Großreinemachen
Schonende Reinigung alter und historischer Fassaden
Zahlreiche Fassaden warten auf eine fachgerechte Behandlung für ein neues oder ursprüngliches Erscheinungsbild. Über die Art der Reinigung gibt es unterschiedliche Meinungen. Es sollten jedoch nur solche Verfahren eingesetzt werden, die nur einen geringen oder gar keinen Schaden an der Originalsubstanz verursachen.
Die Wahl des Reinigungsverfahrens hängt wesentlich vom Material des Untergrundes ab. Handelt es sich um Fassaden aus Naturstein oder Putzflächen oder gar aus einem Gemisch von Putz, Natursteinund Keramiken? Ist Stuck an der Fassade vorhanden? Wie sieht es mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz und wie mit der Entsorgung der Rückstände aus? Diese Fragen führen zum richtigen Materialeinsatz und zur richtigen Arbeitstechnik.
Reinigung von Natursteinfassaden
Reine Natursteinfassaden müssen besonders schonend gereinigt werden. Die Denkmalbehörden untersagen Sandstrahlen. Die Reinigung sollte von Hand, mechanisch oder mit Hochdruckstrahler (etwa 80 bis 120 bar) nach Herstellerempfehlung erfolgen. Schadhafte Fugen müssen ergänzt werden – jedoch keinesfalls mit Zementmörtel. Nach vollständiger Trocknung ist eine Hydrophobierung ein guter Langzeitschutz.
Reinigung von Putzfassaden
Putzfassaden mit alten Beschichtungen aus Farben und Putzen erfordern eine genaue Untergrundüberprüfung für einen Neuaufbau. Eine Gitterschnittprüfung an verschiedenen Stellen der Fassade mit dem Abrisstest ist gefordert. Tragfähig scheinende Untergründe müssen trotzdem restlos entfernt werden, wenn es sich um die elastischen Riss-Stopp-Systeme aus den 1960/70er-Jahren handelt. Beim Abreiben dieser Beschichtungen mit Nitroverdünnung werden wie bei allen Kunststofffarben auch die Oberflächen schmierig. Bei unbedenklichen, festen mineralischen Untergründen ist das nicht der Fall. Durch Abklopfen gefundene Hohlstellen müssen neu verputzt werden (Fluatieren). Hier sollte bis auf den Grund abgebeizt, neutralisiert und ausreichend nachgereinigt werden.
Reinigung historischer Fassaden
Historische Putzflächen, ergänzt mit Naturstein und Keramik, müssen sowohl beim Materialeinsatz als auch in den Ausführungstechniken unterschiedlich gereinigt oder abgebeizt werden. Erhaltenswertes Natursteinmauerwerk und Keramik muss der Handwerker neben Fenstern vor Beginn seiner Arbeiten an den glatten Putzflächen sorgfältig abkleben.
Für Naturstein und Keramik muss der Handwerker zum Säubern unterschiedliche Chemikalien streng getrennt voneinander einsetzen. Für Natursteine, silikatgebundene Steine, Granit, Sandstein und Klinker sind saure Reiniger richtig. Säureempfindliche Gesteine, wie Travertin, Terrazo und Betonwerksteine müssen mit alkalischem Material gereinigt werden. Hier ist eine intensive Nachreinigung (Hochdruckreiniger) mit Neutralisation erforderlich.
Putzfassaden können mit diesen unterschiedlichen Gesteinsarten ergänzt sein. Das muss man bei der Auswahl des passenden Reinigungsmaterials für jede Gesteinsart penibel unterscheiden. Erhaltungswürdige Stuckelemente unterschiedlicher Art müssen besonders behutsam von alten Schichten gesäubert und Fehlstellen denkmalgerecht vom Stuckateur oder Restaurator ergänzt werden.
Fassadenreinigung und Denkmalschutz
Die Denkmalpflege vertritt vielerorts zum Thema Reinigung die Meinung: „Wasser allein reicht“. Natürlich sollte ein Denkmal nach der Restaurierung nicht verfälscht, sondern nur wie gereinigt aussehen. Nachweislich führt aber die Kombination von Wasser und den richtigen chemischen Reinigern und Abbeizmitteln zu guten Ergebnissen. Durch Abstrahlen werden geschlossene Oberflächen dagegen aufgeraut und geschädigt. Diese Flächen verrotten schnell wieder.
Vor Beginn müssen unbedingt Testflächen für die richtige Ausführung angelegt werden. Scheidel empfiehlt dafür seinen Testkoffer mit sechs unterschiedlichen Produkten. Reinigen und Abbeizen kann wie folgt ausgeführt werden:
Mechanisch trocken: Abbürsten, Abschleifen, Abstrahlen mit Druckluft, Erhitzen mit Heißluft, Abspachteln.
Mechanisch nass: Abstrahlen ohne Druck mit Wasser, Abwaschen, Abstrahlen – Hochdruck mit Wasser ohne Strahlmittel, Hochdruck mit Wasser und Strahlmittel.
Chemisch: Abbeizen mit lösungshaltigen oder -freien Abbeizern, Abwaschen mit destilliertem Wasser, Abwaschen mit Wasser unter Zusatz von Netzmitteln, dünnflüssige oder pastöse Reinigungsmittel.
