Historischen Putz erhalten
Sanierung des Herzoglichen Museums in Gotha

Bei der Sanierung des Herzoglichen Museums in Gotha sollte der historische Innenputz erhalten bleiben.Um trotzdem rissgeschützte, glatte Ansichten zu erreichen, erhielten die Wände und Decken einenvollflächigen Überzug mit Kalkputz mit Gewebeeinlage und Kalkglätte.

Aus der Nutzungsgeschichte des Herzoglichen Museums in Gotha gibt es eine gute und eine weniger gute Nachricht. Die gute: Seit seiner Fertigstellung 1879 hat das Gebäude ohne Unterbrechung als Museum gedient. Es trat kein längerer Leerstand mit fast zwangsläufig folgendem Verfall auf, ebenso gab es nur wenige Kriegszerstörungen oder notdürftige Nachkriegsreparaturen. Ein Großteil der Bausubstanz und selbst die Raumgestaltung sind dadurch im Original erhalten. Allerdings – und das ist die weniger gute Nachricht – haben verschiedene Museumskonzeptionen ihre Spuren hinterlassen. So wurde das ursprünglich für die Kunstsammlungen der Herzöge von Sachsen-Coburg-Gotha errichtete Haus nach dem Zweiten Weltkrieg zum Naturkundemuseum umgebaut, was mit zusätzlichen Trennwänden und mit neuen Installationen und Wandbefestigungen einherging. Darunter, aber auch unter den immer wieder neuen Anstrichen und den vielen Besuchern, die in rund 130 Jahren durch die Räume gegangen sind, hat die Ästhetik der Putzoberflächen stark gelitten. Obwohl der ursprüngliche Kalkputz an vielen Stellen technisch noch seine Funktion erfüllte, bot er optisch doch ein abgenutztes Bild mit vielen Fehl- und Schadstellen.

Kalkputzüberzug mit Systemaufbau

Die grundsätzliche Neukonzeption der Gothaer Museumslandschaft bot ab 2010 die Chance, mit einer grundlegenden Sanierung den einzigartigen Kunstsammlungen aus ehemals herzoglichem Besitz wieder ihren würdigen Rahmen zurückzugeben. Für die Putz- und Stuckarbeiten im denkmalgeschützten Gebäude wurde dabei für jeden Raum und jede Raumgruppe eine sehr unterschiedliche Herangehensweise entwickelt, wie der verantwortliche Architekt Markus Sabel vom Büro Kummer.Lubk.Partner aus Erfurt beschreibt: „Im zentralen Bereich gibt es fünf wertvolle und sehr reich gestaltete Räume, die weitgehend in der ursprünglichen Fassung erhalten sind. Diese Räume, etwa das achteckige Foyer, das große Treppenhaus und der prächtige Kuppelsaal im Obergeschoss, wurden von jeweils einem Restauratorenteam in Absprache mit dem Landesdenkmalamt mit historischen Techniken instand gesetzt. Neue haustechnische Installationen, etwa für die Beleuchtung oder die Klimatisierung, haben wir hier auf ein Minimum reduziert.“

Um diesen Kernbereich herum gliedern sich weitere Ausstellungskabinette, die eine neue Raumfassung mit weitgehend glatten Wänden und einem eigens hierfür entwickelten Farbkonzept mit kräftigen Tönen erhielten. „Der historische Putz bot hier nicht mehr die Glätte und Ansichtsqualität, die heute in einem Kunstmuseum erwartet werden. Wir wollten den Altputz jedoch keinesfalls komplett abschlagen und alle Flächen neu verputzen. Das wäre einerseits unwirtschaftlich gewesen und hätte andererseits auch nicht unserem Credo beim Umgang mit dem Denkmal entsprochen: Wenn es nicht unumgänglich ist, wird keine historische Substanz entfernt“, so Architekt Sabel. Unter diesen Voraussetzungen war von Anfang an ein Feinputzüberzug auf den Wand- und Deckenoberflächen vorgesehen, der wie der historische Putz mit kalkgebundenem Material ausgeführt werden sollte. Mit Rotkalk Grund, Rotkalk Fein sowie Rotkalk Glätte von Knauf kam dabei ein aufeinander abgestimmtes System zum Einsatz, mit dem sehr genau auf die sehr unterschiedlichen Untergrundsituationen und ihre jeweiligen Anforderungen reagiert werden konnte. Weil sich die zu bearbeitenden Flächen über rund 12 000 m2 in drei Geschossen erstreckten, wurden die Arbeiten auf zwei Lose verteilt, die die Maler- und Lackiererbetriebe von Norbert Kaddatz aus Bad Salzungen sowie von Willi Möller aus Gotha übernahmen.

 

Funktionsgerecht mit und ohne Unterputz

Bei der Beurteilung des Untergrunds kam es in jedem einzelnen Raum nicht allein auf den Zustand des historischen Putzes im Hinblick auf seine Ebenheit und Festigkeit an, sondern auch auf die diversen Farben, die im Lauf der Zeit aufgebracht worden waren. „Am einfachsten waren natürlich die saugfähigen und fest haftenden Teilflächen des Altputzes“, erklärt Norbert Kaddatz. „Hier konnten wir teilweise direkt mit Rotkalk Fein mit einer Schichtdicke von rund 6 mm und einer Gewebeeinlage arbeiten. Den Abschluss bilden dann etwa 2 mm Rotkalk Glätte.“

Der mit einer Körnung von 0,6 mm sehr feine Rotkalk Fein zeichnet sich durch einen hohen Kalkanteil aus, der zu optimal leichten Verarbeitungseigenschaften führt. Das Material kann unter anderem als Oberputz mit gefilzter Oberfläche oder auch als Dünnlagenputz auf planebenen Untergründen eingesetzt werden. In Gotha diente es als Basis für die Weiterbeschichtung mit Rotkalk Glätte, einer speziell auf diesen Putz abgestimmten Kalkglätte für Oberflächen der Qualitätsstufe Q2 oder Q3.

