Deckenschmuck
Sanierung und Neuaufbau historischer Stuckdecken
Die Stuckverzierung von Gebäuden hat eine sehr lange Tradition. Insbesondere aus der Gründerzeit sind aufwendige Fassaden erhalten. Auch innen wurden Ornamente aus Gips angebracht. Die Sanierung oder ein Neuaufbau historischer Stuckdecken bietet dem Stuckateurhandwerk vielfältige, anspruchsvolle Aufgaben.
Im mehrgeschossigen Wohnungsbau, bei Villen und repräsentativen Gebäuden wurde eine große Anzahl von Stuckelementen zur Ausgestaltung der Räume montiert. Die Formen der Rosetten, Zierleisten, Gesimse usw. waren äußerst vielfältig. Dabei wurden Stile aus vergangenen Bauepochen wieder aufgegriffen oder neu entwickelt.
Die Montage der verschiedenen Stuckteile erfolgte sehr unterschiedlich. Bei Rosetten verwendeten die Handwerker spezielle Holzschrauben, die in der Deckenschalung befestigt wurden. Gesimse und Zierleisten brachten sie mit Holzschrauben oder Stiftnägeln an der Schalung an. Bei schiefwinkligen Deckengrundrissen behalf sich der Stuckateur mit Knäueln aus Werg (Flachs- oder Hanfabfall). Die Knäuel wurden in Gipsbrei gewälzt und in den Ecken zwischen Zimmerdecke und Wand in einem Abstand von rund 40 cm angedrückt. Solange die Gipsknäuel noch plastisch verform-bar waren, konnten die Kehlelemente mit Gips angesetzt und verschraubt werden. Gewöhnlich waren die Kehlen etwa 2 m lang und konnten dadurch nicht an allen Stellen gleichzeitig verschraubt werden.
Stucksanierung – erste Schritte
Vor dem Beginn einer Sanierung von Stuckdecken ist eine genaue Bestandsaufnahme der vorhandenen Decke notwendig. Dabei muss man die verwendeten Materialien des Stucks und die Tragfähigkeit des Untergrundes überprüfen. Als Erstes wird der alte Untergrund gründlich gereinigt, insbesondere der anliegende Schmutz muss mit Pinsel und Staubsauger entfernt werden. Sind die Stuckelemente stark zugeteigt (das heißt, der Stuck ist durch mehrere dicke Farbschichten kaum noch zu erkennen), kann eine Freilegung in Angriff genommen werden. Diese Arbeit sollte unbedingt in den Händen eines qualifizierten Restaurators liegen, der die notwendigen fachlichen Kenntnisse besitzt, um die historischen Stuckteile nicht zu beschädigen und eine Veränderung der vorhandenen Formen zu verhindern.
Risse im Stuck
Meist bilden sich infolge langer Standzeit Risse im Stuck. Man unterscheidet zwei Rissarten: Schmale Haarrisse, die durch normale Bewegungen der Holzbalkendecke entstehen, stellen meist keine Gefahr dar und können belassen werden. Breitere statische Risse können durch Setzung des Gebäudes oder durch starke Erschütterung entstanden sein. Neben ihrer Unansehnlichkeit besteht möglicherweise die Gefahr, dass sich der Stuck lockert.
Die beschriebenen Risse können auf unterschiedliche Art behandelt werden. Der Stuckateur kann die Risse aufweichen und wieder verfüllen. Eine andere Möglichkeit ist das Verkitten mit auf den historischen Stuckmörtel abgestimmtem Material. Der Vorteil bei diesem Verfahren ist, dass eine genaue Nachstellung des vorgefundenen Stucks nicht notwendig ist. Bei Kalkstuck sollte man Kalkmörtel einsetzen. Der Zusatz von Haaren verleiht diesem Mörtel mehr Elastizität. Bei Gipsstuckteilen kann der Gips durch Quarz- oder Marmormehl abgemagert und dadurch zur Risssanierung verwendet werden.
Die Überbrückung von Stuckrissen mit Gewebe bei glatten Deckenflächen sollte eher die Ausnahme als die Regel sein, denn meist ergibt sich durch dieses Vorgehen anschließend eine dickere Beschichtung.
Sanierungslösungen und Nachbildung
Sind nur Teile des Stucks nicht mehr vorhanden, können diese partiell ergänzt werden. Diese Ergänzung führt der Stuckateur mit einer fließfähigen Kalkmasse oder fließfähigem Gips aus. Sind beulenartige und bewegliche Schäden in der Stuckdecke, können diese mit einem Kunstharz oder fließfähiger Injektionsmasse auf Kalkbasis hinterspritzt werden. Falls notwendig, kann man noch zusätzlich Armierungsstifte zur Sicherung anbringen.
Sind auf den vorhandenen Stuckteilen Flecken von Wasser, Rost oder Ruß sichtbar, schafft der Überzug mit einem Isolierlack Abhilfe. Diese Isolierung sollte aufgrund von verminderter Dampfdiffusion und der zusätzlichen Schichtdicke aber nur partiell erfolgen.
Wenn Stuckelemente so stark beschädigt sind, dass eine Reparatur nicht mehr infrage kommt, hilft nur ein kompletter Neuaufbau der Decke. Dabei kann man die vorhandenen Reste des Stucks zur Nachbildung von neuen Elementen verwenden. Eine nützliche Hilfe können auch historische Bauunterlagen oder Fotos sein. Dort findet man oftmals Darstellungen und Zeichnungen der ursprünglichen Stuckdecke.
Beim Neuaufbau sollte die Decke nach den geforderten Vorgaben entsprechend aufgeteilt werden. Dazu ist ein maßstabsgerechter Verlegeplan notwendig. Mit Bleistift und Schlagschnur wird die Aufteilung auf die Decke übertragen. Nach diesen Vorarbeiten kann der Handwerker nun die Montage der einzelnen Stuck-elemente ausführen. Durch das Aufrauen des Putzes erhält man einen besseren Haftgrund.
Vorbildliche Arbeit
Ein sehr gutes Beispiel für die fachliche, fundierte Sanierung von Stuckdecke ist der komplette Neuaufbau der Decken bei der Sanierung der Leipziger Villa Schröder. In diesem Gebäude war aufgrund des Bauzustandes eine Erhaltung der vorhandenen Stuckdecken unmöglich. Eine weitere Herausforderung war die individuelle Deckengestaltung jedes Raumes. Dazu wurden auch historische Dokumente und Vorlagen genutzt. Die Stuckarbeiten führte die Firma Stuck-Lowe aus.
Schauwerkstatt für Stuckarbeiten
Eine besondere Form, das Stuckateurhandwerk den Menschen näher zu bringen, ist das Angebot der Apart Kunst Stuck & Möbel Galerie in Leipzig, Littstraße 7-9. Die Firma wurde 2007 gegründet, und Interessierte können den Stuckateuren bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. In dieser Schauwerkstatt kann praktisch jeder Schritt von Stuckarbeiten miterlebt werden. Gelernte Fachkräfte restaurieren dort beispielsweise Jahrhunderte alte Stuckrosen, fertigen Silikonformen und arbeiten historische Ornamente auf. Mehr dazu im Internet: http://www.cg-gruppe.de/live/apart/stuck/
Autor
Dipl.-Ing. Lutz Reinboth ist Bauingenieur in Leipzig, Fachautor und freier Autor unter anderem der Zeitschrift bauhandwerk.
Vor dem Beginn einer Stuckdeckensanierung ist eine genaue Bestandsaufnahme der vorhandenen Decke notwendig
Wenn Stuckelemente irreparabel beschädigt sind, hilft nur ein kompletter Neuaufbau der Decke