Bundesregierung will Meisterpflicht ausweiten
Eine Arbeitsgruppe der Regierungskoalition hat ein Eckpunktepapier für eine Novellierung der Handwerksordnung vorgelegt. Angestrebt wird, für einige Gewerke die 2004 abgeschaffte Meisterpflicht wieder einzuführen. Im Baubereich betrifft dies vor allem Gewerke wie Fliesen-, Estrich- und Parkettleger.
Nach langer, kontroverser Debatte hatte die damalige Bundesregierung den so genannten Meisterzwang für 53 der 94 anerkannten Handwerksberufe aufgehoben. In diesen zulassungsfreien Berufen können seitdem auch Menschen selbständig einen handwerksbetrieb führen, die keine spezifische Qualifikation vorweisen können. Befürworter dieser Regelung argumentieren, dass die Meisterpflicht (von der es aber auch zuvor schon Ausnahmen, zum Beispiel für Altgesellen gegeben hat) nicht nur den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verletze, sondern auch das Recht auf freie Berufsausübung. Darüber hinaus würden insbesondere EU-Ausländer, die hierzulande ein Handwerk ausüben wollen, diskriminiert und der Wettbewerb eingeschränkt, warnt die Monopolkommission.
Die Gegner dieser Liberalisierung sehen nicht nur die Ausführungsqualität und damit den Verbraucherschutz, sondern auch das duale Ausbildungssystem in Deutschland gefährdet. Zudem werde die Wettbewerbsfähigkeit der Handwerksbetriebe geschwächt. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) befürchtet außerdem, dass die nachlassende Ausführungsqualität durch nicht ausreichend qualifizierte Betriebe dazu führt, dass der Ruf des Handwerks insgesamt leide. Außerdem verschwänden viele Betriebe aus den deregulierten Berufen schnell wieder vom Markt, was nicht nur aus Sicht des Verbraucherschutzes kritisch sei, viele Solo-Selbständige seien nicht ausreichend versichert und fielen damit bei Krankheit oder im Alter der Allgemeinheit zur Last.
Handwerk wird konsultiert
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist vereinbart, die Meisterpflicht für einzelne Berufe EU-konform wieder einzuführen. Die Arbeitsgruppe „Meisterbrief“ der Koalition sieht – wie das Bundeswirtschaftministerium – die Möglichkeit, die Meisterpflicht im verfasssungs- und europarechtlich vorgegebenen Rahmen wieder auszudehnen. Der Grundsatz, dass gefährliche Berufe oder Gewerke, bei denen bei falscher Ausführung Gefahr für Leben und Gesundheit der Nutzer besteht, soll auch weiterhin ein wichtiges Kriterium bleiben. Bisher waren auf dieser Grundlage Installateurberufe sowie Gewerke wie Maurer, Gerüstbauer, Metallbauer und Dachdecker nicht von der Meisterpflicht befreit worden.
Im Rahmen eines Konsultationsverfahrens soll jedoch ausgelotet werden, für welche Berufe die Meisterpflicht wieder eingeführt werden kann. Dabei sollen alle relevanten rechtlichen und ökonomischen Aspekte der Meisterpflicht Berücksichtigung finden, insbesondere wissenschaftliche Analysen als auch Daten und Statistiken aus den einzelnen Gewerken. Besonders in den Blick nehmen wollen die Politiker Daten zur Strukturänderung wie Veränderung der Betriebsgrößen, der Zahl der Betriebe, der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten und der Zahl der Auszubildenden seit der Lieberalisierung bis heute. Nach Angaben des ZDH ist beispielsweise die Zahl der Betriebe in den zulassungspflichtigen Gewerken gesunken, während sie bei den zulassungsfreien Gewerken gestiegen ist. Andersherum verhält es sich bei der Zahl der Auszubildenden. Die war zwar schon vor der Liberalisierung in einem stetigen Abwärtstrend begriffen, in den zulassungsfreien Gewerken sinkt sie seit 2003 aber stärker als bei den zulassungspflichtigen. Zuletzt war sie bei den zulassungspflichtigen sogar wieder leicht gestiegen.
Ab 1.1. 2020 wirksam
Nach dem Fahrplan der Koalition soll auf Basis der Konsultationsergebnisse in der Sommerpause ein Gesetzentwurf erarbeitet werden, der dann im Herbst im Bundestag beraten und beschlossen werden könnte. Wenn das gelingt, könnte das entsprechende Gesetz zum 1.1. 2020 in Kraft treten. „Bei der Rückführung von Gewerken in die Meisterpflicht werden wir sicherstellen, dass bestehende Betriebe in diesen Gewerken, die nicht über einen Meisterbrief verfügen, dauerhaft Bestandsschutz genießen“, heißt es abschließend in dem Eckpunktepapier.
AutorThomas Schwarzmann ist Redakteur der Zeitsschriften bauhandwerk und dach+holzbau.