Energetische Baudenkmal-Sanierung

Bei der Sanierung eines Wohnhauses aus den 1920er Jahren in Weil der Stadt bestand die Aufgabe darin, das denkmalgeschützte Gebäude nach den Regeln der Technik instand zu setzen. Die Straßenfassade musste erhalten bleiben und erlaubte keine tiefgreifende Veränderung der vorhandenen Bausubstanz.

Entsprechend der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009 musste für das Baudenkmal in Weil der Stadt ein Ausnahmeantrag auf Teilsanierung bei der zuständigen Baubehörde gestellt werden. Die Sanierung beschränkt sich auf das Dach, die Fenster, die Gebäuderückseite und die Haustechnik.

Die Straßenfassade sollte in ihrer originalen Bausubstanz erhalten bleiben. In die Überlegungen zur energetischen Sanierung waren ursprünglich auch Arbeiten zur Innendämmung einbezogen, die aber aus bauphysikalischen Gründen nicht umgesetzt wurden.


Sanierungskonzept

Aufgrund der energetischen Gesamtplanung stand lediglich die Hoffassade für eine wärmetechnische Instandsetzung mit Hilfe eines Wärmedämmverbundsystems (WDVS) zur Verfügung. Der Altputz wies so starke Schädigungen auf, dass eine reine Putzsanierung wirtschaftlich und technisch keinen Sinn machte. Der Einsatz eines Wärmedämmverbundsystems mit gleichzeitiger Risssanierung stellte daher die einzig sinnvolle Lösung dar.


Sanierputzsystem WTA

Anhand von Proben, die in einem Baustoffprüflabor des Putzherstellers analysiert wurden, ließ sich feststellen, dass der komplette Sockel bis zur Höhe oberhalb der ersten Fensterreihe stark vorbelastet war und den Einsatz eines Sanierputzsystems erforderlich machte. Normale Kalkzementmörtel und Putze oder eine relativ diffusionsdichte Dämmplatte hätten die weitere Abtrocknung des Mauerwerks durch Feuchtediffusion verhindert. Die absperrende Wirkung solcher Produkte birgt die Gefahr, dass bauschädliche Feuchte- und Salzbelastung in höhere Fassadenbereiche getragen wird oder die Innenwände angreift.

Die schließlich angewendeten Sanierputze sind im WTA-Merkblatt „Sanierputzsysteme“ 2-9-04/D beschrieben. Das Sanierputzsystem besteht im vorliegenden Fall aus einem Sperrputz im Bereich der freigelegten Kelleraußenwände in Kombination mit einer starren, mineralischen Dichtungsschlämme gemäß DIN 18 195 zur zusätzlichen Abdichtung. Dieses vertikale Sperrsystem wurde etwa 15 cm aus dem Erdreich herausgeführt, um so zusätzlichen Schutz gegen Spritz- oder Niederschlagswasser zu geben.

Die Geländeanbindung der Putzflächen war entscheidend für einen dauerhaften und langlebigen Sanierungseffekt. Zum Schutz des Kelleraußenwandputzes wurde die Geländeanbindung im späteren Verlauf der Sanierung durch einen Kiesdrainagestreifen ersetzt.

Oberhalb dieses Bereiches kam ein Sanierputzsystem mit einem halbdeckenden Saniervorspritzmörtel zum Einsatz, wobei ausgeräumte Fugen mit einer Tiefe von mehr als 20 mm zuvor mit einem Sanierfugenmörtel ausgefugt wurden. Um eine höhere Sicherheit gegen den nachgewiesenen hohen Sulfatgehalt im Mauerwerk zu gewährleisten, wurden beide Produkte auf der Bindemittelbasis eines so genannten HS-Zements rezeptiert (darunter versteht man ein hydraulisches Bindemittel mit einem erhöhten Widerstand gegen den äußeren Sulfatangriff).

