Konzentration auf das Wesentliche
Zu Besuch bei der Dengel-Bau GmbH in Schöntal-Berlichingen
Die Dengel-Bau GmbH hat sich auf die Renovierung und Restaurierung historischer Bausubstanz spezialisiert. Indem Seniorchef Hubert Dengel frühzeitig moderne Marketingstrategien umsetzte, legte er den Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.
Das Interesse für Baudenkmale wurde Hubert Dengel schon in die Wiege gelegt. Denn die stand innerhalb der Mauern des Klosters Schöntal, einer ehemaligen Zisterzienserabtei aus dem 12. Jahrhundert. Aufgewachsen im Schatten der prächtigen Barockkirche des Klosters und als Sohn eines Maurermeisters, der vom Bezirksbauamt Schwäbisch-Hall mit der Instandhaltung der Klosteranlage beauftragt war, interessierte er sich seit frühester Jugend für die Architektur, Bautechnik und Geschichte historischer Gebäude. Noch heute kennt der Seniorchef der Dengel-Bau GmbH nicht nur buchstäblich jeden Stein des 1803 säkularisierten Klosters, das heute unter anderem von der katholischen Kirche als Tagungshaus, als Rathaus der Gemeinde Schöntal sowie als Schulheim genutzt wird, sondern kann auch sehr detailliert und gewürzt mit allerlei Anekdoten die Geschichte des Klosters sowie der geistlichen und weltlichen Herrscher der Umgebung referieren. Der bekannteste ist übrigens „Götz von Berlichingen“, dem Johann Wolfgang von Goethe mit seinem gleichnamigen Drama ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Auch sein privates Glück fand Dengel innerhalb der Klostermauern, denn das Elternhaus seiner Frau Irmgard, die das Büro des Familienunternehmens führt, steht ebenfalls auf dem Klostergelände.
Rückzug aus dem Neubau
1945 gründete Erwin Dengel das Bauunternehmen, das sich zunächst fast ausschließlich dem Erhalt und der Restaurierung der Klosteranlage widmete, die er bereits 1933 kennengelernt hatte. Damals hatte ein Unwetter verheerende Verwüstungen angerichtet, an deren Beseitigung er mitarbeitete. Auch der erste Firmensitz lag innerhalb der Klostermauern und zwar in der Kilianskapelle. Schon als Kind kam Hubert Dengel so mit historischen Gebäuden und mit Steinen, Ziegeln, Mörtel und Putzen in Kontakt. Mit 14 begann er folgerichtige eine Ausbildung zum Maurer im väterlichen Betrieb und legte nach fünfjähriger Gesellenzeit 1968 schließlich sogar seine Meisterprüfung ab. Zu dieser Zeit befasste sich Dengel-Bau zunehmend auch mit Neubauten, ohne das Geschäftsfeld der Restaurierung jedoch ganz aufzugeben. Spätestens nachdem Hubert Dengel 1987 die Prüfung zum Restaurator im Maurerhandwerk abgelegt hatte, wurde der Tätigkeitsschwerpunkt wieder auf Sanierung und Restaurierung gelegt; heute hat man sich aus dem Neubau praktisch komplett zurückgezogen. „Im Neubau herrscht ein enormer Zeit- und Preisdruck und ruinöse Wettbewerbsbedingungen. Bei der Restaurierung kommt es dagegen vor allem auf das Fachwissen und handwerkliches Können an“, erläutert Hubert Dengel Gründe für diese Weichenstellung. Darüber hinaus sei der Umgang der Gewerke auf der Baustelle und mit den Kunden angenehmer als im Neubau. Allerdings beruhe Wertschätzung auf Gegenseitigkeit und dürfe keine Einbahnstraße sein. „Wenn mich ein potenzieller Kunde ruft, um sein Gebäude zu besichtigen und die Arbeiten daran zu besprechen, verlange ich dafür kein Geld. Wenn er dann an jemand anders vergibt, dann will ich für so einen Auftraggeber auch gar nicht arbeiten. Wer so wenig Anstand hat, mit dem gibt es nämlich früher oder später ohnehin Probleme“.
