Restaurierung der Villa Kösters in Löningen

Die Idee: Ein architektonisch reizvoller Verbund einer alten Jugendstilvilla in Löningen mit dem modernen Hallenneubau des Technikums für Holzbeschichtungen der Firma Remmers. Die Aufgabe: Die denkmalgerechte und ganzheitliche Sanierung der Villa und die Verbindung mit dem Neubau.

„Baugeschichtlich betrachtet ist das Einzeldenkmal, Baujahr 1907, für die Zeit und die Region ein unge­wöhn­liches Bauzeugnis und das verleiht ihm eine besondere Bedeutung. Die Villa Kösters folgte nicht mehr dem bis dahin gängigen Baustil Fachwerk oder Backstein, sondern repräsentiert den Zeitgeschmack des Jugendstils. Der Architekt Kösters zeigte damit sein ganzes gestalterisches Können”, sagt Architekt Andreas Wegmann als Vertreter der Denkmalschutzbehörde vom Landkreis Cloppenburg.

Die Villa variiert das Thema des traditionellen Giebel­hauses auf sehr individuelle und zugleich niederdeutsche Art und Weise: mit Fachwerk, weißgestrichenen Putzfassaden, Krüppelwalmdächern und Korb­bogen­fens­tern. In den Flurfenstern und kleinteiligen Oberlichter sowie Seitenfensterflügeln stecken zum Teil grün gefärbte Gläser. Treppengeländer, Zimmertür­aus­formungen und Türbeschläge enthalten florale Elemente des Jugendstils beziehungsweise Art Deco. Das herrschaftliche Wohnzimmer im Untergeschoss hat einen Erker als „Auslucht“, darüber einen Balkon vor dem Schlafzimmer, der den  repräsentativen Eindruck einer Villa unterstreicht.

Tradition und Moderne verbinden

Architektonisch betrachtet handelt es sich beim Umbau um die reizvolle Kombination von alt und neu durch die Verbindung der Villa mit dem Technikum. Es waren im Grunde genommen also zwei ganz unterschiedliche Bauvorhaben, die 2014 gleichzeitig erfolgten: Der Hallenneubau und die Restaurierung der schönen aber maroden Bausubstanz der Jugendstilvilla. Durch eine 140 m2 große Glaskonstruktion ist die Villa nun mit dem neuen 700 m2 großen Anwendungstechnikum verbunden. Dieses liegt mit seinem Flachdach gewissermaßen im Sichtschatten des architektonischen Jugendstilschmuckstücks.

Im Technikum befindet sich eine Teststrecke für Kundenversuche und Neuentwicklungen, um modernste Holzbeschichtungstechnologien zu einwickeln sowie ein Schulungszentrum.

Instandsetzung vom Keller bis zum Dach …

… so lautet die Aufgabenstellung beim Bauen im Bestand, wenn die Firma Remmers mit ihren über 400 Produktsystemen zum Einsatz kommt. Diese Kompetenz wurde natürlich auch bei der Sanierung und Restau­rierung der eigenen Villa Kösters am Firmenstandort in Löningen zum Einsatz gebracht. „Gestalterisch ging es um eine architektonisch stilsichere Verbindung von Villa und Holztechnikum und gleichrangig um die Realisierung optimaler und nachhaltiger Nutzungsmöglichkeiten durch Seminar- und Wohnräume in der Villa“, sagt der das Projekt leitende Architekt Walter von Garrel von der CIG Architekten- und Ingenieurgesellschaft aus Cloppenburg. „Die Bauschäden, die wir vorfanden, vor allem im Bereich Dach, Fußböden, Fenster, Wandkonstruktionen, waren insgesamt zwar erheblich, planerisch aber durchaus beherrschbar. Vieles war jedoch im Vorfeld nicht erkennbar. Die Sanierung erforderte daher immer wieder kurzfristige und flexible Änderungen in der Planung und Bauausführung. Zudem hatte es bauliche Veränderungen gegeben, die nicht den Denkmalschutz­bestimmungen entsprachen. Das machte in Teilen einen Rückbau erforderlich”, so von Garrel weiter.

Fassadeninstandsetzung

An der Fassade fand man zahlreiche Setzrisse, die auf partielle Hohllagen im Putz hindeuteten. Die Beschichtung an der Fassade der Villa wurde von der Remmers-Anwendungstechnik überprüft und beprobt. Die Analyse des Altanstrichs ergab dabei mehrere Farbschichten, ohne ausreichende Haftung des gesamten Schichtaufbaus zum Untergrund. Der letzte Anstrich erfolgte mit einem elastischen System.

Das Instandsetzungskonzept sah zunächst die Entfernung des alten Beschichtungssystems und die schonende Reinigung der Flächen im Rotec-Verfahren vor. Danach schlugen die Handwerker hohlliegenden Putz ab und schufen eine geradlinige Begrenzung. Es folgte das Schließen der Risse mit Dichtspachtel und das Beiputzen der Fehlstellen mit Sanierputz Universal HS. Die anschließende Überarbeitung dieser Flächen erfolgte mit einer Armierungsschicht aus Verbundmörtel und Gewebe 5/100, die der gesamten Fassade mit Verbundmörtel und anschließendem Abfilzen. Danach brachten die Handwerker eine Grundierung mit Imprägniergrund auf und beschichteten die Fassade zweimal mit Siliconharzfarbe LA.

