Holz in der Denkmalpflege

Ebenso wie der diesjährige Tag es offenen Denkmals Anfang September widmet sich auch die denkmal 2012 vom 22. bis 24. November dem Thema Holz. Vertieft wird das Leitthema in Leipzig mit zahlreichen Veranstaltungen ­sowie einem Forum, das von den Redakteuren der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau moderiert wird.

Die Messe denkmal hat in diesem Jahr das Leitthema „Holz“. Ein Schwerpunkt, der zurecht in den Fokus gerückt wird, nimmt dieser Werkstoff schließlich im Baubereich der vergangenen Jahrhunderte eine, im wahrsten Sinne des Wortes, tragende Rolle ein und muss dementsprechend geschützt und angemessen behandelt werden. Bei der Restaurierung gehört auch die Altersbestimmung mit zum Handwerkszeug, auf die hier besonders eingegangen wird.

Fachwerkhäuser gehören seit Jahrhunderten zu unserer Kulturlandschaft. Wie lange allerdings genau, das war bis Mitte des 20. Jahrhunderts unklar. Auf der Suche nach dem ältesten Fachwerkhaus Deutschlands gingen Wissenschaftler lange Zeit davon aus, dass kein Fachwerkhaus in Deutschland älter als 500 Jahre ist. Die Dendrochronologie (von griech. dendron „Baum“, chronos „Zeit“, logos „Lehre“; also „Lehre vom Baumalter“) erlaubte jedoch eine genaue Altersdatierung. Die Dendrochronologie wurde vom österreichischen Botaniker Bruno Huber in Europa etabliert. 1941 gelang ihm der Beweis für die Tauglichkeit des Verfahrens. Dabei spielten die bronzezeitlichen Wasserburg-Palisaden in der Federsee-Region in Süddeutschland eine zentrale Rolle.

Um das Alter eines Holzhauses mit der Dendrochronologie bestimmen zu können, vergleicht man das Jahresringmuster der verbauten Holzbalken mit Jahresringtabellen und kann so den Fällzeitpunkt der Bäume bestimmen, deren Holz verbaut wurde. Die Jahresringtabellen für die auch als Überlappungstechnik bezeichnete Methode reichen bis etwa 500 nach Christi zurück. So alt ist hierzulande natürlich kein Holz- oder Fachwerkhaus. Quedlinburg und Esslingen machen sich den Rang um die ältesten Fachwerkhäuser Deutschlands streitig. In Esslingen steht in der Straße „Heugasse 3“ ein Fachwerkhaus, das mit Hilfe der Dendrochronologie auf das Baujahr 1261 datiert wurde. Das Alter war nicht mehr an Hand des Baustils zu bestimmen. Erst die Dendrochronologie brachte Klarheit über das Alter der verbauten Hölzer.

In Quedlinburg entdeckte der Architekt Ulrich Queck einen weiteren Kandidaten für das älteste Fachwerkhaus Deutschlands: „Das unscheinbare Gemäuer ist das älteste Fachwerkhaus Deutschlands“, so Ulrich Queck. Untersuchungen der Holzbalken ergaben, dass das Haus in der Straße „Hölle 11“ tatsächlich vor beinahe 800 Jahren erbaut wurde. Dieses Geheimnis gab das Gebäude jedoch erst im Innern preis: „Der Fachwerkbau steckt in der Geschossdecke und im Dachstuhl“, sagt der Architekt, der den Bau als Miteigentümer eines Architekturbüros 1999 erwarb. Zur Altersbestimmung der Eichen- und Fichtenbalken setzte man auch in Quedlinburg auf die Dendrochronologie. Nach Aussage des Architekten stammt die Eiche von 1215 und die Fichte etwa aus dem Jahr 1230. Beide sind damit älter als die in Esslingen verbauten Hölzer. Erhärtet werden die Untersuchungsergebnisse durch eine erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1233.

Trotz dieser wissenschaftlichen Beweisführung kommt eine Unsicherheit bei der exakten Altersbestimmung hinzu: Die Tatsache, dass beim Hausbau im Mittelalter häufig Hölzer aus Abbruchgebäuden verwendet wurden, die deutlich älter sein müssen als das Gebäude selbst. So müssen also genügend Holzproben aus dem jeweiligen Haus entnommen werden, um Unsicherheiten auszuschließen.

Wie erhält man alte Holzfachwerkbauten

Die eine Sache ist nun das Wissen um das Alter der Häuser, die andere Sache die Frage, nach dem Erhalt dieser Bauten. Dieser Aufgabe widmet sich – wie oben erwähnt – die Messe denkmal 2012 Ende November in Leipzig mit ihrem Schwerpunkt. Dort werden Themen wie europäische Holzarchitektur, historischer Holzbau, energetische Sanierung von Fachwerkhäusern, Holz- und Bautenschutz, Dekontaminierung, Holzverarbeitung, Beschichtung von Holz, Restaurierung historischer Möbel, Konservierung von Holzobjekten sowie Parkettrestaurierung und Fensterbau auf zahlreichen Veranstaltungen behandelt und in den lebendigen Werkstätten gezeigt.