Ein Sanierausgleichsputz und der Sanierputz selbst wurden jeweils 20 mm dick aufgetragen. Aufgrund seiner physikalischen Beschaffenheit ist der Sanierputz in der Lage, in seinem wasserabweisend ausgestatteten Porengefüge bauschädliche Salze einzulagern und Feuchtigkeit infolge seines sehr niedrigen µ-Wertes (Wasserdampfdiffusionskoeffizient) an die Umgebungsluft abzuführen. Der Sanierputz kann dann mit einem wasserabweisenden, diffusionsoffenen Deckputz oder mit einem gleichermaßen beschaffenen Fassadenanstrich versehen werden.

 

WDVS-Befestigung mit Klebe-Anker

Im höheren Teil der Fassade kam ein spezielles Wärmedämmverbundsystem zum Einsatz. Aufgrund der auch immer noch relativ hohen Feuchtebelastung wurde im Vorfeld eingehend der Einsatz von diffusionsfähigen Dämmstoffen diskutiert. Letztendlich entschied man sich für ein EPS-basiertes Dämmsystem, allerdings mit perforierten Dämmplatten, die eine um den Faktor 3 bessere Feuchtestromdiffusion als herkömmliche EPS-Platten besitzen. Diese Dämmplatten werden im Markt unter dem Produktnamen Baumit open Dämmplatten angeboten. Mineralwolle-Dämmplatten weisen einen nochmals niedrigeren µ-Wert auf, bergen allerdings die Gefahr, bei ständiger Durchfeuchtung sowohl an Dämmfähigkeit als auch an Tragfähigkeit zu verlieren.

Wegen der schlechten Tragfähigkeit des Altputzes musste gemäß bautechnischer Bestimmung das Wärmedämmverbundsystem von den Handwerkern als so genanntes geklebtes und gedübeltes System ausgeführt werden. Herkömmliche Dübel durchdringen die Dämmplatte und können so zusätzliche Wärmebrücken erzeugen. Im Fall von feuchte- und salzbelasteten Altuntergründen kann in diesem Fall längs des Dübelschafts Wasser beziehungsweise Salzlösung in die Armierungsschicht oder in den Oberputz geführt werden und hier weitere Schäden anrichten.

Daher wurde auf den patentierten Klebe-Anker des Baustoffherstellers Baumit zurückgegriffen. Dieser ist ein spezieller Dämmstoffbefestiger, der unterhalb der Dämmstoffplatte sitzt und im tragfähigen Mauerwerk verankert wird. Die Vorteile dieses Systems bestehen darin, dass der Dübel komplett unterhalb der Platte sitzt, den Dämmstoff nicht durchdringt und damit keine Wärmebrücke und auch keinen Transportweg für Feuchte oder Salzlösung schafft. Der Ankerkopf (Teller) und die Rückseiten der Platten werden mit dem mineralischen Klebemörtel beschichtet und so mit dem Untergrund verklebt. Die Übertragung der Windsogkräfte (Berechnung gemäß DIN 1055-4) erfolgt durch den Schaft der Befestigungselemente in den tragfähigen Untergrund.

Nach der Befestigung des WDV-Systems kamen abgestimmte Putzmörtel als Armierungsputz und auch für die Deckputzlage zum Einsatz, die die Diffusionsfähigkeit des gesamten Dämmsystems sicherstellen.

Aufgrund von sorgfältiger Analyse und Planung konnte anhand des Baudenkmals in Weil der Stadt gezeigt werden, wie unterschiedliche Sanierungskonzepte vom klassischen Sanierputz bis hin zu einem Hochleistungs-Wärmedämmverbundsystem eine harmonische Gesamtlösung ergeben.








Autor


Dr.-Ing. Günter Glock ist Leiter der Anwendungstechnik bei der Firma Baumit in Bad Hindelang.

Der Altputz war so stark geschädigt, dass eine reine Putzsanierung nicht ausreichte

WDVS-Befestigung mit patentiertem Klebe-Anker-System

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