Restauratorische Reinigung in der Denkmalpflege
Bei einer restauratorischen Reinigung müssen oft hartnäckige Schmutzkrusten von empfindlichen Untergründen entfernt werden. Hierzu bieten sich das Niederdruck-Partikelstrahlverfahren, drucklose Hochdruckreinigung, Heißwasser und Dampf sowie Kompressen und Lasertechnik an.
Wird die gesamte Außenhülle eines Objekts gereinigt, wie hier beim Obelisken in Paris, ist oft eine umfassende Einrüstung nötig
Foto: Kärcher
Ob Memnonkolosse im oberägyptischen Luxor oder Obelisk in Paris: Um irreparable Schäden an unwiederbringlichen Zeitzeugnissen zu vermeiden, sind im Falle einer restauratorischen Reinigung viele Vorarbeiten erforderlich: Materialien, Verschmutzungsarten und -grade, Formen und Strukturen werden analysiert und Reinigungsziele festgelegt. Oft müssen hartnäckige Schmutzkrusten von empfindlichen Untergründen entfernt werden. Nach dem Anlegen von Musterflächen kommen Techniken wie das Mikropartikelstrahlen, Heißwasserhochdruckreinigen bis zur Dampfstufe, Lasertechnik oder Kompressen zum Einsatz. Hier ist ein Überblick, mit welchen Herausforderungen in der Denkmalpflege zu rechnen ist, wann welches Reinigungsverfahren Sinn ergibt und wie die Anwendung in der Praxis aussieht.
Schachbretter, Schmutzkrusten und Mischzonen
Geht es um kleinere Ausbesserungen bei höheren Objekten oder Objektteilen, so sind Industriekletterer im Einsatz
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Gibt es für kleinere Flächen hochpräzise Reinigungstechniken, so sind diese für große Objekte aus wirtschaftlichen und restauratorischen Gründen nicht zu empfehlen: Die Reinigung würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen und ein ungleichmäßiges Ergebnis, der so genannte Schachbretteffekt, wäre auf der großen Fläche die Folge. Es gilt also, passende schonende Reinigungstechniken auszuwählen.
Bei höheren Objekten oder Objektteilen sind die Arbeiten sehr aufwändig. Geht es um kleinere Ausbesserungen, so sind Industriekletterer oder Hubarbeitsbühnen im Einsatz. Wird die gesamte Außenhülle eines Gebäudes inklusive Außenanlagen gereinigt, ist oft eine umfassende Einrüstung nötig. Außerdem ist zu beachten, dass auf senkrechten Flächen das Reinigungsmedium häufig nicht ausreichend lange einwirken und ablaufender Schmutz Sekundärverschmutzungen auf darunter liegenden Gebäudeteilen verursachen kann.
Weitere Schwierigkeiten stellen stabile Schmutzkrusten auf sehr empfindlichen Oberflächen dar oder so genannte Mischzonen. In diesen Fällen sind Schmutzpartikel in die Bausubstanz eingedrungen, so dass es sehr schwierig ist, zwischen Verschmutzung und originaler Oberfläche zu unterscheiden. Die in jedem Fall erforderlichen Voruntersuchungen sind an solchen Objekten besonders wichtig.
Zustandsanalyse, Reinigungsziele und Musterflächen
Bevor ein restauratorisches Reinigungsprojekt startet, werden Art, Alter und Zustand der Oberflächen bestimmt sowie Art und Grad der Verwitterung und Verschmutzung festgestellt
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Bevor ein restauratorisches Reinigungsprojekt startet, werden Art, Alter und Zustand der Fassade und sonstiger Oberflächen bestimmt sowie Art und Grad der Verwitterung beziehungsweise Verschmutzung festgestellt. Dabei unterscheidet man zwischen mineralischen und organischen Verschmutzungen: Zu den mineralischen Verschmutzungen gehören Ausblühungen, Versinterungen oder Korrosionsprodukte wie Grünspan oder Braunstein auf metallischen Oberflächen. Zu den organischen Verschmutzungen zählen beispielsweise Ruß, Vogelkot oder biogener Bewuchs wie Algen, Moose oder Flechten.
In Zusammenarbeit mit dem Eigentümer des jeweiligen Denkmals, der ortsansässigen Denkmalbehörde sowie den involvierten Restauratoren, Kunsthistorikern oder anderen Fachwissenschaftlern, legen Reinigungsexperten bei Vor-Ort-Besichtigungen die Reinigungsziele fest. Dabei gibt es im internationalen Vergleich unterschiedliche Herangehensweisen, je nachdem, ob ein angenommener, ursprünglicher Zustand rekonstruiert werden soll oder der Verfall als geschichtlicher Bestandteil des Bauwerks betrachtet wird. Sind die Zustandsanalysen abgeschlossen und die Reinigungsziele festgelegt, werden Musterflächen mit möglichen Reinigungstechniken angelegt, um festzustellen, wie sich ohne Material- oder Substanzverlust arbeiten lässt.
