Die Kraft der zwei Herzen
Mercedes-Benz bringt für den Kleintransporter Citan zwei neue Motoren heraus: Einen 81 kW starken Turbo-Diesel und einen etwa gleich starken Benziner, der seine 84 kW Leistung aus gerade 1,2 Liter Hubraum generiert. Wir hatten die Möglichkeit, den Citan mit beiden Motorisierungen im direkten Vergleich zu fahren.
Vor etwas über einem Jahr hat Mercedes-Benz den Kleintransporter Citan auf den Markt gebracht. Als „Stadtlieferwagen“ sollte der Wagen das Nutzfahrzeug-Angebot von Mercedes-Benz nach unten abrunden und neue Kundenkreise für die Stuttgarter erschließen. Das scheint auch gelungen – Mercedes-Benz zeigt sich zufrieden mit dem Markterfolg des Citan. Auch wenn gleich zu Beginn der NCAP-Chrashtest des auf dem Renault Kangoo basierenden Transporters den Stuttgartern in die Parade gefahren ist: Nur drei von fünf möglichen Punkten konnte der Kleintransporter dabei erzielen. „Wir haben die Ursachen gemeinsam mit unserem Kooperationspartner gründlich analysiert und Lösungen erarbeitet“, so Steffen Lucas, Director Sales & Marketing bei Mercedes-Benz. „Diese setzen wir jetzt sukzessive um.“ Welche Maßnahmen das konkret sind, stand bei Redaktionsschluss allerdings noch nicht fest. In einer Rückrufaktion im Mai 2013 wurden jedoch schon einmal die bemängelten Fenster-Airbags der bis dato verkauften Citan durch neue Modelle ersetzt. Nicht vergessen werden sollte auch, dass Mercedes-Benz alle Citan serienmäßig mit einem adaptiven ESP-System ausrüstet – das ist bei Nutzfahrzeugen auch heute noch nicht Standard.
Kraftvoller Diesel
Doch der Schwerpunkt unserer Testfahrt soll nicht die Sicherheit des Citan sein, sondern wir wollen die beiden neuen Motoren, die Mercedes-Benz im Oktober 2013 im Citan präsentierte, miteinander vergleichen. Der neue Motor im Citan 111 CDI ist der leistungsstärkste Diesel der Citan-Palette. Er leistet aus einem Hubraum von 1,5 Litern 81 kW und bietet ein maximales Drehmoment von 240 Nm – und das dank eines Turboladers mit variabler Turbinengeometrie über einen breiten Drehzahlbereich von 1750 bis 2750 U/min. Das ist auf unserer Probefahrt direkt „erfahrbar“: Auch mit der rund 400 kg schweren Probelast im Laderaum beschleunigt der Transporter kraftvoll aus dem niedrigen Drehzahlbereich heraus. Gerade im Stadtverkehr lässt sich der Citan ohne viel Schalten sehr entspannt fahren. Aber auch auf der Autobahn überzeugt der Antrieb: Die Spitzengeschwindigkeit von rund 170 km/h ist zügig erreicht. Das serienmäßige Sechsganggetriebe sorgt dafür, dass der Motor auch bei der Autobahnfahrt nicht zu hochtourig läuft – bei Tempo 100 dreht er gerade mit 2150 U/min. Damit sind auch geringe Fahrgeräusche und ein niedriger Kraftstoffverbrauch verbunden: Unser Testwagen, der mit dem optionalen Blue Efficiency-Paket inklusive Start-Stopp-Funktion ausgestattet ist, soll laut Hersteller nur rund 4,4 Liter/100 km verbrauchen. Mit seiner hohen Elastizität und seiner Kraft macht der Citan 111 CDI richtig Spaß. Er ist auf jeden Fall die richtige Wahl für alle Handwerker, die häufig lange Strecken zurücklegen und/oder schwere Lasten transportieren beziehungsweise häufig mit Anhänger unterwegs sind. Der Citan 111 CDI ist mit Ausnahme des kurzen Kastenwagens für alle Karosserie-Varianten zu bekommen, also für den Kastenwagen lang und extralang, für den Mixto (eine Mischung aus Kombi und Kastenwagen) sowie als Kombi. Er kostet als Kastenwagen lang 17 130 Euro (zzgl. MwSt.).
Benziner mit hoher Laufruhe
Unser zweites Testfahrzeug, ein Citan 112, wird von dem neuen Benzin-Motor angetrieben. Der holt dank Downsizing aus nur 1192 cm³ Hubraum eine Leistung von 84 kW. Auch dieser aufgeladene, hochmoderne Vierzylinder zeichnet sich durch eine hohe Elastizität aus: Das maximale Drehmoment von 190 Nm steht von 2000 bis 4000 U/min zur Verfügung. Das hört sich erstmal so an, als wenn er sich nicht viel anders fahren würde als der 111 CDI. Doch in der Praxis merkt man den Unterschied: Das ebenfalls serienmäßige Sechsganggetriebe muss deutlich früher und häufiger betätigt werden, um den Citan vergleichbar zu beschleunigen. Dann aber beschleunigt er laut technischem Datenblatt mit 11,7 Sekunden von null auf 100 km/h sogar ein klein wenig schneller als der Diesel. Allerdings merkt man gerade bei voller Zuladung doch das geringere Drehmoment. Dennoch bietet auch der Citan 112 Fahrspaß und Leistung für die meisten Einsatzfälle im Bauhandwerk.
Eines fällt besonders positiv bei der Testfahrt auf: Die extreme Ruhe, mit der der Motor läuft. Das Geräuschniveau ist durchaus vergleichbar mit dem einer guten Mittelklasse-Limousine. Punkten soll der Citan 112 aber vor allem durch seine Wirtschaftlichkeit: Serienmäßig ist der Citan 112 mit der Blue Efficiency-Technik und Start/Stopp ausgerüstet. So verbraucht er laut Mercedes-Benz 6,1 Liter Benzin auf 100 km. Zudem kostet er rund 1320 Euro weniger als der 111 CDI (in Deutschland beim langen Kastenwagen).
Diesel für die Strecke, Benziner für den Stadtverkehr
So sieht unser Resümee am Ende unserer Testfahrten wie folgt aus: Beide Motoren überzeugen durch ihre Leistung und Laufkultur. Für den Handwerker wird aber nach wie vor wahrscheinlich der Diesel die bessere Wahl sein, einfach weil er weniger Treibstoff verbraucht und für den Transport von schwereren Lasten mehr Power hat. Wer allerdings nur wenige Kilometer im Jahr fährt und keine schwere Lasten transportieren muss, der sollte sich den neuen Benziner genauer anschauen: Laut Mercedes-Benz rechnet sich der Citan 112 im Vergleich zum 111 CDI, wenn nicht mehr als 10 000 Kilometer im Jahr gefahren werden.
Autor
Dipl.-Ing. Olaf Meier studierte Maschinenbau und arbeitet seit 2001 als freier Fachjournalist. Er lebt in Mönchengladbach und schreibt unter anderem als Autor für die bauhandwerk.
Benziner rechnet sich bei weniger als 10 000 Kilometer pro Jahr