Reinigung historischer Ziegelfassaden

Für Schmutzablagerungen an Ziegelfassaden gibt es eine Reihe von bewährten Reinigungsverfahren. Der Beitrag stellt außerdem ein weiterentwickeltes Kompressen-Reinigungsverfahren vor, das sich an einigen Natursteinfassaden bewährt hat, jedoch auch Potenzial für den Einsatz an Ziegelfassaden zeigt.

Die Reinigung von Kulturgut ist immer mit einem Risiko behaftet. Daher löst die Frage, ob ein Objekt gereinigt werden soll, häufig Diskussionen aus. Grundsätzlich können ästhetische oder technische Gründe dafür sprechen, ein Bauwerk zu reinigen. Die ästhetischen Gründe sollen hier nicht diskutiert werden. Als technischer Grund ist vor allem zu nennen, dass Schmutzablagerungen zumeist Feuchte- und Schadstoffspeicher darstellen. In vielen Fällen wird die Austrocknungsgeschwindigkeit des Untergrundes durch oberflächliche Ablagerungen, im schlimmsten Falle Schmutzkrusten, behindert. Dadurch bleibt die Steinoberfläche länger feucht, und die damit verbundenen Schadensprozesse können eine größere Wirkung entfalten.

Typische urbane Fassadenverschmutzungen entstehen aus der Ablagerung von Schwebepartikeln wie Stäuben, Dieselruß, Reifen- und Bremsabriebstäuben oder Eisenstaub der Bahn. Diese enthalten zum Teil Schwermetalle und können mit der Steinsubstanz reagieren und die originale Oberfläche zerstören. Eine besondere Art von Verschmutzungen stellen Biofilme auf der Fassadenoberfläche dar. Neben der Schädigung der Baustoffe durch behinderte Trocknungsprozesse besteht hier, je nach Art des Bewuchses, die Gefahr, dass aus bestimmten Stoffwechselvorgängen Säuren entstehen, die den Untergrund schädigen können.

Verglichen mit vielen Natursteinvarietäten reagieren Ziegel relativ robust gegenüber vielen der genannten Schmutzablagerungen. Ähnliches gilt auch für die Reaktion mit möglichen Reinigungsmitteln, weshalb Ziegelfassaden in vielen Fällen vergleichsweise traditionell gereinigt werden.

Grundsätzlich gilt jedoch auch hier die Maxime, dass so schonend wie möglich, jedoch so intensiv wie nötig gereinigt werden sollte.

Verschmutzungsarten

In der Regel sind Schmutzschichten das Resultat eines über Jahre andauernden Prozesses. Es werden verschiedene Stoffe additiv auf, beziehungsweise in der Porosität der Oberfläche abgelagert, oder die Schmutzschichten bilden sich durch Veränderungen aus dem Untergrund selbst.

Wie die Schmutzschichten im beziehungsweise mit dem Untergrund verankert sind und wie ihre eigenen physiko-mechanischen Eigenschaften im Verhältnis zum Untergrund stehen, ist wesentliches Kriterium für die Auswahl einer geeigneten Reinigungsmethode. Aus diesem Grund sollten vor einer Reinigung an kulturhistorisch wertvollen Oberflächen auf jeden Fall vertiefte Kenntnisse zu den genannten Kenngrößen erarbeitet werden.

Was liegt für ein Untergrund vor? Wie ist seine Zusammensetzung und seine Porosität? Darüber hinaus sollten die Schmutzablagerungen untersucht werden: Um welche Art von Verschmutzung handelt es sich und wie ist ihre Entstehung einzuordnen? Selbstverständlich müssen vertiefte Kenntnisse zu den zur Verfügung stehenden Reinigungsmitteln vorhanden sein.

Lockerer Schmutz und Staub

In manchen Fällen ist das einfache mechanische Entfernen von oberflächlichen Ablagerungen möglich. In solchen Fällen kann die Steinoberfläche mit Bürsten von Hand sowie dem Einsatz von Maschinen gereinigt werden. Wichtig ist dabei, dass keine Stahlbürsten eingesetzt werden, deren Abrieb gegebenenfalls zu Verfärbungen führen kann.

Urbane Verschmutzungen

Bei den so genannten „urbanen Verschmutzungen“ handelt es sich meistens um schwer löslichen Schmutz, in der Regel eine Mischung aus Staub, Ruß, Öl und Fett.

Die Reinigung kann mechanisch mit Trocken- oder Nassstrahlverfahren oder mit chemischen Reinigungsmitteln erfolgen. Gerade in den so genannten urbanen Verschmutzungen finden sich in vielen Fällen Schwermetalle wie Blei, Zink und Kupfer. Daher muss man in Abhängigkeit vom eingesetzten Verfahren sehr sorgfältig darauf achten, dass alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Umwelt getroffen werden und zum Beispiel das Baugerüst bei der Reinigung mit Wasser mit Planen und Auffangwannen versehen.