Nachbau der Fenster und Türen

Eine Vorgabe der Denkmalpflege war der Erhalt der originalen Fenster und Türen – selbstverständlich nach fachgerechter Aufarbeitung. Gegen eine Teilerneuerung nach historischem Vorbild wurden aber keine Bedenken erhoben; allerdings mit der Auflage, dass die farbliche Gestaltung anhand einer Befundermittlung der Altanstriche vorgenommen werden musste.

Die Farbanalysen der Remmers-Anwendungstechnik ergaben, dass der Altanstrich deckend weiß, vermutlich Alkydharz Malerqualität, seidenglänzend war. Darunter fand man einen dünnschichtigen, offenporigen, braunen Lasuranstrich. Derartige Dünnschichtsysteme sind für maßhaltige Bauteile heute nicht mehr zulässig, da eine Trockenschichtdicke von mindestens 80 pm gefordert wird. Der Sanierungsvorschlag: Austausch aller Elemente gegen neue Fenster, gefertigt nach denkmalrelevanten Auflagen, deckend lackiert. Dieser Vorschlag kam letztendlich auch zur Ausführung. Der Auftrag ging an die Hera Fenster & Türen aus Holz GmbH aus Vinnen, die die Holzfenster im vierschichtigen Induline Premium Coatings System von Remmers beschichtete:

Imprägnierung und Holzverfestigung mit SW-900
Grundierung mit GW-201
Zwischenbeschichtung mit ZW-400 und
Endbeschichtung mit DW-601.

Sanierung von Dachstuhl, Zwischendecken und Fachwerkgiebel

Bei einer Prüfung der Dachkonstruktion stellte man fest, dass Sparren und Pfetten nicht mehr tragfähig sind. Ursachen hierfür waren unter anderem ein starker Hausbock-Befall (Hylotrupes bajulus) im Dachstuhl und Obergeschoss. In einigen Bereichen wurde auch Braunfäule bei den Dachbalken festgestellt, die dadurch ihre Tragfähigkeit verloren hatten. In der Küche im Erdgeschoss waren tragende Balken teilweise bereits durch Braun- und Destruktionsfäule zerstört. Hier war der Blättlingsbefall anhand der Oberflächenmycele deutlich zu erkennen.

Es gab keine Alternativen: Der Dachstuhl musste komplett erneuert werden, vorbeugend im Kesseldruckverfahren imprägniert. In den Geschossdecken tauschten die Zimmerleute einzelne tragende Balken aus.

Drei der vorgehängten Fachwerkgiebel aus Eichenholz waren durch holzzerstörende Pilze (Braun- und Destrukionsfäule) so stark beschädigt, dass die Standfestigkeit nicht mehr gegeben war. Sie wurden komplett neu angefertigt und vorbeugend gegen Pilz- und Insektenbefall imprägniert.

Der Giebel ohne gravierende Zerstörungen blieb erhal­ten. Nach Entfernung des alten, deckenden Anstrichs wurde die Holzkonstruktion zweimal mit Imprägniergrund GN gegen Pilz- und Insektenbefall getränkt und nach Abtrocknung mit einem Decklack beschichtet.

Keller- und Sockelabdichtung

Die Kellerräume der Villa werden künftig haupt­sächlich für die Lagerung wertvoller Exponate benötigt. Für die Abdichtung des durchfeuchteten Kellermauerwerks setzte man das Kiesolsystem ECO ein. Für die Sockelabdichtung senkten die Handwerker das vorhandene Niveau um etwa einen halben Meter ab und reinigten den Sockel gründlich. Die weiteren Arbeitsschritte: Ausbesserung der Fehlstellen mit Dichtspachtel, Grundierung mit Kiesol und innerhalb der Reaktionszeit zweimaliger Auftrag von Dichtschlämme mit dem Quast.

Nach Reaktion überarbeiteten die Handwerk alles mit der Bitumendickbeschichtung Remmers KMB. Abschließend erfolge die Montage des DS-Systemschutzes, um mechanische Beschädigungen auszuschließen.

Innendämmung mit iQ-Therm

Die Fassade der Villa Kösters musste erhal­ten bleiben, sie gestattete nur eine Innendämmung für die energetische Sanierung. Nach der Montage der Innendämmung kürzten die Handwerker die Stuck­ornamente entsprechend der Systemdicke der iQ-Therm-Innendämmung  ein und setzten sie direkt an Decke und Wand wieder an. Die unvermeidlichen Nahtstellen überarbeiteten sie im Nachgang mit Gips, auf dem ein Endanstrich mit iQ-Paint zur Ausführung kam.

