Hart im Nehmen

Mechanische Belastungen wie Schläge, Stöße und Abrieb verlangen gedämmten Putzfassaden viel ab.

Mehr Widerstandskraft bieten mit Carbontechnologie aufgerüstet WDV-Systeme. Oder man klebt dort, wo

die Fassade es besonders braucht, Natursteinplatten auf das Dämmsystem.

Neben der Wärmedämmung, zahlreichen gestalterischen Aspekten und Verarbeitungseigenschaften ist die mechanische Belastbarkeit der Oberflächen ein wichtiges Kriterium, das bei der Wahl eines geeigneten WDV-Systems eine wichtige Rolle spielt. Im Blickpunkt stehen jedoch nicht nur die Risiken von Vandalismus, sondern vielmehr die typischen, alltäglichen Belastungen, insbesondere in den mechanisch hoch beanspruchten Sockel- und Eingangsbereichen.

Nirgendwo sonst zeigen sich an der Fassade schneller Gebrauchsspuren. Und nicht selten sind bereits wenige Monate nach der Fertigstellung oder Renovierung eines Gebäudes deutliche Kratz-, Abrieb- oder Stoßspuren sichtbar. Ein ebenso ärgerlicher wie kostspieliger Befund, der eigentlich vorhersehbar ist, denn im Bereich der unteren Geschosse wird die Fassade durch angelehnte Fahrräder, fliegende Bälle, Umzüge und andere mechanische Einwirkungen stark beansprucht. Die auf diese Weise entstandenen Schäden und Verschmutzungen sind nicht nur unansehnlich, sie beeinträchtigen mittelfristig auch die Funktionalität der Fassade. So können als Folge der Beschädigungen und des Abriebs Feuchtigkeit oder Frost ins Mauerwerk eindringen und dort mit der Zeit Schäden an der Bausubstanz verursachen. Eine durchaus sinnvolle Investition zur Verlängerung von Renovierungszyklen ist deshalb die Verarbeitung besonders schlagfester Fassadendämmsysteme.

 

Schlagfeste WDV-Systeme dank Carbontechnologie

Je nach Gestaltungsanspruch und Materialwunsch haben Handwerker die Wahl zwischen sehr unterschiedlichen und immer wirtschaftlicher zu verarbeiten­den Systemen. Neue technische Lösungen verdrängen immer häufiger die aufwendiger zu verarbeitenden Systemkonzepte mit konventioneller Sockelschutzplatte. Insbesondere moderne Carbontechnologie eröffnet neue Möglichkeiten, um die Schlag- und Stoßfestigkeit von Oberflächen deutlich zu optimieren. So basiert zum Beispiel das Fassadendämmsystem Alpro­tect Carbon von alsecco auf einer speziellen, mit Carbon­fasern verstärkten organischen Armierungsmasse.

Gezielt nutzten die Entwickler die spezifischen Eigenschaften des widerstandsfähigen Werkstoffs Carbon, der aufgrund seiner hohen Zugfestigkeit, seines geringen Gewichts und seiner Beständigkeit gegen Temperatur und Chemikalien auch in der Luft- und Raumfahrt zum Einsatz kommt. In Kombination mit einem speziellen Gewebe bietet das System einen wirksamen Schutz für mechanisch stark beanspruchte Bereiche der Fassade. Je nach Ausführung sind die Oberflächen sogar bis zu 60 Joule belastbar.

 

Geprüfte Ballwurfsicherheit im System

Nach Tests mit Hand- und Hockeybällen bestätigten Spezialisten der Materialprüfungsanstalt Otto-Graf-Institut an der Universität Stuttgart zudem die Ballwurfsicherheit des Fassadendämmsystems Alprotect Carbon. „Die Prüfung der Ballwurfsicherheit ist ein wichtiger Gradmesser für die Widerstandsfähigkeit eines Fassadendämmsystems, weil sie eine typische mechanische Belastung der Oberflächen genau unter die Lupe nimmt“, betont Werner Mai, Leiter Bautechnik bei alsecco. Deshalb habe man die Prüfung der Ballwurf­sicherheit nach DIN 18032-3 für das System durchgeführt. Als ballwurfsicher gelten Bauelemente, die bei mechanischen Beanspruchungen durch Bälle ohne wesentliche Veränderungen der Elemente und ihrer Unterkonstruktion dauerhaft funktionsfähig bleiben.