Algen, Moose, Flechten, Pilze

Biologische Verunreinigungen wie Algen, Moose, Flechten und Pilze können meist mit Heißdampf entfernt werden. Auf Ziegeloberflächen führt dies in der Regel zu guten Reinigungsergebnissen, wobei die historische Oberfläche oft wenig oder garnicht angegriffen wird. Höhere Pflanzen müssen dagegen immer vollständig mechanisch entfernt werden. Ein „Wundermittel“, das Wurzeln, die ins Mauerwerk eingewachsen sind, abtötet und auflöst, ist bislang nicht bekannt. Ist also erst einmal ein Zustand der Durchwurzelung erreicht, muss das Mauerwerk in der Regel soweit rückgebaut werden, dass die Wurzeln restlos entfernt werden können.

Ausblühungen

Unter Ausblühungen versteht man leicht lösliche Salze, die mit abtrocknender Feuchtigkeit an die Oberfläche gewandert sind. Die einfachste jedoch auch nur sehr eingeschränkt wirksame Methode besteht darin, die oberflächlichen Ausblühungen abzukehren oder abzusaugen. Salze, die noch im Mauerwerk vorhanden sind, können auf diese Weise nicht entfernt werden. Mithilfe von Entsalzungskompressen ist es möglich, oberflächennah im Mauerwerk vorhanden Salze zu entfernen. Salze, die sich in tieferen Bereichen des Mauerwerks befinden, lassen sich auf diese Weise nicht entfernen.

Auslaugungen/Aussinterungen

Unter Auslaugungen beziehungsweise Aussinterungen versteht man, im Gegensatz zu Ausblühungen schwer lösliche Salze, die sich an der Oberfläche der Steine zeigen. In vielen Fällen handelt es sich hierbei um gelöstes und dann die an Oberfläche transportiertes Kalziumhydroxid, das an der Luft zu schwer löslichem Kalziumcarbonat reagiert.

Kalziumcarbonat kann in dünnen Schichten mit sauren chemischen Reinigern entfernt werden. Wenn die Schichtdicken zu groß werden, bleibt in der Regel nur eine mechanische Reinigung. Über Kalziumcarbonat hinaus gibt es weitere schwer lösliche Verbindungen, die an Steinoberflächen aussintern können und die gegebenenfalls eine spezielle Behandlung benötigen.

Graffitis

Graffitis, meist erstellt mit diversen Sprühlacken oder Filzschreiben, sind in aller Regel sehr schwer entfernbar, da sie in den Porenraum des Untergrunds eingedrungen sind. In den meisten Fällen ist eine chemische Behandlung mit Abbeizern erforderlich. Sofern die Steinoberfläche nicht zuvor mit einem Anti-Graffiti-System behandelt wurde, bleiben in vielen Fällen Schleier, also Reste des Graffitis auf der Ziegeloberfläche zurück.

Reinigungsverfahren

Grob kategorisieren kann man die verschiedenen Reinigungsverfahren in chemische und mechanische Verfahren.

Bis in die 1960er und 70er Jahre hinein existierten fast ausschließlich chemische Reinigungsverfahren. Erst danach begannen die Strahlverfahren langsam die chemische Reinigung von Naturstein- und Ziegeloberflächen abzulösen. Heute bietet der Markt eine Vielzahl maschineller Verfahren, die sich durch eine Reihe von Parametern unterscheiden. Hierbei ist die Frage besonders wichtig, ob Wasser zum Einsatz gebracht wird, oder nicht.

Chemische Reinigungsverfahren

Im Wesentlichen werden chemische Reiniger unterteilt in Säuren und Laugen, letztere sind für die Reinigung von Ziegelfassaden eher irrelevant, sowie hauptsächlich Chemikalien zur Behandlung ganz spezieller Flecken.

Die Reinigung mit Säuren ist die wohl bekannteste chemische Reinigungsform. Am gebräuchlichsten sind Salzsäure, Phosphorsäure sowie organische Säuren wie Ameisensäure, Essigsäure, Zitronensäure und Amidosulfonsäure. Außerdem wird Flusssäure noch in Form von Hexafluorkieselwasserstoffsäure oder in Form von Verbindungen wie Ammoniumhydrogenfluorid eingesetzt.

Die Reinigung verläuft meist nach folgendem Prinzip:

Vornässen

Absäuern

Nachwaschen

Das Vornässen wird durchgeführt, um das Eindringen der für den Baustoff in jedem Fall schädlichen, sauren Bestandteile in das Kapillarsystem zu reduzieren. Das Nachwaschen mit reichlich Wasser dient der Entfernung des angelösten Schmutzes und der überschüssigen Säure.