Nicht alle Räume im Herzoglichen Museum erlaubten jedoch ein einfaches Überziehen des Altputzes. So mussten verschiedene zu stark geschädigte oder nicht mehr fest anhaftende Hohllagen des Putzes beseitigt werden. Fehlstellen im Altputz gab es außerdem an den Stellen früherer Einbauten, durch Wassereinbrüche oder kleinere Kriegsschäden. Besonderes Augenmerk verlangten darüber hinaus die im Zuge der Modernisierung neu ausgeführten Leitungsschlitze, die sich im ganzen Gebäude auf mehrere Kilometer Länge summierten.

Auf all diesen Teilflächen, auf denen der alte Putz nicht mehr vorhanden war, wurde nach einem Vorspritz auf dem Mauerwerk zunächst Rotkalk Grund aufgetragen. Mit seiner Körnung von 1,2 mm und den möglichen Putzdicken von 15 mm in einer Lage ist dieses Material speziell für die Ausführung des Unterputzes im Rotkalk-System entwickelt worden. Auf diesem Unterputz konnte in Gotha anschließend der schon beschriebene Überzug aus Rotkalk Fein, dem Gewebe und Rotkalk Glätte verarbeitet werden.

Auch für spezielle Untergrundsituationen

Dieser grundsätzliche Putzaufbau ließ sich auch bei besonderen Untergrundbedingungen einsetzen, etwa auf Teilflächen mit nicht mehr eindeutig zu identifizierenden oder sehr dichten und glatten Altanstrichen. „Da sich eine ausreichende Putzhaftung hier nicht ohne weiteres gewährleisten ließ, haben wir solche Anstriche mit einer Hochdruckkrake beseitigt oder teilweise auch mechanisch abgefräst“, erklärt Norbert Kaddatz.

Erster Schritt des Neuaufbaus war danach – wie auch bei anderen kritischen Untergründen – die Oberflächenverfestigung mit Knauf Grundol, einem für Kalk-, aber auch für Kalk-Zement- und Gipsputze geeigneten Tiefengrund. Das so wiederhergestellte und egalisierte Saugverhalten ermöglichte einen sicheren Auftrag von Rotkalk Grund und die Ausbildung der Oberfläche mit dem Oberputz und der Glätte.

Ein System, dass sich sogar auf Sanierputz bewährte, wie die Ausführung im Sockelgeschoss zeigte. Obwohl das Herzogliche Museum ohne Horizontalsperre erbaut worden war, gab es auch in den erdnahen Bereichen des Mauerwerks kaum Probleme mit aufsteigender Feuchtigkeit. Um nach der Sanierung jedoch auf der sicheren Seite zu sein, wurde an den Wänden des untersten Geschosses der erste Meter des alten Putzes entfernt und durch den porenbildenden Sanierputz Knauf Popo ersetzt. Dieser diente anschließend als Untergrund für die Oberflächenausbildung mit Rotkalk Fein und Rotkalk Glätte. Zu erkennen sind die Sanierputzflächen heute nicht mehr. Denn durch die Armierung mit der Gewebeeinlage konnte auf ein Putzprofil am Übergang vom neuen Knauf Popo zum alten Putz verzichtet werden, auch eine optische Abzeichnung gibt es nicht.

Glatte und homogene Oberflächen

Da der jeweilige Putzaufbau in Abhängigkeit vom Untergrund gut geplant und vorbereitet war, gestaltete sich die Ausführung einfach und weitgehend problemfrei, wie Christoph Möller, Juniorchef im Betrieb seines Großvaters, erklärt: „Mit Rotkalk haben unsere Gesellen schon einige Erfahrungen, so dass ihnen auch dieser Systemaufbau keine Schwierigkeiten bereitete. Die größte Herausforderung waren die Raumhöhen, für die wir teilweise ein 10 m hohes Gerüst brauchten. Als wir das hatten, ging die Arbeit flott voran, weil das Material gut maschinengängig ist und wir die Maschine auf den großen Flächen sehr effektiv einsetzen konnten.“

Nach den Putzarbeiten übernahm der Betrieb von Willi Möller auch die farbliche Beschichtung der Ausstellungskabinette nach dem Farbkonzept des Büros Homann Güner Blum Visuelle Kommunikation aus Hannover. Durch die zusammen rund 8 mm dicke Kombination aus Rotkalk Fein, dem Gewebe und Rotkalk Glätte auf allen Teilflächen stand dafür nicht nur ein glatter, sondern auch ein völlig homogener Untergrund zur Verfügung – unabhängig davon, ob sich unter dem Überzug historischer oder erneuerter Putz befand.

Zur Wiedereröffnung im Oktober 2013 präsentierten sich die Kunstsammlungen im Herzoglichen Museum in Gotha in einem denkmalgerecht wiederhergestellten Umfeld.

Autor

Andreas Gabriel ist Leiter des Bereichs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Knauf Gips KG in Iphofen.

Alte Anstriche wurden mit einer Hochdruckkrake beseitigt oder mechanisch abgefräst

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