Handwerklich komplexe Holzkonstruktion: Umgebindehäuser

Ein herausragendes Thema wird dabei die Erhaltung der so genannten Umgebindehäuser sein – jener Hausform, die insbesondere im Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland anzutreffen ist. Die Pflege und Sanierung solcher Häuser erfordert spezielles Fachwissen, das auf dem Internationalen Umgebindekongress zumindest in Ansätzen vermittelt werden soll. Veranstalter sind die Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e.V., die Bernhard-Remmers-Akademie und die Stiftung Umgebindehaus mit dem Umgebindezentrum. Den Teilnehmern werden die verschiedenen Haustypen vorgestellt, Sanierungsmethoden am Beispiel der „Alten Mangel“ in Ebersbach und dem „Stellmacherhaus“ in Görlitz (Zgorzelec / Polen) erläutert sowie Möglichkeiten zur Energieeinsparung demonstriert. Als Referenten sind Fachleute aus der Region der Umgebindehäuser eingeladen. Des Weiteren verleiht die Bernhard-Remmers-Akademie den „Bernhard-Remmers-Preis 2012 für herausragende Leistungen in der handwerklichen Baudenkmalpflege“ zum bereits siebten Mal. Der Preis würdigt in diesem Jahr die beispielhafte Teamarbeit bei der Translozierung und Instandsetzung des Rademacher Hofes (ebenfalls ein Umgebindehaus im polnischen Zgorzelec).

Forum „Holz in der Denkmalpflege“

Umgebindehäuser werden auch Thema auf dem von den Redakteuren der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau moderierten Forum „Holz in der Denkmalpflege“ sein. Dort werden die CCEG Wandergesellen die Entstehung, Konstruktion sowie die heutige Verbreitung und die regionalen Unterschiede in den Erscheinungsformen der Umgebindehäuser vorstellen.

Des weiteren stellt das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege der Stadt Leipzig unter dem Titel „Restaurierung historischer Holzausstattungsbestandteile in Villen und großbürgerlichen Wohnhäusern aus der Zeit zwischen 1870 und 1930 in Leipzig“ anhand ausgewählter Restaurierungsbeispiele auf dem Forum Restaurierungs- und Umnutzungskonzepte vor.

Und auf der Messe wird es natürlich nicht nur um Häuser, sondern auch um aus Holz gefertigte Bauteile gehen. Johannes Mosler, Experte für historische Fenster, wird sich dem Thema „Holzfenster und Leinölfarbe“ widmen und Einblicke in die Erhaltung, Konservierung und Pflege historischer Holzbauteile mit Leinöl und Leinölfarbe geben.

Weitere Vorträge zum Thema Holz in der Denkmalpflege

Der Europäische Verband für den ländlichen Raum ECOVAST (European Council for the Village and Small Town) lädt zu einem internationalen Seminar zur Holzarchitektur ein. Das Institut für Holztechnologie Dresden widmet sich mit gleich zwei Veranstaltungen dem Thema Holz: Der Vortrag „Schimmelpilzuntersuchungen und -sanierung an Kunstgut und historischen Gebäuden“ stellt Untersuchungsmethoden vor, erläutert Sanierungsmöglichkeiten an konkreten Beispielen und gibt Empfehlungen für den Umgang mit Schimmelpilzschäden. Mit dem Vortrag „Holzkundliche Untersuchungen an Kunst- und Kulturgut“ erhält der Messebesucher Einblicke in Methoden zur Holzartenbestimmung sowie zur Feststellung von Holzschädigungen und Schadorganismen.

Das Referat Holz der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege (WTA) lädt zum Workshop „Dekontamination von Kunst und Kulturgut“ ein. Im Vordergrund wird der Einsatz gesundheitsgefährdender Holzschutzmittel zwischen 1945 und 1980 stehen.

Wann und wo all diese Veranstaltungen auf der denkmal in Leipzig stattfinden werden, erfahren Sie im Internet unter www.denkmal-leipzig.de.

Autoren

Thomas Wieckhorst ist der verantwortliche Redakteur der Zeitschrift bauhandwerk, Sandro Gärtner ist Pressesprecher der Messe Denkmal 2012.

Das älteste Holzhaus in Europa und der Welt

Das vermutlich ältestes Holzgebäude der weltweit steht in Japan: die fünfstöckige Pagode des Hōryū-ji Tempels in Ikaruga. Nach dendrochronologischen Untersuchungen wurde das Holz für die 32,5 m hohe Pagode im Jahr 594 gefällt. Sicher hat die buddhistische Grundhaltung, den Dingen mit Achtsamkeit zu begegnen, zur Erhaltung des Gebäudes beigetragen. Ein halbes Jahrtausend ist in etwa auch die Zeit, die man auf das Baujahr des japanischen Tempels aufschlagen muss, um beim ältesten Holzhaus Europas zu landen: im Englischen Greensted wurde im Jahr 1055 die dortige Kirche zumindest zum Teil aus Holz erbaut: Ein Teil der Fassade besteht aus vertikal aneinander gestellten Rundhölzern (Mann an Mann). Und auch in Sachen Fachwerkgebäude hat der Inselstaat ebenso wie Frankreich einiges zu bieten: Bei den beiden vermutlich ältesten Fachwerkgebäuden Europas handelt es sich um zwei Scheunen von Cressing Temple in Essex, die zwischen 1205 und 1235 erbaute wurden.

Die dach+holzbau lädt zum kostenlosen Besuch der denkmal in Leipzig ein

Einem Teil der Heftauflage liegt eine Freikarte für den Besuch der denkmal bei. Falls diese in Ihrer dach+holzbau-Ausgabe fehlen sollte, Sie aber trotzdem die Messe besuchen wollen, schicken wir Ihnen eine Freikarte zu. Bitte einfach unter dem Stichwort „Freikarte denkmal“ eine E-Mail an . Viel Freude beim Besuch der Messe.

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