Echter Stuck und wie echter Marmor
Wie man Stuck und Stuckmarmor handwerklich erhalten kann

Mancher aus dem Barock und Rokoko erhaltene Stuck und Stuckmarmor von italienischen Handwerkern steht heute ebenso wie die in den darauf folgenden Jahrhunderten entstandenen Gipsornamente mit hoher Qualität zur Restaurierung an. Worauf man dabei achten muss, zeigt folgender Beitrag.

Spätestens ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs war Stuck verpönt. Historische Stuckdecken wurden glatt verkleidet. Leider fand die „Entstuckung“ auch an historischen Fassaden statt. Doch schon in den 1960er Jahren wird echter Stuck vereinzelt wieder geschätzt. Heute wird noch erhaltener Stuck vom Maler oder Stuckateur meist wie selbstverständlich wieder aufgearbeitet. Aber auch neuer Stuck wird aus Gipsprofilen und in vielen klassischen Formen wieder ausgeführt. Selbst ganze Decken- und Wandflächen werden mit echten Gipselementen unterschiedlicher Oberflächenstrukturen wieder verkleidet. Über die Flut von Stuckimitationen aus Kunststoff soll an dieser Stelle allerdings nicht gesprochen werden.

Untergrundvorbereitung

Die Aufarbeitung von historischem Stuck ist oft aufwendig und muss von der Vorbereitung der Untergründe angefangen immer sorgfältig ausgeführt werden. Denn nur die Entfernung vieler vorhandener Farbschichten lässt ursprüngliche filigrane Formen wieder erscheinen. Benutzter Abbeizer muss schonend und umweltgerecht sein. Außer mechanischen Werkzeugen ist oft auch der Einsatz eines Skalpells gefordert. Der so gesäuberte Stuck muss geprüft werden, ob er so genannte „durchschlagende“ Farbreste (Anelinfarben) enthält, die oft nicht zu erkennen sind. Ein kleiner weißer Probeanstrich, über Nacht getrocknet, zeigt solche Schäden jedoch an. Mit einem passenden Isoliergrund muss bei Farbdurchschlägen nach sorgfältigem Schleifen vorgestrichen werden. Vorhandene kleine Bruchstellen werden exakt zum vorhandenen Profil ausgebessert. Bei größeren Schäden müssen die Ausbrüche mit zwei Schablonen des Profilmusters nachgezogen werden. Mit der ersten gezahnten Schablone wird mit gefülltem Gipsputz so vorgezogen, dass noch 2 bis 3 mm für die Gipsfeinschicht verbleiben. Dabei sollte der Maler oder Stuckateur daran denken, gut vorzunässen. Bei solch unterschiedlichen Arbeiten muss Gips schneller oder langsamer abbinden. Heute liefern die Hersteller passende Typen. Früher hat man Gips noch mit Kochsalz oder warmen Wasser „schneller“ gemacht, als Verzögerer gab man dagegen kleine Mengen Leim oder Weißkalk zu.

Durch waagerechtes Anbringen einer geraden längeren Leiste können vorhandene Unebenheiten der Wände ausgeglichen werden. Die Gehrungen in den Ecken müssen immer im 45 Grad Winkel zur Raumecke verlaufen. Das gilt natürlich auch für Außenecken. Längere gerade Profilläufe werden auf dem Ziehtisch gezogen. Zu unterscheiden sind Kopf- und Mittelschablonen. Diese Schablonen müssen aus Blech sorgfältig genau angefertigt werden, um eine Zugarbeit guter Qualität ausführen zu können. Beim Feilen an der Schablone sollte der Handwerker besonders auf den scharfkantigen Verlauf der einspringenden Ecken und Kanten achten. Für rechte Winkel darf dabei keine Dreikantfeilen benutzen werden und für gerade Kanten keine Halbrundfeilen. Der Grat muss dabei immer entfernt werden.

Soll völlig verloren gegangener historischer Stuck vollständig ersetzt werden, muss dieser am Denkmal identisch mit dem Original ausgeführt werden. Das Anfertigen und Nachstellen von Stuck-Sonderprofilen erfordert hohe Fachkompetenz und ist sehr kostenaufwendig. So stellt sich dem Maler und Stuckateur die Frage, ob der Kauf bei einem potenten Hersteller als Sonderanfertigung am Ende nicht doch vorteilhafter ist. Dafür sollte man neben Fragmenten auch Quellen nutzen. Sind solche nicht vorhanden, werden hier vom Handwerker sehr gute Kenntnisse in Stilkunde verlangt.

Arbeiten vor der Montage

Vor der Montage müssen die Auflageflächen aufgeraut und vorgenässt werden. Nach dem aufbringen des Ansatzgipses auf das Stuckprofil muss diese nach leichtem Hin- und Herreiben richtig angesetzt angedrückt werden. Stuckformteile müssen immer ausreichend rostfrei armiert werden. Absolut sichere Befestigungen kann man mit Dübeln und rostfreien Schrauben ausführen. Diese müssen nach dem Versenken sauber verspachtelt werden. Zuerst werden die Eckwinkel montiert, dann kann man mit den Längen ergänzen. Für den Schlussanstrich ist innen immer „klassisches“ Weiß gefordert. Kaum auftragende Silikatfarben, beispielsweise von Keimfarben, vergilben nicht. Früher wurde bei Stuck immer eine kleine Menge lichtechtes Violett (zum Beispiel Kremer-Pigmente) zur optischen Verbesserung des Weißgrades zugegeben.

