Reinigung der Natursteinfassade am Aachener Dom

Derzeit wird die Natursteinfassade einer gotischen Seitenkapelle des Aachener Domes aufwendig von Belägen gereinigt – zunächst mit Hochdruckstrahlern und im Weiteren dann mit Partikelstrahlern. Dabei werden die gesamten Arbeiten wissenschaftlich überwacht und begleitet.

Im vergangenen Jahr trat der Hochdruckstrahlerhersteller Kärcher an die deutsche UNESCO-Kommission in Bonn heran mit dem Anliegen, eine nationale Weltkulturerbestätte zu benennen, die einer Reinigung bedürfe. Dabei sollte der Aufwand eine überschaubare Größe besitzen, so dass die Arbeiten in wenigen Monaten durchgeführt werden könnten. Die Kommission lobte daraufhin einen Wettbewerb unter allen 39 eingetragenen deutschen „Weltkulturerben“ aus, bei dem sie sich um eine kostenlose Reinigung bewerben konnten. Diesen gewann der Aachener Dom, auch weil der eingereichte Vorschlag für eine denkmalgerechte Reinigung baulich am besten geeignet war. In der seit 1986 sukzessiv betriebenen Säuberung des Aachener Domes hatte man die zwischen 1455 und 1474 errichtete, gotische Nordkapelle bislang bewusst ausgelassen worden. Denn die stark von zahlreichen Friesen, Figuren und Fialen geprägte Fassade der Kapelle galt dem früheren Dombaumeister Hans-Karl Siebigs als „noch“ zu komplex für eine denkmalgerechte Reinigung.

„Kärcher“-Schonreinigung

Die Spezialisten der Firma Kärcher reinigen die Steine mit zwei unterschiedlichen Verfahren nacheinander, um einen nachhaltigen und lang anhaltenden Effekt zu erzielen. Zunächst wird mit speziellen Hochdruckdampfstrahlern die biogene Verschmutzung entfernt. Gemeint sind Moose und Flechten aber auch Taubenkot, mit dem letztlich viele Samen und auch Nährstoffe zum Pflanzenwachstum eingetragen werden. Nick Heyden, verantwortlich für die restauratorische Reinigung, erläutert, dass man den Druck bei diesen Geräten individuell und sehr fein regeln kann, von echtem Hochdruck bis quasi nur noch Dampf austritt. Damit hat der Restaurator eine ebenso dynamische wie sensible und damit sehr materialschonende Reinigungsmaschine zur Hand. Auch weist er auf die Tatsache hin, dass ein Dampfstrahl, der mit 100 bar aus der Düse austritt, in einem Abstand von 30 cm einen Aufpralldruck von weniger als einem bar besitzt.

Für die Reinigung wurden die wertvollen Kapellenfenster nicht ausgebaut, aber mit Folien sauber abgeklebt. Das aufgebrachte Wasser wird nicht gesondert aufgefangen, sondern läuft letztlich wie normaler Schlagregen an der Fassade ab, weshalb verständlicherweise von oben nach unten gearbeitet wird. Tatsächlich ist die eingesetzte Wassermenge durchaus vergleichbar mit der normalen Schlagregenlast eines stärkeren Gewitters, also bei weitem nicht so umfangreich, wie man annimmt. Im Nachgang ist es jedoch zwingend erforderlich, etwa mit einem Sauger oder sogar von Hand das abgewaschene und nun lose auf Vorsprüngen aufliegende „biogene Gut“ einzusammeln. Den Unterschied zum so genannten „Kärchern“, also einer rabiaten Reinigung durch Hochdruckstrahler, sieht Frank Schad vor allem in der Ausbildung und dem Materialgefühl seiner Mitarbeiter. So dürfe man eben nicht bei einer hartnäckigeren Schmutzstelle, nur „näher ran gehen“, sondern müsse einfach etwas mehr Geduld aufbringen. Schad leitet bei der Alfred Kärcher GmbH & Co. KG das weltweite Kultursponsoring.

Partikelstrahlen statt Sandstrahlen

Nach dem Dampfstrahlen lassen die Restauratoren das Mauerwerk einige Tage trocknen, bevor sie in einer  zweiten Phase mit dem Partikelstrahlen beginnen. Frank Schad betont, dass sie auch hier mit keiner neuen Technik arbeiten, sondern die Verfahren allgemein bekannt und anerkannt sind. So hat etwa die bauhandwerk in ihrer Ausgabe 11.2013 über das Partikelstrahlen im Kreuzgang vom Kloster Maulbronn berichtet.

