Altes Stuckateurhandwerk am Neubau
Vor allem in der Gründerzeit kamen sie in großer Zahl zur Ausführung: Hausfassaden mit Stuckelementen, die gleichzeitig Schmuck- und Schutzfunktionen für das Mauerwerk hatten. Von geübten Handwerkern wird solcher Zierrat auch heute noch an Neubauten kunstfertig ausgeführt.
Durch die Variantenvielfalt in der Ausführung bekamen die einzelnen Hausfassaden in der Gründerzeit, dem Jugendstil und Art Deco ihr individuelles, unverwechselbares und Stil prägendes Gesicht. Eine Schutzfunktion zur Vermeidung von Wärmebrücken übernahmen Stuckelemente, in dem sie architektonisch bedingte Querschnittsverjüngungen im Mauerwerk (Deckeneinbindung, Heizkörpernischen, usw.) durch einen außenseitig angebrachten Mörtelauftrag wieder ausgeglichen haben. Natürlich war eine besonders reich verzierte Stuckornamentik immer auch ein äußeres Bild für die Prosperität des Bauherrn oder Bewohner der Gebäude.
Ein Beispiel für Stuckfassaden in heutiger Zeit
Heute sind Stuckfassaden eher selten geworden. Die moderne Formensprache setzt andere Stilmittel ein. Es gibt aber auch andere Beispiel. So führten die Mitarbeiter von Sebastian Rost aus Berlin, einem Meister und Restaurator im Stuckateurhandwerk, beim Bau eines freistehenden Villengebäudes in Berlin Fassadenstuck und Bossenputz an einem modernen, aus hoch dämmendem Ziegelmauerwerk erstellten Neubau aus. Die Stuckelemente wurden hier handwerklich auf der Putzfassade mit Mörtel gezogen und nicht etwa aus vorgefertigten Elementen auf Polystyrolkernbasis einfach nur aufgeklebt.
Für den Bau verwendeten die Maurer größtenteils hoch wärmedämmende Hochlochziegel (Poroton T 12). Die notwendigen Stützen wurden in Betonbauweise errichtet und später bei der Gestaltung der Außenfassade ebenfalls mit Stuckmörtel bekleidet.
Ausführung von Bossenputz auf Ziegelmauerwerk
Bei ordnungsgemäßer Ausführung des Mauerwerks wird das Außenputzsystem bestehend aus Unter- und Oberputz in der Regel in einer Gesamtdicke von 20 mm aufgetragen. Für den Wärmedämmziegel Poroton T 12 ist ein Leichtputz gemäß DIN EN 998-1 beziehungsweise gemäß DIN V 18 550 erforderlich. Die Anforderungen für die Außenputzbeschichtungen müssen gemäß dem Merkblatt „Außenputz auf Leichtziegelmauerwerk“ beziehungsweise dem Nachfolgemerkblatt „Leitlinien für das Verputzen von Mauerwerk und Beton“ erfüllt sein. Dies bedeutet im Einzelnen:
Die Ziegel müssen im Verband vermauert werden. Das Überbindemaß beträgt 0,4 mal die Steinhöhe.
Lagerfugen müssen vollflächig verklebt oder vermörtelt sein.
Die Stoßfuge muss vom Maurer in der Regel knirsch gesetzt und unvermörtelte Fugen, die breiter als 5 mm sind, vermörtelt werden.
Das Mauerwerk darf nicht durchnässt sein.
Mörteltaschen und Verzahnung an Wandenden und Mauerecken, Fehlstellen in der Wand und offene Fugen > 5 mm müssen gleich beim Mauern mit einem geeigneten Mörtel verschlossen werden.
Aufgrund der ungünstigen Witterung beim Bau der Villa war das vorhandene Mauerwerk jedoch teilweise stark durchnässt. Dies hätte gemäß des oben zitierten Merkblatts zur Folge gehabt, dass die Standzeit des Unterputzes auf mindestens zwei je Millimeter Putzdicke verlängert und nach Standzeit eine separate, vollflächige Gewebespachtelung aufgeführt hätte werden müssen. Für das Erdgeschoss war als architektonisches Gestaltungselement ein Bossenputz mit entsprechend starker Hinterschneidung vorgesehen, so dass daraus eine durchschnittliche Putzdicke von im Mittel 40 mm resultierte.
Aus diesen Gründen kam als Unterputz ein Wärmedämmputz (Baumit Dämmputz DP 85) gemäß DIN EN 998-1 „T 1“ zur Anwendung. Die notwendige Schichtdicke konnten die Handwerker dabei in einem Arbeitsgang aufbringen. Zur Untergrundvorbereitung wurde der Auftrag eines Spritzbewurfes mit Vorspritzmörtel (Baumit VS 60) gewählt. Die Bossierung schnitten die Handwerker in gewünschter Dicke in die Dämmputzschicht ein. Nach einer Standzeit von sieben Tagen erfolgte eine vollflächige Gewebespachtelung mit einem kunststoffvergüteten Fassadenspachtel (Baumit multiContact MC 55 W) und der vollflächigen Einbettung eines alkalibeständigen Armierungsgewebes. Im Bereich der Bossierung wurde ein Bossenprofil-Gewebe eingesetzt. Die Diagonalbewehrung an allen Gebäudeöffnungen wurde vor der Flächenarmierung ebenfalls mit MC 55 W eingebettet.