Innenputz

Die Instandsetzung der Flächen erfolgte mit dem mi­ne­ralischen Remmers Sanierputz altweiß. Der maschi­nengängige Leichtputz zeichnet sich durch seine leichte Verarbeitung bis 30 mm aus. Aufgrund seines Poren­raumvolumens von über 50 Prozent ist er austrocknungsfördernd und salzbeständig. Um im System zu bleiben, überarbeiteten die Handwerker den Putz anschließend mit dem mineralischen Flächenspachtel und Feinputz iQ-Fill. Das Oberflächen-Finish erfolgte mit dem diffusionsoffenen iQ-Paint.

Restaurierung der Stuckdecken

Der Stuck besteht aus unterschiedlichen Gipsformteilen, die nach dem Anbringen mit einer weißen Kaseinfarbe beschichtet und poliert wurden. Das Farbspiel entsteht hauptsächlich aus der Schattenwirkung der Ornamente. Nur einige Blätter in den Ornamenten verstärkten die Maler mit einem leichten Grauton. Später tapezierte man alle Decken.

Die Jugendstil-Ornamente wurden dann zu einem späteren Zeitpunkt mit einer dicken Leimfarbe und mindestens zweimal mit Acrylfarben überstrichen. Hierbei deckte man alle Feinheiten der Ornamente ab.

Für die Restaurierung nahmen die Maler die originalen Stuckornamente in Meterabschnitten herunter und reinigten sie gründlich. Von beschädigten Ornamenten nahmen die Maler Abdrücke, um damit originalgetreue Nachbildungen aus Gips erstellen zu können.

Holzverkleidungen und Treppen

Vorgabe der Denkmalpflege war, die historischen Raumfassungen auf Grundlage einer Befunderfassung zu sanieren und erhalten. Die bei Remmers durchgeführten Laboranalysen ergaben bis zu sieben Farbschichten, beginnend mit einer Dünnschichtlasur, anschließend verschiedene Decklacke. Vermutlich waren die ersten Produkte Leinölbasiert, später wurde mit Kunstharzprodukten weiter gearbeitet. Der Anstrich hatte keinen Verbund zum Untergrund mehr.

Deshalb versuchte man, an Ort und Stelle den Altanstrich abzubeizen. Da es sich um eine große Anzahl dreidimensionaler Profile handelte, war das Ergebnis jedoch unzureichend. Zudem wurde nach eingehender Untersuchung der Treppe ein Holzwurmbefall festgestellt. Daraufhin demontierte ein Fachbetrieb die Treppe, um sie in der Werkstatt mit dem lösemittelbasierten Holzwurm-Bekämpfungsmittel Remmers Antiinsekt zu behandeln. Im Anschluss erhielt die Treppe eine neu Lasur nach Vorgaben der Denkmalpflege. Der Anstrichaufbau: Positiv-Beize PB-006 - Farbton Kirschbaum und ablackiert mit dem farblosen HWS-112-Hart­wachs­siegel.

Auch bei der Vertäfelung gestaltet sich das Abbeizen vor Ort im montierten Zustand als so schwierig, dass man sich darauf einigte, diese ebenfalls auszubauen und in der Werkstatt zu renovieren. Zum Anschluss erfolgte die zuvor beschriebene lasierende Beschichtung, da auch hier die Holzmaserung weiterhin sichtbar sein sollte.

Autoren
Rainer Spirgatis ist Bereichsleiter Anwendungstechnik im Geschäftsbereich Bauhandwerk und Elmar Kaiser Bereichsleiter Anwendungstechnik im Geschäftsbereich Holzhandwerk bei der Remmers Baustofftechnik in Löningen.
x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 12/2022

Fassade und Dachstuhl einer Jugendstilvilla in Münster mit Remmers Systemen instand gesetzt

Östlich des historischen Stadtzentrums von Münster liegt das Erphoviertel. Das zum Bezirk „Mitte“ gehörende Wohnviertel ist geprägt von vielen Altbauten – vielfach aus der Zeit zu Beginn des...

mehr
Ausgabe 11/2015

Denkmalschutz ist der Dank an die Vergangenheit und unser Geschenk an die Zukunft

40 Jahre sind seit dem Europäischen Denkmalschutzjahr 1975 vergangen. Damals interessierte sich eine breite bürgerliche Bewegung für den Erhalt unseres kulturellen Erbes. Bis heute wirkt der Erfolg...

mehr
Ausgabe 01-02/2011

Restaurierung der Villa Witte

Die luxuriöse Gründerzeitvilla war 1899 für den Brandenburger Kohlehändler Hermann Witte jr. erbaut worden. Dieser hatte seinerzeit an nichts gespart: Vier Balkone, ein Wintergarten, ein...

mehr
Ausgabe 04/2020

Denkmalgerechtes Restaurierungskonzept von Remmers für Leeraner Sandsteinstele

Durch das Nacharbeiten wurden abbr?ckelnde Oberfl?chen egalisiert

Das Denkmal im ostfriesischen Leer wurde zum Gedenken an die Gefallenen des Deutsch-Französischen Krieges (1870/ 71) am 10. Mai 1874 errichtet. Durch seine Lage im Zentrum der belebten...

mehr