Nachteilig ist bei der Reinigung mit Säuren, dass große Mengen an Wasser in den Untergrund eingebracht werden. Zudem reagieren die Säuren mit dem Bindemittel des Untergrunds unter Bildung von Salzen, die entweder wasserlöslich und dann als bauschädliche Salze einzustufen sind oder absolut unlöslich sind und zu Verfärbungen führen.

Vorteile einer chemischen Reinigung

Es lässt sich für die meisten Verschmutzungen ein in Art und Konzentration darauf zugeschnittener Reiniger finden. Die Flächenleistung ist, verglichen mit den meisten anderen Verfahren, hoch.

Saure Chemikalien können mit überzeugenden Ergebnissen zur Steinreinigung eingesetzt werden; Voraussetzung ist, dass der Handwerker die Wirkung der eingesetzten Chemikalien kennt und ihren Einsatz beherrscht.

Mechanische Reinigungsverfahren

Mechanische Reinigungsverfahren lassen sich in manuelle und maschinelle Verfahren einteilen. Viele dieser Verfahren gehen mit dem Einsatz von Wasser einher. Neben dem einfachen Strahlen mit diversen granulierten Strahlgütern ist als ein besonderes Verfahren noch das Strahlen mit Trockeneis zu nennen. Dieses Verfahren zeigt bei thermoplastischen Verschmutzungen meist gute bis sehr gute Resultate. Der Untergrund sollte für den Einsatz allerdings selbst nicht geschädigt sein, das heißt keine oberflächlichen Festigkeitsverluste zeigen, da sonst stärkere Verluste am historisch erhaltenswerten Steingefüge zu befürchten sind.

Wesentlicher Vorteil einer mechanischen Reinigung ohne Wasser ist in der Regel, dass keine (unkontrollierbaren) Wechselwirkungen mit Bestandteilen des Untergrunds erzeugt werden. Bei oberflächlichen Anlagerungen werden meist sehr gute Resultate erzielt. Bei den maschinellen Reinigungsverfahren existieren heute sehr fein einstellbare Systeme, die eine gut an den Untergrund angepasste Reinigungswirkung erzielen.

Mit Verfahren, die mit Wasser arbeiten, können auch tiefer eingedrungene Verschmutzungen entfernt werden.

Ein wesentlicher Nachteil vieler mechanischer Verfahren, die ohne Wasser arbeiten, liegt in der Staubbildung, da in dem Staub viele der an der Fassade angelagerten Schadstoffe enthalten sind. In die Oberflächenporosität eingedrungene Verschmutzungen können ohne den Einsatz von Wasser meist nur eingeschränkt entfernt werden. Desweiteren werden bei vielen dieser Verfahren die weicheren Bestandteile in der Oberfläche zuerst entfernt, das heißt wenn Bestandteile des Untergrundes „weicher“ sind, als die zu entfernende Verunreinigung, kann es zu Problemen kommen.

Bei allen Verfahren, bei denen Wasser zum Einsatz kommt, kann es grundsätzlich zu Wechselwirkungen mit Bestandteilen des Untergrunds kommen; zum Beispiel können Salze mobilisiert werden. Das verwendete Wasser muss in aller Regel aufgefangen werden, da in ihm die abgetragene Substanz, also auch ein Großteil der von der Oberfläche gelösten Schadstoffe, gebunden ist.

Ein besonderes Reinigungsverfahren

In Frankreich besteht eine gegenüber Deutschland deutlich erhöhte Sensibilität gegenüber an Fassaden abgelagerten Schwermetallen. Daher wird bei der Reinigung von Fassaden in Frankreich der Frage, ob die bei der Reinigung gelösten Schwermetalle in irgendeiner Form in die Umwelt gelangen können, besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Eine gute Methode, um umweltgefährdende Stoffe gleich unter dem Reinigungsprozess zu binden, ist der Einsatz von Reinigungskompressen. Dabei handelt es sich dabei um pastöse Reinigungsmedien, die neben dem Trägermaterial reinigungsaktive Chemikalien enthalten. Bei ihrer Anwendung werden Verunreinigungen des Untergrunds gelöst und wandern zusammen mit den eingesetzten Lösemitteln in die Kompresse. Ist der Reinigungsvorgang beendet, zeigt sich dies in einem nahezu vollständigen Austrocknen der Kompresse. Eingesetzt werden können derartige Pasten mit unterschiedlichen wirksamen Chemikalien zum Beispiel für die Entfernung von Teerflecken, Rostflecken, Gipskrusten, fettartigen Verunreinigungen und Schwemetallrückständen. Die Vorteile sind vor allem in der gegenüber anderen Verfahren geringeren Belastung des Bauwerks mit Feuchtigkeit, der nicht vorhandenen Staubbelastung und der Einbindung von Schadstoffen zu sehen.

