Putzmörtel nach historischem Vorbild
Sollen bei der Sanierung historischer Gebäude Putzmörtel verwendet werden, die dem bauzeitlichen Material möglichst ähnlich sind, müssen Planer, Handwerker, Denkmalpfleger und Bauherren gemeinsam eine Lösung erarbeiten, die manchmal auch von den anerkannten Regeln der Technik abweichen darf.
Durch Witterungs- und Umwelteinflüsse altern Gebäude und die verwendeten Baustoffe. Nutzungsänderungen führen zu Eingriffen in die Substanz. Als Folgen dieser Einflüsse zeigen sich Flecken, löst sich Farbe, entstehen Risse, fällt hier und da Putz ab. Bevor nun auch das Mauerwerk und die Substanz des Gebäudes starken Schaden nimmt, sollten Arbeiten zum Erhalt eingeleitet werden.
Zielstellung abklären
Bei der Restaurierung, Renovierung und Rekonstruktion von Baudenkmälern sowie der Sanierung besonders erhaltenswerter historischer Gebäude muss dem aktuellen Zustand des Bauwerks und den zukünftigen Nutzungsanforderungen Rechnung getragen werden. Die vorhandene Salz- und Feuchtebelastung sowie Schädigung durch Alterungs-, Umwelt- und Nutzungseinflüsse müssen beachte werden und erfordern bei der Neukonzipierung ausreichend Berücksichtigung.
Daher sollten vor Beginn der Arbeiten am Gebäude alle Beteiligten gemeinsam die wesentlichen Aspekte und die Zielstellung der Sanierungsarbeiten klären:
Putz altert
Die ursprüngliche Zusammensetzung des Altputzbestands verändert sich im Laufe von Jahrzehnten als Folge von Witterungs- und Umwelteinflüssen. Die Mörteleigenschaften, die wir heute im Rahmen von begleitenden Untersuchungen feststellen können, sind nicht mehr identisch mit den Eigenschaften des Mörtels aus der Zeit seiner Herstellung. Die historischen Mörtelzusätze der alten Handwerksmeister sind heute nur schwer nachweisbar. Die eingesetzten Bindemittel und Zuschläge wurden im Regelfall vor Ort gewonnen, hergestellt und eingesetzt. Dabei spielt die örtliche Verfügbarkeit von Rohstoffen und auch der technisch-industrielle Fortschritt und nicht zuletzt auch die wirtschaftliche Situation zum Zeitpunkt der Erstellung des betreffenden Bauteils eine wesentliche Rolle.
Es ist weiterhin zu bedenken, dass bei der Erhärtung das Bindemittel allein oder auch in Verbindung mit dem örtlichen Zuschlag reagieren kann. Gerade diese Reaktionen sind heute im Detail nicht mehr oder nur eingeschränkt nachvollziehbar. Grundsätzlich lassen aber die Mörtelanalyse, das Alter der Mörtelproben und der Zustand des Altmörtels unter Berücksichtigung seiner Lage am Objekt – einschließlich der Einflüsse bei der Probenentnahme – Rückschlüsse auf seine ursprüngliche Zusammensetzung zu.
Kombination von modernen
und nachgestellten Mörteln
Mit der richtigen Zielstellung vor Augen, mit Sach- und Fachverstand und einer großen Portion gesundem Menschenverstand ist es möglich, sowohl Produkte aus dem Standardprogramm, als auch gesondert nachgestellte Produkte – unabhängig davon, ob es sich um Mauer-, Fugen- oder Putzmörtel handelt – am Objekt zu kombinieren und einzusetzen. So kann man das gleiche optische Erscheinungsbild, wie der bauzeitliche Befund, erzielen.
Neben einem entsprechenden Materialkonzept spielt dabei natürlich die Handwerkstechnik eine entscheidende Rolle. Es sollte selbstverständlich sein, dass die technischen Parameter weitestgehend dem Befund entsprechen und so ähnliche Rohstoffe, Bindemittel, Zusätze wie möglich eingesetzt werden.
Höherer Aufwand – mehr Kosten
Sowohl die Produktion eines nachgestellten Putzmörtels, als auch die Ausführung in traditioneller Handwerkstechnik ziehen einen höheren Aufwand und damit auch höhere Kosten nach sich. Trotzdem erwarten Auftraggeber und Bauherr, dass auch eine „historische Sanierung“ weitgehend dauerhaft ist. Beim Einsatz von Ersatzmörteln dürfen diese nur soweit vom Befund abweichen, wie es zur Beherrschung der Bauwerksschäden unbedingt erforderlich ist.
Haftungsfreistellung
Bei Feuchtigkeits- und Salzschäden muss nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ein Sanierputzsystem mit entsprechender Schichtdicke nach dem gültigen WTA-Merkblatt „Sanierputzsysteme“ einschließlich der Arbeiten zur Mauerwerksabdichtung eingesetzt werden. Aber sind diese Arbeiten immer umsetzbar? Oft kollidieren diese Anforderungen mit den erforderlichen Abdichtungsarbeiten, Schichtdicken und Materialverträglichkeiten zu Putzmörteln im Bestand.
Auch Rissbehandlung beziehungsweise Maßnahmen zur Rissminimierung sind ein komplexes Thema. Kann in den verwendeten Putzmörtel ein Armierungsgewebe eingelegt werden? Darf aus denkmalpflegerischen Aspekten eine Armierungslage aufgebracht werden? In vielen Fällen müssen diese Fragen verneint werden.
Dann ist es sinnvoll, zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer eine entsprechende Haftungsfreistellung zu erwirken. Dazu muss der Auftragnehmer über Risiken und Folgen aufgeklärt werden. Dies ist, wie auch im WTA-Merkblatt „Kalkputz in der Denkmalpflege“ beschrieben, möglich, sofern nicht Gefahr für Leib und Leben besteht beziehungsweise gegen Gesetze verstoßen wird.
AutorinDipl.-Ing. Constance Brade hat an der Bauhausuni Weimar Baustoffverfahrenstechnik studiert und arbeitet in der Bauberatung der Baumit GmbH in Bad Hindelang als Anwendungstechnikerin für Putz und WDVS mit dem Schwerpunkt Historische Sanierung.
Baubeteiligt (Auswahl)
Bauherr Plusbau GmbH, Augsburg,
Putz- und Anstricharbeiten Wagner Fassaden GmbH, Affing, www.malermeister-wagner.de
Putz außen und innen und Farbe Baumit GmbH,
Bad Hindelang, www.baumit.de
Produktindex (Auswahl)
Fassade „multiContact MC 55 W“, „StarTex fein“, „TrasskalkPutz TK 04“, „Historischer Kalkputz HR 810 394 X“, „ArtLine“ Silikat Fassadenfarbe
Kellerdeckendämmung „KellerTherm 035 MW“
Innenputz „Glätt 17 L“