgt eine Endreinigung mit Klarwasser und einem geringen Anteil eines Reinigungsmittels. In Teilbereichen zurückgebliebene Zementschleier kann man nach dem völligen Erhärten des Fugenmörtels mit geeigneten Reinigern (Ameisensäure, Essigsäure, handelsüblicher Zementschleierentferner; keine Salzsäure!) und einer harten Bürste entfernen.
3. Verfugen im Spritzverfahren
Dabei werden nach dem Entfugen sichtbare Hohlräume mit einem spritzfähigen, plastischen Mörtel verfüllt. Dieser muss mit einem Haftzusatz versehen sein, damit die Oberfläche des Verfüllmörtels mit der Rückseite des Fugenmörtels eine Verbindung eingeht. Diese Position kann nur zum Nachweis abgerechnet werden, da man im verfugten Zustand nicht abschätzen kann, wieviel Hohlstellen vorhanden sind. Üblicherweise wird nach verbrauchten Säcken abgerechnet.
Der spritzfähige Mörtel wird einlagig eingebracht und zum geeigneten Abbindezeitpunkt mit Kelle oder Span glattgestrichen. Auch bei diesem Verfahren muss die Fuge nachbehandelt, also feucht gehalten werden. Das Spritzverfahren hat sich als besonders schlagregensicher bewährt, denn durch die pastöse Einstellung werden mehr Zementleime erzeugt und eine höhere Flankenhaftung gewährleistet.
Anforderungen und Ausführungsqualitäten
Für alle Verfahren gilt, dass Fugenarbeiten nur bei Temperaturen über 5 °C am Bauteil (über mehrere Tage) und geschützt vor Sonneneinstrahlung (abschirmen mit Plane) ausgeführt werden dürfen. Beim Anmischen des Mörtels müssen die Herstellerangaben peinlich genau eingehalten und passende Mischbehälter und Mischwerkzeuge verwendet werden. Die Oberflächenbearbeitung erfolgt zum richtigen Abbindezeitpunkt, anschließend müssen die Fugen über gut zwei Wochen durch Besprühen feucht gehalten werden.
Diese Ausführung entspricht den anerkannten Regeln der Technik. Eine fachgerecht verfugte Fassade hält mehr als 50 Jahre. Danach ist durch Verwitterung eine Instandsetzung notwendig. Dies wird aber in der Praxis zumeist nicht konsequent umgesetzt.
Die Folge: In der Mehrheit aller Neuverfugungen wird mit falschem Werkzeug gearbeitet (was zur Verletzung der Steine führt), nicht tief genug entfugt, die entfugten Flächen nicht ordentlich gesäubert, die Dosierung der Wasserzugabe nicht beachtet (kein Messbehälter am Bau), die „Reifezeit“ des Fugenmörtels nicht eingehalten, mit „Standardmörtel“ jede Verblendung gleich verfugt, nur einlagig statt zweilagig verfugt (Ausnahme Spritzmörtelverfahren) und die frische Verfugung nicht feucht gehalten. Dadurch entstehen Fugen, die in der Oberfläche „gut aussehen“, aber im hinteren Bereich „verbrannt“ sind und keine beziehungsweise nur eine eingeschränkte Flankenhaftung aufweisen. Die Schlagregensicherheit, vor allem aber die Dauerhaftigkeit, ist nicht gewährleistet.
„Geschuldete Leistung“ hinsichtlich Schlagregensicherheit bestimmen
Wichtig ist eine Qualitätskontrolle mit geeigneten Messverfahren, mit denen die Wasseraufnahmefähigkeit des Mauerwerks vor- und nach Durchführung der Sanierungsarbeiten nachvollziehbar festgestellt wird. Dazu dienen die Testflächen und die Messverfahren mit dem Karstenschen Röhrchen, der Franke-Platte und im Einzelfall ergänzend mit der WAM Messplatte (die WAM-Messplatte wird in der 3. Folge dieses Beitrags beschrieben).