Marmorgips entsteht aus Stuckgips, wenn dieser mit Alaun getränkt nochmals gebrannt wird. Er härtet besonders fest aus. Verwendet wird Marmorgips, wo er später besonders strapaziert wird. Beispielsweise an Säulen oder für polierfähige Oberflächen.

Stuck an der Fassade

An Fassaden wurde Stuck noch bis ins 20. Jahrhundert hinein in vielen Stilarten aus Gips gefertigt. Jeder Stuckateur hatte eigene Rezepturen aus tierischen Leimen zum Verkleben. Die Oberflächen wurden mit Leinölfirnis oder Leinölschellack-Kombinationen vor dem Schlussanstrich getränkt. Für Fassadenstuck wird heute von Herstellern kein Gips mehr benutzt. Unterschiedlicher Leichtbeton ist an seine Stelle getreten. Für die Fassadenrenovierung mit beschädigten Stuckornamenten, wie Gesimsen, Gurten, Quadern, Tür- oder Fenstergewänden liefern Putzhersteller Spachtelmassen, mit denen auch mit großen Schichtdicken ergänzt werden kann.

Herstellung von Stuckmarmor

Um Stuckmarmor herstellen zu können, bedarf es beim Handwerker höchster Fachkenntnisse. Stuckmarmor nach Beschädigungen genau so wieder nachzustellen, wie er ursprünglich einmal ausgesehen hat, ist in diesem Zusammenhang wohl die schwerste Aufgabe für einen Stuckateur. Nur noch wenigen Handwerkern ist diese alte Technik geläufig. Jahrhunderte lang war Stuckmarmor die Alternative zu teurem Marmor. Heute ist Marmor durch neue Abbautechniken und neue Vorkommen preiswerter geworden. So kann gut ausgeführter Stuckmarmor teurer als echter Marmor werden.

Bei der Aufarbeitung sollte Stuckmarmor nicht zu neu aussehen. Historische Flächen dürfen durchaus leichte Gebrauchsspuren aufweisen. Um Stuckmarmor herzustellen, wird Alabastergips in mit Wasser verdünnten Knochenleim gegeben. Die Kunst besteht nun darin, mit dieser Lösung und unterschiedlich farbigen Pigmenten Kugeln oder Würfel durch Durchkneten zu formen. Je nach gewünschtem Aussehen müssen diese dann frei verteilt in kontrastreich pigmentiertem Gipsstaub gewälzt werden. Alle verwendeten Pigmente sollen lichtecht und alka­libeständig sein, wie dies zum Beispiel bei Kremer-Pigmente der Fall ist.

Unter Druck wird die Oberfläche mit Spezialkellen geglättet und poliert. Dabei kommen Carnaubawachs, Mohn- und Terpentinöl sowie Knochenleim zum Einsatz. Zum Nass-Schleifen werden formgerechte Poliersteine – belgische Brocken genannt – benutzt. Für die Schlusspolitur hat sich ein Stein aus Hamanit-Rosensteinerz bewährt. Bei den Stuckateuren heißt er „Blutstein“. Nach einer milden Reinigung können Kratzer mit einem Polierstein heraus geschliffen werden. Es folgt eine neue Schlusspolierung mit Wachs.

Marmorreinigung und Imprägnierung

Die Reinigung von Marmor beziehungsweise die Imprägnierung kann auch als „Nischenarbeit“ für den Stuckateur oder Maler anfallen. Alte Marmorböden sind irgendwann mit Schichten von Schmutz, Wachsen, Fetten und Resten von Pflegemitteln bedeckt. Zur intensiven Grundreinigung ist zum Beispiel das Glutoclean-Programm von Pufas geeignet. Nach der Grundreinigung muss mit viel Wasser nachgespült werden, damit keine Rückstände im Boden verbleiben. Der letzten Spülung wird zur Neutralisation Essigessenz zugegeben. Nach vollständiger Trocknung kann die neue Imprägnierung nach Herstellervorgabe gleichmäßig streifenfrei aufgetragen werden. Bei großen Flächen ist für solche Arbeiten auch der Einsatz von Pflegemaschinen wirtschaftlich. Bei Marmorflächen an der Wand ist eine grobe Grundreinigung dagegen selten erforderlich. Wenn verrottete Fugen aufgearbeitet werden müssen, liefern einige nachfolgend aufgeführten Hersteller hierfür spezielle Fugenmörtel.

Autor

Hans Jürgen Ronicke ist Malermeister, Innenarchitekt WKS, Restaurator im Handwerk und freier Autor unter anderem der Zeitschrift bauhandwerk. Er lebt und arbeitet in Wittenberg.

Mit einem passenden Isoliergrund muss bei Farbdurchschlägen nach sorgfältigem Schleifen vorgestrichen werden

Um Stuckmarmor herzustellen, wird Alabastergips in mit Wasser verdünnten Knochenleim gegeben

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