Die Mehrzahl der heute eingesetzten Kompressen wird von Restauratoren selbst hergestellt. Zu der im vergangenen Jahr gestarteten Reinigung der Fassaden des Louvre in Paris wünschten sich die Stadt Paris und die Museumsleitung eine werksseitig vorproduzierte, qualitätsgesicherte Kompresse, um die bei Voruntersuchungen erkannte Bleibelastung der Fassade sicher zu fassen.

In einem nachfolgenden Arbeitsgang sollten die Fassaden dann „optisch“ gereinigt werden. Die eingesetzte Kompresse zeigte dann jedoch bei Vorversuchen, dass sie alleine in der Lage ist die Fassade so zu reinigen, dass kein weiterer Reinigungsschritt erfolgen muss.

Getestet wurde das Material nicht an einer der Fassaden des Louvre, sondern am Hotel de Rohan, einer barocken Stadtvilla in Paris, die heute Teile des französischen Archives Nationales beherbergt. Im Rahmen der Testflächen wurde die Kompresse manuell aufgebracht. Die maschinelle Applikation ist jedoch wesentlich wirtschaftlicher und führt auch, wie sich später zeigte, zu besseren Ergebnissen, da ein intensiverer Kontakt zum Untergrund entsteht.

Nach einem Tag, auch bei eher niedrigen Temperaturen, ist die Kompresse getrocknet und löst sich vom Untergrund. Das getrocknete, abgenommene Material muss gemäß den kommunalen Vorschriften entsorgt werden.

Das letztendlich 2017 an einem ersten Bauabschnitt an der Fassade des Louvre verwendete Produkt ist eine emissionsfreie Reinigungskompresse. Sie enthält kein Ammoniumcarbonat und kein EDTA. Zur Reinigung werden verschiedene biologisch leicht abbaubare und in der Nahrungsmittelindustrie genutzte Komplexierungsmittel eingesetzt. Zusätzlich werden Stoffe genutzt die in Kombination den Reinigungseffekt verstärken.

Nachdem der erste Bauabschnitt am Louvre in Paris abgeschlossen war, wurden Musterflächen am Palace of  Westminster angelegt. Nach deren positiver Bewertung startete 2018 die Fassadenreinigung von Big Ben in London mit dem Material.

Zwischenzeitlich wurden vielfältige Labortests durchgeführt, die sich nicht nur auf Natursteinuntergründe konzentrierten, sondern auch verschmutzte Ziegel in die Betrachtung einbezogen. Hier konnte ein hohes Potential für die Reinigung von Ziegelfassaden aufzeigt werden. Erste „echte“ Bewährungsproben stehen in dieser Hinsicht noch aus. Möglicherweise bietet sich hier eine neue, Untergrund- und Umweltschonendere Möglichkeit der Reinigung, nicht nur von Naturstein, sondern auch von Ziegelfassaden.

Autor

Jens Engel ist Produktmanager Bauten- und Fassadenschutz bei der Firma Remmers in Löningen.

Zusammensetzung der Reinigungskompressen

Wirkstoff A ist eine sehr leicht abbaubare Natriumverbindung. Es handelt sich um ein Komplexierungsmittel, das neben Erdalkali- auch Schwermetallionen binden kann. Es wird zudem zur Entfernung von Kalkablagerungen eingesetzt.
Wirkstoff B ist ebenfalls eine Natriumverbindung und stammt originär aus dem Nahrungsmittelbereich. Auch hierbei handelt es sich um Komplexierungsmittel, das vor allem zur Bindung von Calcium- und Eisenionen in der Kompresse eingesetzt wird. Versuche haben gezeigt, dass es seine volle Wirkung insbesondere in Kombination mit den Wirkstoffen A und C entfaltet, sich also eine synergetische Wirkung einstellt, die den Reinigungseffekt verstärkt.
Wirkstoff C wird üblicherweise zur Reinigung von Eisen- oder Kupferverunreinigungen eingesetzt. Versuche haben gezeigt, dass die Kombination aus den drei Wirkstoffen eine erheblich bessere Reinigungswirkung erzielt als das „klassische“ Ammoniumcarbonat.
Bentonit ist ein Schichtsilikat und wird als Bindemittel verwendet. Es bindet durch Adsorption und elektrochemische Vorgänge diverse gelöste Stoffe und Kolloide. Zudem reguliert es die Feuchtigkeitstransportvorgänge während des Reinigungsprozesses.
Zellulose unterschützt das Bentonit bei der Regulierung der Feuchtigkeitstransportvorgänge.
Hinzu kommen weitere Hilfsstoffe, die die rheologischen Eigenschaften des Materials steuern.
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