Niederdruck-Partikelstrahlverfahren
Beim Niederdruck-Partikelstrahlverfahren tritt an der Düse der Pistole ein Luft-Wasser-Strahlmittel-Gemisch aus, wobei Luftdruck, Wasser- und Strahlmittelmenge individuell reguliert werden können
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Beim Niederdruck-Partikelstrahlverfahren gibt es über 2000 Strahlmittelvarianten in unterschiedlichen Größen und Härtegraden, von Maiskolbenmehl über Kalk- und Glaspuder bis zu Trockeneisperlen. Zunächst wird eine Strahlpistole dabei über einen Baukompressor mit Druckluft versorgt. In der Mischkammer wird dem Luftstrom im Fall der restauratorischen Reinigung ein sehr feines Strahlmittel beigemischt sowie zusätzlich gegebenenfalls Wasser für staubfreies Arbeiten. Das Luft-Wasser-Strahlmittel-Gemisch tritt an der Düse der Pistole aus, wobei Luftdruck, Wasser- und Strahlmittelmenge individuell reguliert werden können, um oberflächenschonendes Arbeiten und minimale Abrasion sicherzustellen.
Die Strahlmittel- und Schmutzreste können anschließend mit einem Nass-/Trockensauger aufgenommen werden. Beim Trockeneisstrahlen, einer Variante des Partikelstrahlverfahrens, lösen sich zwar die reinigenden Partikel buchstäblich in Luft auf, allerdings kann der auf die Oberfläche wirkende Impuls beispielsweise bei Natursteinen Mikrorisse verursachen. Auf metallischen Oberflächen werden hingegen sehr gute Ergebnisse erzielt.
Drucklose Hochdruckreinigung, Heißwasser, Dampf
Die Hochdruckreinigung ist die am häufigsten eingesetzte Methode für die restauratorische Reinigung
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Neben dem Niederdruck-Partikelstrahlen ist die Hochdruckreinigung die weltweit am häufigsten eingesetzte Methode für die restauratorische Reinigung. Bei hochsensiblen Bausubstanzen ist es möglich, praktisch drucklos zu arbeiten, denn bei einem Arbeitsabstand von 40 cm und einem Düsendruck von 200 bar kommt nur 1 bar auf der Oberfläche an. Die Reinigungsleistung hängt von dem durch die Pumpe erzeugten Druck, der durch den Leitungsquerschnitt geförderten Wassermenge und der eingesetzten Hochdruckdüse ab. Auch die Wassertemperatur hat Einfluss auf die Reinigungsleistung. Beim Heißwasserhochdruckreinigen mit über 80 °C kann die Reinigungszeit um bis zu 60 Prozent verkürzt werden, wenn es der Untergrund zulässt.
Die Dampfstufe eignet sich insbesondere bei sensiblen, zerklüfteten Oberflächen sowie zur Entfernung von Rückständen mit höherem Schmelzpunkt. Gearbeitet wird mit einem Oberflächendruck von 0,5 - 1 bar sowie einer Oberflächentemperatur von bis zu 100 °C. Algen, Moose und Flechten lassen sich dadurch schonend entfernen. Bei der Dampfstufe wird der Pumpendruck stark reduziert und die Wassermenge halbiert, so dass im System eine sehr hohe Wassertemperatur von bis zu 155° C entsteht. Auch tiefersitzende Sporen werden dadurch größtenteils abgetötet und neuer Bewuchs hinausgezögert, was meist den Einsatz von Bioziden überflüssig macht.
Kompressen und Lasertechnik
Vor dem Einsatz von Partikelstrahl, Heißwasserhochdruck und Dampf kann die Verwendung von Kompressen sinnvoll sein. Bei diesem Verfahren wird ein saugfähiges, mit Wasser, Alkohol oder anderen Substanzen getränktes Medium aufgebracht, um zum Beispiel bauschädliche Salze aus stark belasteten Oberflächen zu entfernen. Durch Entsalzungskompressen wird die Verdunstungszone für Feuchtigkeit, die sich in der Bausubstanz befindet, weiter nach außen verlagert. Die gelösten Salze wandern gewissermaßen aus der Oberfläche heraus in die Kompresse und verbleiben dort nach dem Trocknen als Salzkristalle.
Eine weitere Möglichkeit in der restauratorischen Reinigung sind Laser-Reinigungstechniken. Sind die passenden Parameter gewählt und auf Musterflächen geprüft, kann die Technik unter anderem zum oberflächenschonenden Verdampfen von undefinierbaren Schmutzschichten auf Farben, Verkrustungen auf Stein oder Oxidation von Metallen eingesetzt werden. Voraussetzung für die Wirksamkeit ist allerdings ein klarer farblicher Kontrast zwischen Schmutzschicht und Oberfläche. Denn der dunklere Schmutz absorbiert das Laserlicht und wird in dünnen Schichten abgetragen, wohingegen die helle Oberfläche das Licht nur reflektiert. Bei geeigneten Voraussetzungen ist die Laser-Technologie ein schonendes, effizientes Werkzeug in der restauratorischen Reinigung.
Autoren
Alexandra Lachner arbeitet als freie Autorin für Text & Konzept - auf den Punkt in Jengen. Nick Heyden ist Anwendungsspezialist Kultursponsoring bei der Firma Alfred Kärcher in Winnenden.