Auf Grund seines sehr niedrigen Elastizitätsmoduls von weniger als 1000 N/mm² konnte die Standzeit des Dämmputzes auf sieben Tage verringert werden, anstatt der sonst üblichen Putzregel von etwa ein Tag je 1 mm Putzdicke, was im vorliegenden Fall bei der Ausführung mit einem klassischen Kalk-Zementputz 40 Tagen entsprochen hätte.
Herstellung der Stuckprofile aus Dämmputz
Die Ausführung des Fassadenstucks sollte ursprünglich mit einem klassischen Kalk-Zementmörtel beziehungsweise mit einem zementgebundenen Stuckmörtel (Bayosan Stuccoco Grobzug FG 88 und Stuccoco Feinzug FF 89) erfolgen. Speziell die beiden mit einem Spezialzement rezeptierten Stuccocoprodukte zeichnen sich durch die rasche Erhärtung und Verfestigung des verwendeten Schnellzementes in Form eines hohen Arbeitsfortschritts und einer hohen Auftragsdicke in einem Arbeitsgang aus.
Der eingesetzte Leichthochlochziegel konnte jedoch die daraus zwangsläufig resultierenden hohen Flächengewichte nicht zielsicher aufnehmen, so dass man sich nach intensiver Fachberatung zwischen dem Architekten, der ausführenden Firma Sebastian Rost GmbH Fachbetrieb und dem Putzhersteller Baumit kurzfristig auf die Variante einigte, auch die Stuckzug-
arbeiten mit dem Dämmputz auszuführen. Die etwas langsamere Abbindereaktion des Dämmputzes im Vergleich zu den schnellzement-gebundenen Stuccocoprodukten wurde entsprechend im Bauzeitenplan berücksichtigt.
Zur Ausführung der Stuckzugarbeiten direkt an der Fassade musste die Stuckschablone entsprechend den Grob- und Feinzugarbeiten in ihrer Profilierung nachgearbeitet werden. Für die Feinzugarbeiten wurde zum gleichzeitigen Verschließen der Mörteloberfläche mit dem naturweißen Kalk-Feinputz Baumit Kalkin RK 70 N gearbeitet. Die Schichtdicke durfte dabei 5 mm nicht überschreiten, um Spannungsrissen vorzubeugen.
Durch die hochhydraulischen Bindemittelanteile ist dieser Kalkspezialputz auch für die Außenfassade geeignet. Er hat eine Wasserabweisung (W 2 gemäß DIN EN 998-1) und besitzt wunschgemäß eine feine Kornstruktur mit etwa 0,6 mm Größtkorn.
Die Stuckprofilierungen wurden somit mit dem Unterputz und der Armierungsschicht an den Übergängen ordentlich eingeputzt. Um einem eventuellen leichten Abriss zwischen Oberputz und Profilen vorzubeugen, arbeiteten die Handwerker mit einem sehr feinen, geraden Messerschnitt im Oberputz. Dabei mussten sie auf eine sehr saubere Ausführung des Messerschnittes achten, damit hier später kein Wasser eindringen kann.
Die Flächenarmierung wurde nach einer Woche Standzeit mit dem gewünschten Deckputz Edelfilzputz EFP (Putzdicke etwa 3 mm) überzogen und nach weiteren drei Tagen Standzeit mit einem zweifachen Fassadenanstrich (Silikonfarbe) geschützt.
Ausführung der Putzarbeiten am Sockelanschluss
Das besondere Augenmerk der Handwerker galt der Ausführung des Sockelputzes. Auf Grund des vorhandenen Leichtziegel-Mauerwerks verwendeten sie daher einen Leichtsockelputz (Baumit LS 62). Diesen konnte sie auch gleichzeitig auf den Terrassen und Balkonen im für den Anschlussbereich zu den Bodenbelägen verwenden.
Wegen der relativ geringen Festigkeit des gewünschten feinkörnigen Oberputzes EFP (CS II, W 2) von etwa 2,5 N/mm² mussten die Handwerker darauf achten, dass der Oberputz nicht bis zur Geländekante (Anschluss Sockel – Erdreich Geländeoberkante) hinab gezogen wurde, sondern mindestens 50 cm oberhalb endete. So konnte einer potentiellen Schädigung durch Spritzwasser oder Schneeanhäufung im Winter vorgebeugt werden.
Der Putzanschluss im Übergangsbereich zwischen Dämmputz an der Fassade und Leichtsockelputz im Sockel wurde sinnvollerweise in die erste Bossenlage gelegt, da hier sowieso mit einem Armierungsgewebe gearbeitet werden musste.
Auch der Fassadenstuck wurde mit Dämmputz gezogen