Dipl.-Restaurator Georg Schmid von der AeDis AG aus Hochdorf, der die Restaurationsarbeiten aus technisch-wissenschaftlicher Sicht begleitet, weist vorab darauf hin, dass das Sandstrahlen heutzutage praktisch verboten, weil gesundheitsschädlich sei. Stattdessen wird heute vornehmlich Hochofenschlacke in den unterschiedlichsten Kornstrukturen zum so genannten Partikelstrahlen eingesetzt – wie nun auch am Aachener Dom. Dabei kommt es – abgesehen natürlich von der Korngröße – vor allem auf die Kornform an. Es gibt scharfkantigere Körnungen, die sehr aggressiv wirken und rundere, die den unerwünschten Belag oft eher „andrücken“ als ihn zu entfernen. Tatsächlich empfiehlt sich ein Arbeiten mit scharfkantigerem Material bei niedrigerem Druck. Das Partikelstrahlen ist in dem hier eingesetzten Umfang so staubig, dass die Restauratoren eine Art Vollschutz tragen müssen.

Mehrere Reinigungsrunden

Restaurator Georg Schmid weist darauf hin, dass es oft unvermeidlich ist, zu bearbeitende Steine mehrfach abzufahren. Es hat sich als verträglicher für das Steinmaterial erwiesen, dieses in mehreren Schritten zu reinigen, da durch die kurzen „Regenerationsphasen“ der zu entfernende Schmutz spröder werde. Bei manchen Objekten waren bis zu fünf Durchgänge erforderlich. Frank Schad ergänzt, dass es von Kulturkreis zu Kulturkreis stark differiere, was als sauber und gereinigt wahrgenommen würde. Manche wollten es praktisch wie neu haben, andere – zu denen auch Deutschland zählt – wollen weiterhin eine Patina, die Alterungsspuren zeigt.

Grundsätzlich gilt, dass es nicht darauf ankommt, den Stein optisch sauber aussehen zu lassen, sondern die Beläge zu entfernen, die mit ihrer Tiefenwirkung den Stein langfristig schädigen. Leichte Schmutzformen – biogen, Staub, Wassereinträge oder selbst leichte Salzverkrustungen – sind hinnehmbar, solange sie keine langfristigen Schäden verursachen. Allerdings müssen Salzverkrustungen, da diese gerne zu blumenkohlartigen Strukturen anwachsen, über kurz oder lang entfernt werden, da sie die Oberfläche verändern. Schmutzbeläge verschließen in der Regel die Poren eines Steins und verhindern so, dass eingetragene Feuchtigkeit gleichmäßig wieder austreten kann. Eingedrungenes Wasser wiederum schädigt in vielfältiger Weise den Stein, die krasseste Form ist eine Frostabsprengung gelockerter Deckschichten im Winter. Mit der Steinreinigung soll vor allem das so genannte „Atmen“ des Steins wieder sichergestellt werden.

Kultursponsoring

Die Alfred Kärcher GmbH & Co. KG nennt ihr weltweites Engagement zum Erhalt von Kulturdenkmälern „Kultursponsoring“. Dabei operiert das Unternehmen nicht mit Geld, sondern spendet vielmehr Arbeit und Know-how. Tatsächlich sind diverse Projekte, wie etwa die Freiheitsstatue in New York, von dem Unternehmen schon mehrfach gereinigt worden. Allerdings geht die Forschung weiter und die Initiative beschränkt sich nicht nur auf das Reinigen, sondern geht auch der Frage nach, wie man Bauten besser pflegen kann, etwa durch konstruktiven Bautenschutz aber auch durch geeignete bauchemische Maßnahmen. Ein wenig steht dahinter die Idee, dass aus einer einmaligen Initiative eine langfristige Partnerschaft erwächst, die sich langfristig dem Erhalt dieses Gebäudes verpflichtet sieht. Sekundiert wird dieser Gedanke von der Absicht, alle Tätigkeiten zu dokumentieren.

Autor
Dipl.-Ing. Robert Mehl studierte Architektur an der RWTH Aachen. Er ist als Architekturfotograf und Fachjournalist tätig und schreibt als freier Autor unter anderem für die Zeitschriften DBZ, bauhandwerk und dach+holzbau.
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