Zwar würden auch in der Denkmalpflege, zumal wenn der Auftraggeber die Öffentliche Hand sei, Projekte ausgeschrieben, doch an öffentlichen Ausschreibungen beteilige man sich auch hier nicht. Etwa die Hälfte aller Aufträge erhält Dengel-Bau von privaten Auftraggebern – häufig auf Empfehlung von zufriedenen Kunden – die andere Hälfte resultiert aus der Teilnahme an beschränkten Ausschreibungen.
Historisches Handwerk – modernes Marketing
Dass Dengel-Bau es sich leisten kann, derart wählerisch bei der Auftragsakquise zu sein, verdankt das Unternehmen einem Erweckungserlebnis des Seniorchefs. Denn obwohl Hubert Dengels berufliche Leidenschaft historischen Gebäuden und traditioneller Handwerkskunst gilt, hatte er stets großes Interesse für modernes Marketing. So nahm er Anfang der 1990er Jahre an einer Veranstaltung des Unternehmensberaters Horst-Sven Berger teil, der als Marketingstrategie für kleinere Unternehmen das Nachfrage-Sog-System entwickelt hatte.
Mit einem einfachen Experiment bewies Berger dem gestandenen Handwerksmeister und Unternehmensführer, dass er – so wie die anderen Seminarteilnehmer auch – seinen Kunden nicht richtig zuhörte und sie damit auch nicht richtig zufriedenstellen konnte, weil das eigene Wissen und Denken im Weg steht. „Zeichnen Sie ein Quadrat mit drei Strichen!“, lautete die Aufgabe, die Hubert Dengel genauso wenig lösen konnte, wie die anderen Teilnehmer oder – nach seiner Rückkehr – die Mitglieder der Familie. Bis auf einen – Georg Dengel, heute zweiter Geschäftsführender Gesellschafter der GmbH, damals noch nicht eingeschult, löste das Problem prompt, indem er ein Quadrat zeichnete und zusätzlich drei Striche. „Da wurde mir klar, dass wir unsere ganze Energie darauf richten müssen, unsere Kunden so zufrieden zu stellen, dass wir uns andere Werbe- und Marketingmaßnahmen sparen können, weil wir wegen der handwerklichen Qualität unserer Arbeit weiterempfohlen werden und weil der Kunde sich ernstgenommen und respektiert fühlt“, sagt Dengel. So machte Hubert Dengel die Empfehlung Horst Bergers „Sie müssen Ihren Kunden so verwöhnen, dass er für die Konkurrenz versaut ist“ nicht nur für sich selbst, sondern auch für alle Mitarbeiter des Unternehmens zur obersten Maxime.
Und zu diesem Verwöhnprogramm gehört nicht nur erstklassige Handwerksarbeit, die bei der Sanierung und Restaurierung von Baudenkmalen nicht nur großes Fachwissen und -können, sondern auch Einfühlungsvermögen und Respekt für die Arbeitsweise der Erbauer erfordert. Der Seniorchef erwartet von seinen Mitarbeitern auch, dass sie Kluft tragen, stets sauber und gepflegt zur Arbeit erscheinen, im Umgang mit den Kunden freundlich und aufmerksam sind und eine Baustelle sauberer verlassen, als sie sie vorgefunden haben. „Es sind oft solche Kleinigkeiten, die dem Kunden im Gedächtnis bleiben und zu Folgeaufträgen oder Empfehlungen führen“, weiß Dengel aus Erfahrung.
Netzwerk geschaffen
Weitere Elemente des neuen Marketingkonzeptes sind gezielte Kundenakquise, indem Eigentümer historischer und denkmalgeschützter Gebäude individuell angesprochen und der Istzustand sowie geplante Maßnahmen abgefragt werden und der Aufbau einer Kundendatenbank und damit eines Auftragsvorrates, der unabhängig macht von öffentlichen Ausschreibungen. Darüber hinaus hat Dengel auf Empfehlung von Horst-Sven Berger den Denkmalschutz-Informationstag entwickelt, der in diesem Jahr schon zum 19. Mal rund 100 Architekten, Denkmalpfleger, Handwerker und Eigentümer von Baudenkmalen in die Neue Abtei des Klosters Schöntal lockte. Ziel der Veranstaltung war und ist es, getragen durch ein Programm aus gewerkeübergreifenden Fachvorträgen zu Fragestellungen und Problemen der Baudenkmalpflege, einen Rahmen für Kontakte zu schaffen. „So ist über die Jahre ein Netzwerk entstanden, von dem alle Beteiligten – nicht nur wir als Veranstalter – profitieren“, betont Hubert Dengel. Zudem hat sich die Veranstaltung, an der man nur auf Einladung teilnehmen kann, einen so hohen Stellenwert innerhalb der Denkmalszene erarbeitet, dass sie selbst quasi zur Marke geworden ist und das Ansehen bei Fachleuten, Kollegen und Auftraggebern gesteigert hat.