Die am meisten verbreiteten Techniken
In der Praxis werden die zur Fassadenreinigung erforderlichen Produkte meist mit dem Pinsel, Quast, der Rolle oder Glättekelle aufgetragen. Das anschließende Abdecken der Flächen verstärkt die Abbeizwirkung bei Verkürzung der Einwirkzeit. Zur Entfernung der gelösten Farbschichten oder Putze verwenden Handwerker meist Spachtel oder Kelle. Alternativ kann man mit einem Hochdruckreiniger oder Airless-Gerät mit heißem Wasser arbeiten. Bereits grob gereinigte Flächen werden von unten nach oben abgespritzt. Das Wasser ist dabei etwa 80 °C heiß bei einem Druck von rund 130 bar. Möglich ist natürlich auch das sofortige Nachwaschen von Hand. Beim Einsatz alkalischer Abbeizer muss anschließend immer neutralisiert werden. Eine große Hilfe ist der Einsatz der Krähe 80 von Storch oder das rotec-Wirbelstrahlverfahren von Remmers mit seiner großen Flächenleistung.
Nach der Reinigung kann man oft erhebliche Schäden erkennen, die vor der Beschichtung behoben werden müssen. Das können unter anderem Versalzungen, unterschiedliche Risse, Steinverwitterung oder lose Putzstellen sein.
Für eine anschließende Hydrophobierung hat sich die Cremetechnologie als guter Langzeitschutz und zur Farbintensivierung bewährt – zum Beispiel Funcosil-Fassadencreme nach Reinigung mit einer Fassadenreiniger-Paste von Remmers. Trotz Ausführung nach den Vorgaben des WTA-Merkblatts müssen die unterschiedlichen Reinigungsmethoden trotzdem getestet werden. Es gibt dafür keine fertigen Rezepte. Die Fachberatung erfahrener Hersteller sollte deshalb – natürlich grundsätzlich vor Ort – immer genutzt werden.
Umweltgerechte Entsorgung
Für dieumweltgerechte Entsorgung muss der Handwerker eine Schmutzwasserwanne aus ausreichend stabiler Folie mit Ablaufblech mit einer Dachlatte an der Wand (Sockel) fest anbringen. Die Schlammpumpe zum Abpumpen in den Schmutzwasserbehälter muss wasserdicht installiert werden. Länder und Kommunen verlangen bundesweit eine unterschiedliche Entsorgung. Beispielsweise werden verschiedene Mittel für die Trennung von Schlämme und Schmutzwasser gefordert. Andere Ämter verlangen, dass man die Schlämme als Blöcke mit Zement gebunden entsorgt.
Abgesetzte Farbreste, Verunreinigungen und das Schmutzwasser müssen auf den PH-Wert geprüft werden. Einzelne Kommunen erlauben das Entsorgen in die Kanalisation, wenn der PH-Wert nicht über 6 bis 9 liegt. Andere machen die Erlaubnis davon abhängig, wie groß die Fassadenfläche ist, und ob das Wasser neutral ist oder Zusätze enthält. Für die Einleitung ins Abwasser und für die Entsorgung ist der Handwerker verpflichtet, für die erforderlichen Genehmigungen folgende Behörden anzusprechen: Bauordnungsamt, Umweltamt, Wasserwirtschaftsamt und Untere Denkmalbehörde. Beim Gerüst können es dann noch das Straßenverkehrsamt und die Energiewirtschaft (Strom) sein. All diese Bürokratie und die gesamten Arbeiten am Objekt nehmen dem Bauhandwerker häufig externe Spezialfirmen ab. Zuverlässige Partner dafür nennen und vermitteln die Hersteller für jede Region.
Arbeits- und Gesundheitsschutz
Für den Arbeitsschutz hat der Arbeitgeber mit der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, welche Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Gefahrstoffen zu treffen sind und seine Mitarbeiter dazu zu unterweisen. Darüber hinaus muss die Wirksamkeit der Maßnahmen kontrolliert werden. Gesundheitsschutz und Arbeitsschutz darf also bei allen hier beschriebenen Arbeiten keinesfalls vernachlässigt werden. Die vielen Vorschriften müssen – von der richtigen Staubmaske bis zum vorschriftsmäßigen Gerüst – penibel eingehalten werden. Vergessen wird auch oft, dass neben Asbest auch Schimmel oder Taubenkot äußerst gesundheitsschädlich sind.
Die allmächtige EU regelt auch, welche Produkte in der Bundesrepublik an der Fassade nicht eingesetzt werden dürfen. Die Gefahrstoffverordnung sieht Ausnahmeregelungen für den Einsatz der sonst verbotenen dichlormethanhaltigen Abbeizer vor. Erlaubt ist der Einsatz, wenn die neuen genehmigten Produkte aus Gründen der Sicherheit oder der Art des Substrats nicht eingesetzt werden können. Einzelheiten zum aktuellen Stand findet man beim Bundesverband Farbe-Gestaltung-Bautenschutz () und im Internet unter www.farbe.de
Eine unübersehbare Menge von Produkten, Werkzeugen und Geräten für das Reinigen und Abbeizen an der Fassade macht es dem Handwerker schwer, Entscheidungen für eine Anschaffung zu treffen. Dazu kommt, dass jedes Gebäude anders ist. Darauf zugeschnitten muss das richtige Produkt und die richtige Ausführungstechnik gewählt werden.
Autor
Hans Jürgen Ronicke ist Malermeister, Innenarchitekt WKS, Restaurator im Handwerk und freier Autor unter anderem der Zeitschrift bauhandwerk. Er lebt und arbeitet in Wittenberg.