Zunächst stellt man bei der Bauzustandsanalyse des Ziegelmauerwerks die Wasseraufnahme durch geeignete Messverfahren fest. Dann wird ein Zielwert für die zu erzielende Wasseraufnahme inklusive eines Toleranzspielraums für übliche hinzunehmende handwerkliche Unregelmäßigkeiten im Leistungsverzeichnis festgelegt.
Nach der Auftragsvergabe (wenn möglich besser vorher) führt der Auftragnehmer eine Referenzfläche mit seiner Handwerkskolonne aus. Der Messwert an dieser Referenzfläche sollte nicht schlechter sein als der Zielwert unter Berücksichtigung der Toleranz. Die abgenommene Referenzfläche bleibt bis zur Abnahme stehen und beschreibt hinsichtlich aller ausgeschriebenen Leistungen (Farbe/Oberfläche/Wasseraufnahme) den Sollzustand. Während der Bauphase führt man Qualitätskontrollen durch, bei denen besonders der Soll/Ist Abgleich zwischen Leistungsverzeichnis/Referenzfläche und der erbrachten Leistung überprüft wird.
Preiskalkulation
Am Ende wie immer die Frage: Was kostet das denn? Mit Sicherheit ist diese Leistung nicht für 55 Euro je Quadratmeter zu haben. In diesem fiktiven Ortstermin kann natürlich keine allgemeingültige Kalkulation aufgestellt werden, die „für jedes Objekt passt“. Aber als kleine Hilfestellung zeigt die untenstehende Tabelle eine Näherungskalkulation für ein Hamburger Objekt wie oben beschrieben (Objektgröße 500 m² bis 2000 m², alle Preise ohne Gerüst zuzüglich Mehrwertsteuer).
Konzept „Hamburger Fugenmörtel“
Die Verfugung soll grundsätzlich zweilagig erfolgen, um eine ausreichende Verdichtung und einen genügend hohen Anpressdruck zwischen Fugenmörtel und Ziegel bis in die Tiefe zu erreichen. Leider ist das in der Praxis die Ausnahme. Die Überwachung, ob zweilagig gefugt wird, ist ebenfalls in der Praxis kaum darstellbar. Auch wird in den wenigsten Fällen eine Vorverfüllung mit Spritzmörtel ausgeführt. Das ist Ausgangslage gewesen, um ein Konzept „Hamburger Fugenmörtel“ zu entwickeln, das sich in einigen Punkten vom Standardverfahren unterscheidet
Qualitätskontrollen von mehrlagig aufzubringenden Beschichtungen durch verschiedene Farben sind beispielsweise in der Betonsanierung üblich. Die praktische Folge ist natürlich eine aufwendigere Arbeit an der Fassade. Diese Qualität kostet Geld. Aber: Nur wenn Sie nachvollziehbare Qualität anbieten und erklären, können Sie einen fairen Preis bei Ihrem Auftraggeber erzielen.
Dieser Beitrag wird in der Ausgabe bauhandwerk 6.2019 fortgesetzt.
AutorDipl.-Ing. Joachim Schreiber ist Sachverständiger für Mauerwerk, Fassaden und Wärmedämmverbundsysteme und Inhaber eines technischen Büros für Baubegleitung, Qualitätssicherung, Feuchtemessung, Laboranalysen und Messung der Schlagregensicherheit in Hamburg.
Literatur
Beurteilung der Schlagregensicherheit und Langzeitfrostbeständigkeit von Backsteinbauten, WTA-Schriftenreihe, Heft 11, Aedification Verlag Freiburg, 1996
Anmerkung des Autors
Dieser Artikel beschreibt ausdrücklich nicht die Abwicklung eines Bauvorhabens nach den Stufen der HOAI. Warum? Weil in der Praxis die meisten kleineren und mittleren Bauvorhaben zwischen den Bauherren und den Handwerkern geplant und ausgeführt werden. Ich habe mich deshalb bemüht praxisbezogen zu denken und zu schreiben.