Qualifikationen und Zertifikate
Der zielgerichtete Prozess zur Ausrichtung des Unternehmens weg von einem einfachen Maurerunternehmen hin zu einem Spezialbetrieb für Sanierung und Restaurierung ist auch dem Bundesverband Strategieforum aufgefallen, der Dengel-Bau dafür mit dem Strategiepreis 2007 ausgezeichnet hat. Während Hubert Dengel von dieser Ehrung völlig überrascht wurde, hat sich das Unternehmen andere Auszeichnungen und Zertifikate wie den „Fachbetrieb für Denkmalpflege“ oder das Qualitätssiegel „Meisterhaft 5-Sterne“ gezielt erarbeitet. Letzteres Zertifikat hat Dengel-Bau 2007 als drittes Unternehmen überhaupt in Baden-Württemberg erhalten und seitdem die Bedingungen mehrfach wiederholt.
Zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens gehört für die beiden Geschäftsführer der Dengel GmbH nicht nur, das eigene Können und Wissen den ständig steigenden Anforderungen anzupassen, sondern auch gute Mitarbeiter zu gewinnen und diese intern und extern weiterzubilden. Als Gründungsmitglied und Gesellschafter des Fortbildungszentrums Probstei Johannesberg denkt Hubert Dengel auch bei diesem Thema in größeren Zeiträumen und Zusammenhängen: „Wir arbeiten bei der Denkmalsanierung ständig außerhalb der DIN, deshalb ist es wichtig solche Kompetenzzentren zu haben, um die eigene Arbeitsweise fachlich absichern zu können“.
Dazu gehört, dass – Denkmal hin oder her – auch historische Gebäude funktionieren und wirtschaftlich nutzbar sein müssen. Besonders die Dämmung und Beheizung ist bei einem Baudenkmal noch viel komplexer als beim Neubau. „Man braucht sehr viel Fachwissen, und die einzelnen Gewerke müssen mehr miteinander reden, weil jeder Fall und jedes Detail individuell betrachtet werden muss“, erklärt Georg Dengel. Der studierte Bauingenieur, der auch ohne Gesellen- und Meisterbrief die Prüfung zum Restaurator im Maurerhandwerk ablegen durfte, arbeitet seit Jahren im Betrieb mit, ist seit 2009 zweiter Geschäftsführer und soll in naher Zukunft ganz die Leitung übernehmen. Er hat als Zusatzqualifikationen zunächst die Prüfung zum Energieberater abgelegt als Voraussetzung für die ebenfalls erfolgreiche Teilnahme am ersten Kurs zum „Energieberater für Baudenkmale“. Seine Bescheinigung ist Voraussetzung für eine Förderung der Sanierung von Baudenkmalen durch ein KfW-Darlehen.
Nachfolge gesichert
Nachdem alle fachlichen Voraussetzungen erfüllt sind, soll der Generationswechsel in den nächsten Jahren schrittweise erfolgen. Bisher ist Hubert Dengel für die Kundenbetreuung zuständig und Georg für die Bauleitung. „Ich gebe meine Funktion nach und nach an einen unserer Meister ab, der ebenfalls die Prüfung zum Restaurator im Maurerhandwerk abgelegt hat, um mehr Freiraum für die Kontakte mit den Kunden zu gewinnen“, erklärt Georg Dengel den Plan. Wenn er genauso gut gelingt wie frühere strategische Überlegungen der Unternehmerfamilie, dürfte der Bestand und die weitere positive Entwicklung einer der führenden Maurerbetriebe im Denkmalschutz gesichert sein.
Autor
Thomas Schwarzmann ist Redakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.
Man muss die Kunden so verwöhnen, dass sie für die Konkurrenz versaut sind