Die Belastbarkeit des Fassadendämmsystems stellten die Fachleute mehrfach auf harte Proben, indem sie eine Prüfwand zunächst 54 Mal aus verschiedenen Richtungen und wechselnden Auftreffwinkeln mit einem Handball beschossen. Die Aufprallgeschwindigkeit betrug etwa 84,5 km/h. Anschließend folgten auf die gleiche Wand zwölf Schüsse mit Hockeybällen. Hier betrug die Aufprallgeschwindigkeit etwa 65 km/h. Ergebnis: Die für die Prüfung verwendeten Hand- und Hockeybälle verursachten keine Rissbildungen und Abplatzungen. Das Fassadendämmsystem, das in puncto Stoß- und Schlagfestigkeit auch die Anforderungen der Nutzungskategorie 1 der europäischen Leitlinie ETAG 004 erfüllt, blieb voll funktionsfähig.

Die ETAG 004 sieht zur Prüfung der Stoßfestigkeit von außenseitigen WDV-Systemen mit Putzbeschichtung Kugelfallversuche vor. Durchgeführt werden die Tests mit verschiedenen Stahlkugeln aus unterschiedli­cher Fallhöhe. Nach dem Aufschlag der Kugel messen die Prüfer den Durchmesser möglicher Verformungen und untersuchen die Oberflächen auf Mikrorisse und Risse an der Stoßstelle und deren Umgebung.

 

Wirtschaftliche Verarbeitung ohne Putzträgerplatte

Das Fassadendämmsystem Alprotect Carbon kann auf jedem tragfähigen Untergrund relativ einfach mit nur wenigen Arbeitsschritten fugen- und dübellos verarbeitet werden. Vorteile ergeben sich dabei insbesondere im Vergleich zu Systemen mit Sockelschutzplatten. Denn bei diesem System entfällt die sonst aufwendige und verarbeitungstechnisch komplizierte Montage und Verdübelung der als Putzträger aufgebrachten Tafeln – vom Zuschneiden und Vorbohren bis hin zu den Armierungsarbeiten für die Fugen und dem Anbringen zusätzlicher Gewebestreifen. Stattdessen wird die mit Carbon verstärkte Armierungsmasse einfach auf die Dämmplatte aufgebracht. Nach der Einbettung der Gewebe folgt der Oberputz.

 

Widerstandsfähig dank Natursteinplatten

Eine besonders elegante Lösung zum nachhaltigen Schutz stark beanspruchter Fassaden ist auch die Verkleidung mit Natursteinplatten. Mit modernen Sonderformteilen für Laibungen, Ecken und Gesimse lassen sich unterschiedliche technische und gestalterische Anforderungen sicher bewältigen. So ist zum Beispiel das Baukastensystem Alprotect Stone XL sowohl für die Gestaltung von bündigen als auch versetzten Sockeln geeignet. Es besteht aus stoßfesten, bis zu 0,72 m2 großen Platten, die sich aus 8 bis 10 mm dünn geschnittenen Natursteintafeln und rund 16 mm dicken Leichtbetonträgern zusammensetzen. Beide Elemente werden werkseitig zu einem Sandwich-Element verklebt.

Die Verarbeitung auf der Baustelle erfolgt mit einem Zweikomponenten-Verlegemörtel, mit dem die einzelnen Tafeln auf dem zuvor durch das Gewebe verdübelten WDV-System verklebt werden. Als zusätzliche Sicherung der Sandwichelemente wird rückseitig ein Befestigungspunkt mit Schraubgewinde eingebracht, eine Haltelasche befestigt und am anderen Ende mit dem Wandbildner verdübelt. Eine Auswahl an Form- und Anschlussteilen ermöglicht auch die Realisierung von schwierigen Details wie Abschlussgesimsen oder Gesimsinnenecken.

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